Freitag, 20. Mai 2011

Fukushima-Betreiber vor Pleite

Tepco, Betreiber der Katastrophen-Anlage im japanischen Fukushima, macht Rekordverlust und schasst seinen Chef. Zudem sollen vier Reaktoren sollen verschrottet werden. Die Strahlung ist weiter hoch, in Block 2 ist es heiß und feucht.

Die Atomkatastrophe von Fukushima hat jetzt den Chef der Betreiberfirma den Job gekostet. Gestern erklärte der Tepco-Chef Masataka Shimizu seinen Rücktritt. Er habe beschlossen, die "volle Verantwortung" zu übernehmen, sagte der 66-Jährige. Sein Management des Unfalls war wiederholt kritisiert worden, auch weil er sich im März wochenlang krankgemeldet hatte. Mit ihm wurde auch der Chef von Tepcos Atomabteilung, Sakae Muto, entlassen. Der Energiekonzern selbst steht vor dem Ruin. Gestern wurde nach Agenturberichten bekannt, dass er im Geschäftsjahr, das Ende März auslief, einen Verlust von 1,25 Billionen Yen, umgerechnet fast 11 Milliarden Euro, verbucht hat – das größte Minus, das je ein japanisches Unternehmen außerhalb des Bankensektors gemacht hat. Die Belastung durch die Atom-Krise beziffert Tepco mit 1 Billion Yen (8,5 Milliarden Euro). Das Abschalten der vier zerstörten Fukushima-Blöcke schlage mit 207 Milliarden Yen (176 Millionen Euro) zu Buche.

Die Stilllegung der vier zerstörten Blöcke in Fukushima, die Aufräumarbeiten und die Reparatur von Ersatzkraftwerken belasten die Bilanz. Der Aktienkurs von Tepco ist seit dem Unfall um 80 Prozent gefallen, es gibt keine Dividende – und einen Ausblick auf das kommende Geschäftsjahr wagten die Manager nicht. Die Aussichten sind düster: Der Konzern wird nur durch staatliche Hilfen am Leben gehalten, Analysten rechnen mit Entschädigungszahlungen von über 100 Milliarden Euro.

Auch die Lage an den havarierten Reaktoren ist weiterhin gefährlich. Zum ersten Mal seit dem Unglück betraten jetzt Arbeiter die Reaktoren 2 und 3 – und verließen sie gleich wieder. Denn sie entdeckten bis zu 50 (Reaktor 2) und bis zu 170 (Reaktor 3) Millisievert pro Stunde: 250 Millisievert ist die Obergrenze für den gesamten Einsatz eines Arbeiters, vor dem Desaster lag der Wert bei 100 Millisievert. Diese Dosis haben bisher etwa 30 Arbeiter abbekommen, meldet der TV-Sender NHK. Außerdem ist es an Block 2 so heiß und feucht wie in einer Sauna, so dass die Manschaften nur wenige Minuten arbeiten können. Bis ein neues Kühlsystem installiert ist, ist die Arbeit laut Tepco kaum möglich.

Neue Dokumente weisen inzwischen darauf hin, dass am Beginn der Katastrophe die Notventile versagt haben. Als nach Erdbeben und Tsunami die Kühlung ausfiel, wollten die Tepco-Ingenieure an den Reaktoren die Ventile öffnen, um den Druck abzulassen. Diese aber, schreibt die New York Times, hätten ohne Strom nicht funktioniert und seien auch von Hand nicht zu steuern gewesen. In den USA hat daraufhin eine Debatte begonnen, ob bei den baugleichen US-Atomkraftwerken die Ventilsysteme ausgetauscht werden müssten. Für die deutschen Meiler gibt es dagegen laut Gesellschaft für Reaktorsicherheit (GRS) eine solche Debatte noch nicht, auch weil sie anders konstruiert seien. Aber dass "Systeme zur Störfallbeherrschung sicher funktionieren sollen, versteht sich von selbst", hieß es.

Quelle: tageszeitung taz Berlin

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