Samstag, 30. April 2011

Japan stapelt tief

Toshiso Kosako, Atomberater der japanischen Regierung, ist zurückgetreten. Der Regierung wirft er einen zu laxen Umgang mit der Nuklearkatastrophe von Fukushima vor. "Sollte ich das zulassen, könnte ich nicht weiterhin Wissenschaftler sein", sagte Kosako in Bezug auf die Festsetzung der Strahlenwerte für Schulkinder.

Der zerstörte Reaktor 4 des Atomkraftwerks Fukushima I am 16. März 2011. (Foto: Tepco)









Kosako, Professor an der Universität in Tokio und spezialisiert auf Strahlenschutz, war nach dem Erdbeben und anschließendem Tsunami am 11. März in Japan am 16. März zum Atomberater der Regierung ernannt worden. Kosako kritisiert, die Regierung habe in mehreren Punkten nicht auf ihn gehört und sei lax im Umgang mit Gesetzen. Stattdessen sei ihr Vorgehen "kurzsichtig" und diene nicht dem Schutz der Bevölkerung. Insbesondere kritisiert Kosako die Entscheidung der Regierung, die Strahlenbelastung von Schülern in der Nähe von Fukushima auf 20 Millisievert pro Jahr zu erhöhen. Der Atomexperte fordert einen Grenzwert von einem Millisievert. "Nicht einmal Arbeiter in einem Atomkraftwerk werden in der Regel 20 Millisievert pro Jahr ausgesetzt." Kosako war einer von sechs Atom-Beratern der japanischen Regierung. Ministerpräsident Naoto Kan wies die Kritik am Samstag (Ortszeit) zurück: Die Regierung habe den Rat der Atomexperten befolgt. "Ich glaube nicht, dass wir kurzsichtig in unseren Entscheidungen sind."

Quelle: klimaretter.info

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Donnerstag, 28. April 2011

4 deutsche AKW sehr gefährlich

Deutsche Atomkraftwerke verfügen nach Recherchen von Greenpeace zum Teil über einen geringeren Sicherheitsstandard als das in Japan havarierte Atomkraftwerk Fukushima 1. Die Sicherheitsbehälter der vier ältesten Siedewasserreaktoren sind schlechter gegen die Folgen einer Kernschmelze geschützt als die der japanischen Katastrophenreaktoren.

Zudem liegen die Abklingbecken mit stark strahlenden abgebrannten Brennelementen, ebenso wie in Japan, in allen sechs deutschen Siedewasserreaktoren außerhalb der Sicherheitsbehälter. Die unabhängige Umweltschutzorganisation Greenpeace fordert von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die sieben ältesten Reaktoren, sowie den Pannenmeiler in Krümmel und das erdbebengefährdete Neckarwestheim 2 sofort und endgültig abzuschalten. Das letzte Atomkraftwerk soll spätestens 2015 vom Netz gehen.

„Kanzlerin Merkel lügt, wenn sie behauptet, die deutschen AKW seien die sichersten der Welt“, sagt Heinz Smital, Kernphysiker und Atomexperte von Greenpeace. „Seit Jahrzehnten werden Sicherheitskriterien so hingebogen, dass selbst die ältesten deutschen AKW sie erfüllen. Teure Nachrüstungen wurden verschleppt. Alle Schwachstellen der Reaktoren müssen nun schonungslos offen gelegt werden. Die AKW, die sich nicht nachrüsten lassen, müssen sofort stillgelegt werden.“

Die alten Siedewasserreaktoren Philippsburg 1, Isar 1 (siehe Bild), Brunsbüttel und Krümmel der so genannten Baulinie 69 (Planungsjahr 1969) leiden unter einem folgenschweren Konstruktionsfehler: Die Sicherheitsbehälter, die den inneren Reaktordruckbehälter mit den Brennstäben umschließen, bestehen nicht aus einer mehrere Meter starken Betonhülle wie im AKW Fukushima. Sie verfügen lediglich über eine leicht schmelzende Stahlhülle mit einer Wandstärke von wenigen Zentimetern. So könnte es bei einem Unfall schneller zu radioaktiven Freisetzungen kommen und die Freisetzungsmengen wären größer. Diese Sicherheitslücke der Siedewasserreaktoren ist nicht nachrüstbar.

Die Abklingbecken
mit stark strahlenden, abgebrannten Brennelementen liegen bei den vier Siedewasserreaktoren der Baulinie 69 und bei den beiden neueren Siedewasserreaktoren Gundremmingen B und C außerhalb des Sicherheitsbehälters, im oberen Stockwerk des Reaktorgebäudes. Wie in Fukushima lagern hier sogar mehr radioaktive Brennelemente als im Reaktorkern. Im AKW Gundremmingen B und C liegen normalerweise pro Block über 200 Tonnen an Brennelementen. Bei einem Wasserverlust in den Abklingbecken wäre auch bei den deutschen Reaktoren die Strahlung derart hoch, dass sie Not- und Rettungsmaßnahmen unmöglich machen könnte.

Quelle: Sonnenseite / Greenpeace e.V. 2011

Dienstag, 26. April 2011

Asse 24fach zu hoch belastet

Das Bundesamt für Strahlenschutz hat im deutschen Atomendlager Asse eine neue hohe Konzentration von Cäsium 137 ermittelt. Der Wert liegt 24 Mal über der zulässigen Grenze.

Im maroden Atommülllager Asse in Niedersachsen ist in 750 Meter Tiefe die Cäsium-Aktivität deutlich gestiegen. Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) hat in einem alten Bohrloch, das der frühere Asse-Betreiber Helmholtz-Zentrum München eingerichtet hatte, eine Konzentration des radioaktiven Stoffes von 240.000 Becquerel pro Liter (Bq/l) gemessen. Nach Angaben eines BfS-Sprechers ist dies der bislang höchste Wert von Cäsium 137 in einer Lösungsprobe, der in dem unterirdischen Salzstock nach dem Ende der Einlagerung im Jahr 1978 gemessen wurde. Der Wert liege 24 Mal über der erlaubten Freigrenze. 2008 hatte die damals zuständige Helmholtz-Gesellschaft in dem gleichen Bohrloch noch eine Aktivität von etwa 90.000 Bq/l, also dem neunfachen Wert über der Freigrenze, gemessen. Damit habe sich die Cäsium-Konzentration an dieser Messstelle innerhalb von drei Jahren mehr als verdoppelt, teilte das BfS mit.

Die Strahlenschützer können bislang nicht nachvollziehen, wie die höheren Werte zustande kommen. Man habe sichergestellt, dass niemand mit der verstrahlten Lösung direkt in Kontakt kommt und dass keine Kontamination nach außen geschleppt werden kann, teilte das Amt mit. In dem früheren Bergwerk in Asse lagern rund 126.000 Behälter mit schwach und mittelradioaktivem Abfall, die in den kommenden Jahren wieder geborgen werden sollen. Zuvor allerdings müssen Experten untersuchen, in welchem Zustand die Atommüllfässer sind, die in diversen Kammern lagern.

Quelle: Zeit Online

Montag, 25. April 2011

Tschernobyl immer gefährlich

Greenpeace belegt: Tschernobyl ist auch nach 25 Jahren noch gefährlich. Die Staatengemeinschaft muss die Bergung des Tschernobyl-Brennstoffs angehen.

Der neue Sarkophag um den zerstörten Atomreaktor in Tschernobyl kann die Außenwelt nur für einige Jahrzehnte vor den Folgen eines Zusammenbruchs der ersten Schutzhülle und damit vor der Ausbreitung hochradioaktiven Staubs schützen. Das belegt eine aktuelle Studie der Physikerin Oda Becker im Auftrag der unabhängigen Umweltschutzorganisation Greenpeace. 25 Jahre nach Beginn der Reaktorkatastrophe in Tschernobyl sind Schätzungen zufolge bis zu 95 Prozent des Kernbrennstoffs im Reaktorgebäude verblieben. Greenpeace fordert die internationale Staatengemeinschaft auf, die Bergung des Brennstoffs endlich angehen und einen Plan dafür vorzulegen. Gestern hatte die Staatengemeinschaft in Kiew angekündigt, zusätzliche 550 Millionen Euro für die Beseitigung der Tschernobyl-Folgen bereitzustellen.

"Die Aufstockung der Mittel muss an Bedingungen geknüpft werden: Die Vorlage eines Konzepts zur Bergung und Verwahrung des hochradioaktiven Brennstoffs aus dem Reaktor sowie der Verzicht auf den weiteren Ausbau der Atomkraft in der Ukraine müssen Grundbedingungen für weitere Zahlungen sein", sagt Tobias Münchmeyer, Atomexperte bei Greenpeace, vor Ort in Kiew.

Die ukrainische Regierung plant, eine neue Schutzhülle aus Stahl zu bauen.
Sie soll den maroden Sarkophag überwölben. Mit einer Fläche von über 42.000 Quadratmetern wäre das Bauwerk dreimal so groß wie der Petersdom in Rom. Zur Finanzierung hat die internationale Staatengemeinschaft bis jetzt 864 Millionen Euro bereitgestellt. Deutschland ist mit 60 Millionen Euro daran beteiligt. Die Einschätzung der Gesamtkosten liegt mittlerweile bei 1,6 Milliarden Euro.

"Mit dem neuen Sarkophag hangelt man sich von einem Provisorium zum nächsten",
so Münchmeyer. "Die Staaten geben viel Geld ihrer Steuerzahler zur Bewältigung der Tschernobyl-Katastrophe aus und gleichzeitig setzen sie neue Anreize für den Ausbau der Atomkraft in der Ukraine. Das ist absurd." Anstatt die Ukraine beim Umbau des veralteten atomlastigen Energiesystems zu unterstützen, finanzieren die internationalen Banken (European Bank for Reconstruction and Development und die European Investment Bank) für knapp eine Milliarde Euro neue Hochspannungsleitungen. Über diese soll zukünftig ukrainischer Atomstrom aus bis zu vier Reaktoren sowjetischer Bauweise in die EU exportiert werden.

"Mit Fukushima steht die Welt vor einem zweiten Tschernobyl. Wie viele Tschernobyls will sich die Welt noch leisten, bevor sie aus der Atomkraft aussteigt?", fragt Münchmeyer. 2006 hat Greenpeace eine Studie vorgelegt, derzufolge die Tschernobyl-Katastrophe mindestens 93.000 Todesopfer allein durch Krebserkrankungen gefordert hat.

Quelle: Sonnenseite / Greenpeace | Sigrid Totz 2011

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Sonntag, 24. April 2011

Auch Bulgarien wankt

Der Reaktor in Kosloduj wurde in der Nacht auf Ostersonntag vom Netz genommen. Im Herbst sind Wahlen in Bulgarien, die Atompolitik um das Projekt Belene läßt die Parteien vorsichtiger werden.

Bulgarien hat sein Atomreaktor Kosloduj in der Nacht zum Ostersonntag für einen so genannten Stresstest vom Netz genommen. Der 1000-Megawatt-Block sowjetischer Bauart solle binnen der kommenden Monate modernisiert werden, erklärte die Betreibergesellschaft. Der andere Block des 150 Kilometer nördlich von Sofia an der Donau gelegenen Atomkraftwerk solle Anfang Juni folgen.

Auch der deutsche Atomkonzern RWE war wegen seiner Beteiligung an der bulgarischen Atomwirtschaft unter Beschuss gekommen - und zog sich 2009 zurück.







In der vergangenen Woche hatte Bulgarien mit dem französischen Atomkonzern Areva eine Vereinbarung unterzeichnetet, die eine engere Zusammenarbeit vorsieht. In der Anlage in Kosloduj, dem bisher einzigen AKW Bulgariens, sind zwei Reaktoren in Betrieb; vor dem EU-Beitritt 2007 musste Bulgarien vier Reaktoren sowjetischer Bauart wegen Sicherheitsbedenken stilllegen. Vor der Abschaltung der Blöcke 1 bis 4 deckte das Atomkraftwerk 44 Prozent des bulgarischen Strombedarfs, die Abschaltung hat die Stromerzeugung ungefähr halbiert.

In den letzten Tagen sind die Pläne der bulgarischen Regierung für den Bau eines zweiten AKW im erdbebengefährdeten Belene an der Donau ins Wanken geraten. Energieminister Trajtscho Trajkov erklärte, dass er vom russischen Hersteller Atomstroyexport weitere Garantien für die beiden bestellten Reaktoren verlangt hat. Das Belene-Projekt soll für drei Monate auf Eis gelegt werden, um - wie Bulgariens Premier Bojko Borissov begründete - " alle technischen Fragen in Bezug auf die Erdbebengefährdung und die Kosten" zu klären (siehe Atominfomedia vom 2. April 2011).

In Bulgarien gibt es in diesem Herbst Präsidentschafts- und Kommunalwahlen. Staatspräsident Georgi Parwanow hatte nach dem Atomunglück in Japan eine Volksbefragung über den Bau des Atomkraftwerks Belene angekündigt. Das erste von Russen in der EU gebaute AKW soll 2017 in Belene fertig sein. Sozialist Parwanow ist ein Befürworter der Atomenergie. Bulgariens konservative Regierung unter Borissow - ebenfalls Befürworter - war durch eine von Russland geforderte Nachzahlung für das Projekt-Belene unter Druck geraten. 2,4 Milliarden Euro forderten die Russen, damit beliefe sich der Gesamtpreis auf rund 6,4 Milliarden Euro. "Unter den jetzigen Bedingungen kann das Kraftwerk nicht zustande kommen", erklärte Borissow, akzeptierte jedoch die Forderung nach einem "Inflations.-Aussgleich": Sofia sei bereit, einen Zuschlag von einer Milliarde Euro zu bezahlen. Wegen der unklaren Finanzierung war RWE 2009 aus dem Projekt ausgestiegen.

Umweltschützer hatten mit der Campagne "AKW Belene stoppen! Jetzt abseilen!" RWE gehörig zugesetzt. Die bulgarische Regierung denkt mittlerweile über Alternativen zum Belene-Projekt nach. So könnte das bestehende AKW Kosloduj um jene beiden bei Atomstroyexport bestellten Reaktoren ausgebaut werden. Das Belene-Projekt wird seit langer Zeit von Umweltschützern kritisiert. Die Mehrheit der Bulgaren unterstützt jedoch bisher die Atomenergie. Nach dem Unglück in Japan befürworten immerhin noch etwa 51 Prozent den Ausbau der Atomkraft, 45 Prozent sind dagegen.

Quelle: klimaretter.info

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Samstag, 23. April 2011

AKW Mühleberg IST unsicher

Die «WOZ» hat geheime Passagen eines Gutachtens zur Sicherheit des Atomkraftwerks Mühleberg publiziert. Dabei werden gravierende Mängel offengelegt.

Die Wochenzeitung «WOZ» hat das Gesuch veröffentlicht, mit dem die Mühleberg-Gegner vom Bund die sofortige Abschaltung des AKW fordern. Es enthält als geheim eingestufte Passagen eines Gutachtens, welches das Versagen der Zuganker am AKW für möglich hält. Das 47-seitige «Gesuch um Entzug der Betriebsbewilligung des Kernkraftwerks Mühleberg (KKM - siehe Bild)» ging am 21. März ans Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek). Verfasst hat es Anwalt Rainer Weibel im Namen von über 100 AKW- Gegnern. Weibel bestätigte am Donnerstag auf Anfrage der Nachrichtenagentur SDA, dass es sich beim Dokument, das die «WOZ» auf ihre Website stellte, um sein Gesuch handelt. Das Papier galt als geheim, da es seinerseits aus Dokumenten zitiert, die laut Bundesverwaltungsgericht nicht publik werden dürfen. Besonders brisant: Ein Gutachten des deutschen TÜV Nord zu den Kernmantelrissen im AKW Mühleberg. Das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat (ENSI) - damals noch HSK - hatte es 2006 in Auftrag gegeben.

Weibels Gesuch hält die Hauptbefunde dieses Gutachtens fest. Demnach kann der Erhalt der Integrität der umstrittenen Zugankerkonstruktion «im Betrieb und bei Störfällen nicht uneingeschränkt vorausgesetzt werden». Es sei «das Versagen eines oder mehrerer Zuganker nicht auszuschliessen». Mit den Zugankern werden Risse des Kernmantels gesichert. Die AKW-Gegner haben die TÜV-Befunde dem Öko-Institut Darmstadt zur Beurteilung vorgelegt und eine Kurzstellungnahme erarbeiten lassen. Auch diese darf jedoch nicht veröffentlicht werden, weil sie aus dem geheimen Gutachten zitiert. Unter anderem kommt das Institut - nachzulesen im Weibels Gesuch - zum Schluss, es sei «nicht nachvollziehbar, weshalb das ENSI trotz des TÜV-Gutachtens seit 2006 dem Bewilligungsinhaber noch vier Jahre Zeit einräumt, um das bisherige Instandhaltungskonzept zu ‹überarbeiten›».

Und weiter: «Zusammenfassend ist es unverständlich, weshalb HSK/ ENSI den Betrieb des KKM trotz der eindeutig negativen Bewertungen der Zugankerkonstruktion durch den TÜV weiterhin zulässt.» Und dies, obwohl die Zugankerkonstruktion «den sicherheitstechnischen Anforderungen des Schweizer Regelwerks nicht genügt». Die Mühleberg-Gegner haben sich vor Gericht Einsicht in einen Teil der Akten erstritten. Sie bekamen 9 von 80 Aktenordnern zu sehen, dürfen aber nicht sagen, was drin steht.

Einer der Beschwerdeführer ist der Berner Stadtrat Urs Frieden (Grünes Bündnis). Er ist froh, dass das Gesuch nun für jedermann einsehbar ist, wie er auf Anfrage der Nachrichtenagentur SDA sagte: «Das Dokument zeigt, dass die Sicherheit nicht garantiert ist - die Befunde sind alarmierend.» Die Mühleberg-Gegner kämpfen seit langem gegen die unbefristete Betriebsbewilligung, die das AKW Ende 2009 vom Bund erhielt. Das Dossier liegt derzeit beim Bundesverwaltungsgericht. In einem Zwischenentscheid gewährte dieses den Beschwerdeführern die erwähnte Einsicht in einen kleinen Teil der Sicherheitsakten.

In ihrem 47-seitigen Gesuch ans Uvek fordern die Gegner, Mühleberg die Bewilligung definitiv zu entziehen. Bis zum rechtskräftigen Abschluss des ordentlichen Verfahrens soll das AKW vorsorglich ausser Betrieb genommen werden. Zudem fordern die über 100 Beschwerdeführer, die bisher an Aufsicht und Bewilligungsverfahren beteiligten ENSI-Mitarbeiter sollten als befangen gelten und bei der Beurteilung der neuen Eingaben nicht mitreden dürfen. Vom Bundesverwaltungsgericht verlangen die Gegner ferner, die Publikation der Darmstädter Stellungnahme zu erlauben.

Quelle: Tages-Anzeiger / SDA

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Wie teuer ist der Ausstieg?

Ist der Atomausstieg überhaupt finanzierbar? – so fragen jetzt viele Bedenkenträger und natürlich die unverbesserlichen Atomfreunde. Fest steht: Keine Energiequelle ist so teuer wie die Atomenergie. Ein Kommentar des deutschen Energie-Publizisten Franz Alt zur Atomdiskussion im nördlichen Nachbarland - der sinngemäss für die hiesige Auseinandersetzung gilt.


Das Frauenhofer-Institut in Karlsruhe hat für eine meiner Fernsehsendungen schon vor 15 Jahren errechnet, dass die Kilowattstunde aus einem Kernkraftwerk realistisch zwei Euro kosten müsste. Aber AKW sind weder realistisch versichert noch stehen die Folgekosten auf der Stromrechnung.

An das Märchen vom billigen Atomstrom glauben immer weniger Menschen, wenn sie erfahren, dass wir als Steuerzahler in den letzten 30 Jahren in Deutschland knapp 200 Milliarden Steuergelder in die Nuklearenergie investieren mussten. Seit 1990 haben die Erneuerbaren Energien die Steuerzahler nur mit 36 Milliarden Euro belastet.

Noch entscheidender sind jedoch die künftigen finanziellen Vorteile der Erneuerbaren Energien. Diese Investitionen von heute sind eingesparte Kosten von morgen. Ich habe Michail Gorbatschow mal gefragt, was die Reaktor-Katastrophe in Tschernobyl die russische Volkswirtschaft gekostet hat. Seine Antwort: „500 Milliarden US-Dollar“ Billiger Atomstrom?

Was aber kostet die Verbraucher der Atomausstieg bis etwa zum Jahr 2020? Nach jüngsten Berechnungen der Industrie werden die Verbraucher dann pro Kilowattstunde Strom ein bis eineinhalb Cent mehr bezahlen müssen. Das wären im Monat pro Haushalt vier bis fünf Euro mehr als bisher. Greenpeace hat schon 2006 errechnet, dass durch die Katastrophe in Tschernobyl 93.000 Menschen gestorben sind. Die Zahl der Todesopfer, die Fukushima langfristig fordern wird, mag man sich gar nicht vorstellen.

Wie viele Tschernobyls wollen wir uns noch leisten bis die ganze Welt endlich begriffen hat, dass Atomenergie ein Verbrechen an der Schöpfung und an der Menschheit ist? Und die teuerste Energiequelle dazu? Umweltminister Röttgen sagt im jüngsten „Spiegel“, es sei bezeichnend, dass keine Versicherung der Welt bereit sei, ein Atomkraftwerk realistisch zu versichern. Je länger wir an der Atomkraft festhalten, desto teurer wird die Rechnung für die uns Nachfolgenden.

Quelle: Sonnenseite / © Franz Alt 2011

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Donnerstag, 21. April 2011

Verbotenes Land in Japan

Die Atomkatastrophe im japanischen Fukushima ist weitgehend aus den Schlagzeilen verschwunden. Eines der Mahnmale bleibt die dauernde Verbotszone, die die Regierung jetzt einrichtet. Für Zehntausende wird ihre Heimat zum verbotenen Land.

Japans Ministerpräsident Naoto Kan hat in der Provinz Fukushima einen Radius von 20 Kilometern um die Atomruine Fukushima I zur Sperrzone erklärt. Bislang war das Gelände zwar Evakuierungszone, immer wieder waren jedoch Bewohner zurück zu ihren Häusern gekehrt. Der Zutritt zur Sperrgebiet ist künftig nur noch mit einer Genehmigung möglich. Eine Turnhalle in Yonezawa ist seit der Katastrophe in Japan Notbehausung für 450 Flüchtling.

Eine Turnhalle in Yonezawa ist seit der Katastrophe in Japan Notbehausung für 450 Flüchtling. (Foto: Greenpeace International)







Ein Gebiet in bis zu drei Kilometern Entfernung um das Atomkraftwerk soll generell nicht mehr von Anwohnern betreten werden dürfen. Andere Flüchtline sollen unter bestimmten Auflagen und mit Schutzkleidungen in Gruppen organisiert in die Sperrzone geführt werden, um zumindest teilweise ihre Habe holen zu können. Wie die Tagesschau berichtet, hatte die Polizei Anfang der Woche in der Sperrzone zudem noch knapp 60 Häuser gefunden, die trotz Strahlengefahr bewohnt waren.

Im Katastrophengebiet leben noch immer weit mehr als 135.000 Menschen in Turnhallen oder anderen Notunterkünften. Ob die Bewohner jemals auf Dauer in das Evakuierungsgebiet zurückkehren können, wil die Regierung frühestens in einem halben Jahr entscheiden. AKW-Betreiber Tepco hatte kürzlich erstmals einen vorläufigen Fahrplan für die Reparatur des Kraftwerks vorgelegt: Mit einer Stabilisierung der Lage in Fukushima wird erst Ende 2011 gerechnet.

Quelle: klimaretter.info

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Sonntag, 17. April 2011

Wider den Atomfetischismus

Das nenne ich reinen Atomfetischismus, liebe Nach-wie-vor-AKW-Befürworter! Wider alle Tatsachen und Beobachtungen einfach das unfehlbare Atomzeitalter hochleben lassen. Ein Kommentar des Atominfomedia-Betreibers Guntram Rehsche.






Atom-Nein-Danke ist eine weltweit wachsende Einsicht und hat mit dem deutschsprachigen Raum nur bedingt zu tun, ein Virus ist's schon gar nicht. In der Folge der mehrfachen Kernschmelze von Fukushima (etwa nicht nur deren eine!) hat sich beispielsweise Thailand von den eigenen Atomplänen distanziert.

Ebenso hat Italien seinen geplanten Einstieg aufgeschoben - abgesehen davon, dass der vermutlich dank Berlusconi's Unfähigkeit eh nie zustande gekommen wäre. Selbst Frankreich deutet an (entgegen Ihrer Behauptung), den Neubau von Flamanville auf den Prüfstand zu stellen - was nach der bisherigen Bauverzögerung von über zwei Jahren das ganze Projekt nun grundsätzlich in Frage stellt.

In den USA hat sich zwar weniger die Politik zurückgezogen, dafür die Wirtschaft - mehreren Projekten fehlt plötzlich die finanzielle Basis. Und ich würde mal wetten, dass die Japaner kein einziges neues AKW bauen werden, da ihnen wegen der Folgeschäden von Fukushima (voraussichtlich hunderte von Milliarden) schlicht das Geld ausgehen wird.

Glauben macht vielleicht selig, die Atomenergie wird das unbeirrbare Festhalten an dieser zum Fetisch verkommenen Vorstellung nicht retten. Und übrigens: sogar China hat in der Folge von Fukushima.... die Planziele für die Solarenergie verdoppelt!

© Solarmedia

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Spätfolgen von Tschernobyl

25 Jahre danach: Die Ruinen der Geisterstadt, in deren Hochhäusern einst die Reaktortechniker von Tschernobyl lebten, bringen einen ins Grübeln. Wie viele Menschen hat der explodierende Atommeiler am 26. April 1986, das Leben gekostet oder wird es noch tun? Ein Augenschein kurz vor dem Jahrestag.

Zu viele Opfer auf jeden Fall - die genaue Zahl ist noch heute, ein Vierteljahrhundert später, heftig umstritten. Werden die Auswirkungen des Super-GAUs jemals wieder verschwinden? Irgendwann vielleicht, aber mindestens die heutige Generation muss sich mit den Problemen weiter herumschlagen. Die vielleicht einzig konkrete Antwort findet sich auf die Frage, was es kostet, Tschernobyl halbwegs sicher zu machen: mindestens 1,6 Milliarden Euro - wovon 740 Millionen allerdings erst noch aufgetrieben werden müssen. Eine der Lehren aus Tschernobyl ist diese: Sollte einer der Katastrophenreaktoren in Fukushima durchschmelzen oder hochgehen wie damals in Tschernobyl, werden die Folgen atemberaubend teuer, unvorstellbar kompliziert und traumatisch auf Jahrzehnte hinaus sein.

Die deutlichste Lektion aus Tschernobyl haben die Japaner vielleicht noch nicht ganz gelernt: Eine freimütige Informationspolitik
ist im Katastrophenfall von entscheidender Bedeutung. Immerhin sind sie offener als die sowjetischen Funktionäre, die auf das Unglück in der heutigen Ukraine mal geheimniskrämerisch, mal defensiv und verwirrt reagierten. Erst nach drei Tagen verlor man ein Wort über die Explosion; die ersten Hinweise kamen aus Skandinavien. «Zu der Zeit damals wussten wir eineinhalb Tage überhaupt nichts davon, was passiert war», erinnerte sich der frühere Staatschef Michail Gorbatschow kürzlich.

Als die sowjetischen Behörden endlich einräumten, dass etwas schief gelaufen war, äusserten sie sich nur vage. Ob das Verzögern und Verschleiern rechtzeitige Schutzmassnahmen verhindert und zu Erkrankungen beigetragen hat, ist schwierig zu beurteilen. Die Wissenschaft streitet, wie viele Todesfälle auf Tschernobyl zurückzuführen sind. Über Boden, Pflanzen und Tiere gelangte Radioaktivität in die Nahrungskette, Milch und Fleisch waren noch jahrelang verstrahlt, tausende Menschen bekamen Schilddrüsenkrebs.
Heute leben wieder Wildtiere in der verstrahlten Zone, selbst Luchse und Elche wurden gesichtet. In der Geisterstadt Pripjat sind die Bäume hoch gewachsen, an anderen Orten kümmerlich. Für Menschen sind Teile der Sperrzone offenbar zumindest kurzzeitig bewohnbar. In dem Ort Tschernobyl leben Arbeiter, die an einer neuen Schutzhülle für den 15 Kilometer entfernten Reaktor arbeiten - aber immer nur zwei Wochen lang. Der zweite Sarkophag soll für mindestens 100 Jahre die Freisetzung von Strahlung verhindern. Der erste hat seine Lebenserwartung bereits erreicht, der zweite wird aber frühestens 2014 fertig.

Doch dem von der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung geleiteten Projekt fehlt es noch an Geld. Von einer Geberkonferenz zum 25. Jahrestag des Unglücks erhofft sich die Bank Zusagen für die noch ausstehenden 740 Millionen Euro, die es braucht, um die Schutzhülle und ein Atommüllager fertigzustellen. Und das in Zeiten der Finanzkrise. «Ich bin zuversichtlich, dass wir die volle Summe bekommen. Doch man muss sehen, dass wir in finanziell schwierigen Umständen leben», sagt Jean-Paul Joulia von der Abteilung Reaktorsicherheit der EU-Kommission.

Quelle: Jim Heintz/dapd

Mittwoch, 13. April 2011

7-er Gau auf Raten

Das nukleare Desaster in Fukushima hat Dienstag eine neue Dimension erreicht, zumindest auf dem Papier. Die japanische Regierung hob den Atomunfall von der Gefahrenstufe 5 auf Stufe 7an - was bedeutet, dass es Auswirkungen auf Gesundheit und Umwelt in einem weiten Umfeld gibt.

Risikostufe 7 - in der Geschichte der zivil genutzten Kernenergie gab es bisher nur einen atomaren Vorfall, der offiziell in die gleiche Kategorie eingeordnet wurde: Tschernobyl. Bei beiden Reaktorvorfällen handelt es sich laut der internationalen Bewertungsskala für nukleare Ereignisse (Ines) per Definition um einen "katastrophalen Unfall". Damit hat die Regierung in Tokio bestätigt, was von zahlreichen Seiten seit Anbeginn des Fukushima-Unglücks vermutet wurde: Der gefürchtete Super-GAU ist da. Der deutsche Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin brachte es auf den Punkt. Es sei unter Experten ein "offenes Geheimnis" gewesen, dass der Vorfall in die höchste Stufe der Internationalen Bewertungsskala einzuordnen sei: "Mit wochenlanger Verspätung gibt nun die japanische Regierung zu, was nicht länger zu verleugnen ist." Tatsächlich sind Experten der Meinung, dass Anpassung überfällig war. "Endlich räumen sie ein, wie ernst die Lage ist", sagt etwa der britische Atomexperte Shaun Burnie. Es sei wohl die Angst vor der "psychologischen Schwelle" gewesen, die die Behörden von diesem Schritt abgehalten hätte, sagt Burnie. "Erklären Sie mal Ihrem Volk, dem Sie vierzig Jahre lang gesagt haben, dass die Anlagen sicher sind, dass in Fukushima etwas passiert ist, was auf einer Stufe mit Tschernobyl steht", sagte der Experte, der mehrfach als Berater auch in Japan tätig war.

Der Umweltschutzverband BUND hält es sogar für möglich, dass die Folgen der Atomkatastrophe im japanischen Fukushima die des Reaktorunglücks von Tschernobyl noch übersteigen. "Wir sind erst am Anfang", sagte BUND-Energieexperte Thorben Becker am Dienstag. "Es könnte über Tschernobyl hinausgehen." Nicht alle Experten halten einen Vergleich zwischen Fukushima und Tschernobyl für sinnvoll. Sie verweisen auf eine bürokratische Nuance: Während Tschernobyl von der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) auf Stufe 7 gesetzt worden war, erfolgte die Einstufung Fukushimas bisher lediglich von Seiten der japanischen Behörden.

Prompt betonte die IAEA am späten Dienstagnachmittag, der Vorfall in Fukushima sei nicht mit dem Reaktorunglück von Tschernobyl im Jahr 1986 zu vergleichen. "Das ist ein völlig anderer Unfall", sagte IAEA-Experte Denis Flory bei einer Pressekonferenz in Wien. Die Gefahren, die von der Atomruine Fukushima ausgehen, seien deutlich geringer. Die bisher in Japan ausgetretene Radioaktivität betrage lediglich sieben Prozent der Gesamtwerte aus Tschernobyl. Die Höherstufung des Vorfalls in Fukushima habe keine Auswirkungen auf den Umgang mit dem Unfall, sagte Flory. Die bisher getroffenen Reparaturmaßnahmen würden weitergeführt. Die Ines-Skala sei lediglich ein Instrument, um die Tragweite eines Unfalls zu kommunizieren. Die Einstufung geschehe unabhängig von nötigen Aktionen wie Evakuierungen oder gesundheitlichen Maßnahmen.

Der IAEA-Experte betonte, dass die japanische Regierung so lange mit der Heraufstufung auf der Ines-Skala gewartet habe, sei kein Beleg für einen Vertuschungsversuch - sie sei nun auf Grundlage neuer Daten über die Umweltauswirkungen geschehen. "Bisher wusste man, dass es Auswirkungen auf die Umwelt gibt, aber man wusste nicht, in welchem Ausmaß", sagte Flory.

Quelle: Spiegel Online

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Montag, 11. April 2011

Sperrzone ausgeweitet

Am Montag gab der japanische Regierungssprecher Edano bekannt, dass die Sperrzone rund um das haverierte AKW Fukushima erweitert werden soll. Fünf Ortschaften sollen zusätzlich evakuiert werden, von denen machen teilweise auch mehr als 30 Kilometern vom Kraftwerk Fukushima entfernt sind.

Edano sagte auch, dass es kein Notfall sei und die Bewohner daher nicht akut evakuiert werden müssten. Sein Rat: besonders gefährdete Personen, wie Kranke, Kinder, ältere Menschen oder Schwangere sollten sich nicht dem AKW nähern. Die Erweiterung der Evakuierungszone wurde bereits von der IAEA, von der internationalen Atomenergiebehörde empfohlen. Auch Greenpeace weißt seit Wochen auf die Notwendigkeit eines solchen Schrittes hin. Die Messungen von Greenpeace zeigen sogar noch in einer Entferung von 60 Kilometern zu hohe Radioaktivität im Boden. Auch die Internationale Atomenergiebehörde IAEA empfahl eine Erweiterung der Zone.

Ein Bild aus besseren Zeiten: die noch intakte Anlage von Fukushima, wo unterdessen drei der vier Reaktorblöcke weit gehend zerstört sind.





Übrigens wird auch die Anti-Atom-Bewegung immer stärker- auch in Japan wurde am Wochenende von mehreren tausend Menschen gegen Atomkraft demonstriert. Etwas,was in Japan sehr selten passiert. Die japanischen Atomkraftgegner wurden bisher in Japan eher als Außenseiter gesehen- nun haben sie regen Zuspruch. Ebenfalls am Montag hat sich außerdem ein weiteres Erdbeben ereignet, das eine Tsunamiwarnung zur Folge hatte.

Quelle: oekonews.at

Sonntag, 10. April 2011

Atomstrom wirtschaftlich out

Ganz neu ist die These nicht, aber sie erfährt durch die Atomkatastrophe in Fukushima deutlichen Support – Atomstrom ist nicht nur gesellschaftspolitisch nahe dem Absturz, sondern auch wirtschaftlich. Darauf weisen ein Bericht des Zürcher Tages-Anzeigers hin sowie viele weitere Erkenntnisse.

Derzeit wogt die Debatte im gesellschaftspolitischen Feld. Kaum eine Politdiskussion kommt an der Energiefrage vorbei, und zuvorderst ist diese Frage immer auch eine Atomdiskussion. Mit klaren Stellungnahmen lassen sich - derzeit zumindest - gar Wahlen gewinnen, wie in der Schweiz mit dem Einzug der Grünen in die Regierungsräte der Kantone Baselland und Zürich deutlich wurde. Extremer die politischen Auswirkungen gar in Deutschland, wo in Baden-Württemberg, dem Stammland der Konservativen, die Grünen die Macht übernahmen. Eine Entwicklung, die derzeit gar einen grünen Bundeskanzler oder eine ebenso eingefärbte Kanzlerin nicht mehr als utopisch erscheinen lässt.

In der Schweiz etwa ist das AKW Mühleberg höchst umstritten - seine Erdbebensicherheit ist auf Beben der Stärke 5 ausgelegt - die Gegend gilt aber als anfällig für Ereignisse der Stärke 6,8. Höhere Sicherheit würde hier auch heissen, sehr viel höhere Kosten und damit teurerer Atomstrom.




Atomstrom gilt je länger je mehr als unwirtschaftlich.
Die Artikel von Solarmedia (zuletzt 28. Juli 2010) und Atominfomedia haben seit längerem darauf hingewiesen. Denn die wenigen aktuellen Bauprojekte für neue Atommeiler in Europa weisen sich nicht etwa durch tolle neue Sicherheitsstandards oder rasant verbesserte Atomtechnologien aus. Vielmehr «glänzen» sowohl das finnische Olkiluoto wie auch das französische Flammanville durch jahrelange Verzögerungen und Kostenüberschreitungen, die unterdessen ans Doppelte reichen, also statt deren drei bereits über fünf Milliarden Euro erreichen.

Dabei sind vor allem die Probleme in Frankreich von Interesse, anders als dies der Artikel des Tages-Anzeigers vom 9. April 2011 (leider nicht im Internet zugänglich) suggeriert. Denn das im nordfranzösischen Flamanville angesiedelte Projekt wird schliesslich im Stammland der Atomtechnologie erbaut (Frankreich bezieht rund 80 Prozent des Stromverbrauchs aus eigenen AKW). Auch ist der staatliche Konzern Areva einer der Bigplayer im Atomgeschäft, der überall mitbietet, gelegentlich wie unlängst in den Vereinigten Arabischen Emiraten aber auch unterliegt bei der Ausschreibung neuer Projekte – wegen zu hoher Kosten.

Das japanische Atomdesaster hat das Geschäft insofern verändert, als nun die Risikoprämien verstärkt ins Licht rücken. Bisher galt zumindest in Wirtschaftskreisen als ausgemacht, dass es derartige Katastrophen erstens nicht gibt. Und sich zweitens die Folgekosten auf den Staat abwälzen lassen. Denn versichern liessen die hundertmilliardenfachen Schadenskosten gar nicht. Und gleichzeitig hatten die meist zumindest halbstaatlichen Energiekonzerne günstigen Zugang zu den Kapitalmärkten. Konnten also die für viele Jahrzehnte benötigte hohe Investitionssumme auf den Kapitalmärkten günstig beschaffen. Das aber ist Vergangenheit, wie der Tages-Anzeiger schreibt – und diese These belegt mit Aussagen verschiedenster Finanzanalysten. Die holländische Deixa ebenso wie die Schweizer Bank Sarasin kommen zu klaren Aussagen: Die Kosten für Atomstrom dürften sich gar verdreifachen in Zukunft – und tragen müssten gemäss Nachhaltigkeitsrearchteam von Infras diese Kosten die Betreiber selbst. In der Folge dann auch die StromkundInnen.

Das ist der entscheidende Punkt: Während Atomstrom deutlich teurer wird – derzeit kostet er ab Werk rund sechs Rappen – sinken die Kosten für erneuerbare Energien beständig. Ein um Faktor drei teurerer Atomstrom liegt also nahe bei 20 Rappen. Windstrom lässt sich derzeit an günstigen Orten bereits billiger erzeugen. Und die viel versprechendste erneuerbare Energie auch für die Schweiz, der direkt über Photovoltaik erzeugte Solarstrom hat sich in der Produktion in den vergangenen zwölf Jahren von 1.20 Franken pro Kilowattstunde bereits auf unter 40 Rappen verbilligt. Mit ungebrochener Tendenz zur weiteren Vergünstigung. Der Zeitpunkt rückt also näher, zu dem die StromkonsumentInnen selbst den Atomstrom nur schon aus Kostengründen abstellen werden. Das sollten sich all jene in ihre Geschäftsbücher schreiben, die doch noch mit der Errichtung neuer Atomkomplexe liebäugeln.

© Solarmedia

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Dienstag, 5. April 2011

Fukushima folgenreicher

Die Katastrophe im Atomkraftwerk Fukushima wird die Glaubwürdigkeit der internationalen Atomindustrie wesentlich stärker beeinträchtigen als der Super-Gau in Tschernobyl im Jahre 1986. Das besagt eine Studie der Schweizer Grossbank UBS. Profiteure sind gemäss UBS aber nicht in erster Linie die Erneuerbaren Energien, sondern Gas- und Ölunternehmen.

Der Unfall in der früheren Sowjetunion vor 25 Jahren habe einen Reaktor “in einem totalitären Staat ohne Sicherheitskultur” betroffen, wie die UBS-Analysten Per Lekander und Stephen Oldfield in der Studie einschätzten. Es hieß darin weiter: “In Fukushima sind gleich vier Reaktoren außer Kontrolle geraten und haben die Frage aufgeworfen, ob selbst eine entwickelte Wirtschaftsnation die Sicherheit von Nuklearanlagen sicherstellen kann”.

Der Versorgungskonzern Tokyo Electric Power Co. (Tepco) versucht seit dem Erdbeben und dem folgenden Tsunami am 11. März, als die Kühlungssysteme der Reaktoren offenbar schwer beschädigt wurden, den Austritt von Radioaktivität zu verhindern. Mit dem zumindest teilweise geschmolzenen Brennstäben und geborstenen Sicherheitsbehältern gelingt dies aber kaum. Zu den Profiteuren dieser Situation auf dem Weltmarkt zählt die UBS Unternehmen wie die Erdgasförderer OAO Gazprom aus Russland und Woodside Petroleum Ltd. aus Australien. “Wir glauben, das vor allem Erdgas als Ersatz für abgeschaltete Atomkraftwerke zum Einsatz kommen wird”, hieß es in der Studie weiter. Namentlich genannt wurden zudem die Unternehmen EDF SA, E.ON AG, Korea Electric Power Corp., TECO Energy Inc., Public Service Enterprise Group Inc., General Electric Co., Siemens AG und Shanghai Electric Group Co.

Diese Konzerne profitierten entweder durch eine sinkende Abhängigkeit von Atomenergie, höhere Brennstoff- und Strompreise oder auch nur von einer Überreaktion der Anleger. “Wir denken, dass der Atomunfall von Fukushima das bisher schwerwiegendste Ereignis für die Glaubwürdigkeit der Atomtechnologie war”, hieß es in der Studie.

Quellen: UBS / Bloomberg / Cash

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Samstag, 2. April 2011

Bulgarien schiebt AKW-Bau auf

Bulgarien hat mit Rußland ein dreimonatiges Moratorium vereinbart, das den Bau des neuen Kernkraftwerks Belene aufschiebt. Daß AKW mit zwei 1000-Megawatt-Reaktoren wird von Russland geliefert und soll 2017 stehen. Kritiker sehen im Projekt (siehe Bild) eine Gefahr für ganz Europa.

Nach dem Atomunglück im japanischen Fukushima will Bulgarien die Pläne zum Bau eines neuen Kernkraftwerks für drei Monate aufschieben. „Die russische Seite versteht, dass ein Aufschub notwendig ist“, sagte Bulgariens Energieminister Trajtscho Trajkow am Freitag im Staatsfernsehen in Sofia. Er zeigte sich optimistisch, dass gemeinsam mit den Russen ein „dreimonatiges Moratorium“ des geplanten AKW Belene vereinbart wird.

Das Kraftwerk mit zwei 1000-Megawatt-Reaktoren soll von Russland geliefert und 2017 fertig gestellt werden. Beide Seiten haben sich allerdings noch nicht über den von Russland geforderten Endpreis von 6,3 Milliarden Euro geeinigt. Sofia besteht nun auf einem besseren Schutz gegen Erdbeben, was den Preis höher treiben dürfte. Das Projekt mache nur dann einen Sinn, wenn es sich wirtschaftlich lohne, warnte der Minister. Damit signalisierte er, dass Bulgarien das Belene-Projekt auch aufgeben könnte. Belene ist bei Ökologen scharf umstritten, da es in einem Erdbebengebiet liegt.

Petra Bayr, SPÖ-Bereichssprecherin für Umwelt, begrüßte den Beschluss der bulgarischen Regierung, den geplanten Bau des AKW Belene um drei Monate zu verschieben. "Es ist zu hoffen, dass die Diskussion auf europäischer Ebene - auch durch das europaweite Engagement von Bundeskanzler Werner Faymann und der SPD - soweit fortschreitet, dass Bulgarien Alternativen zum Bau des AKW sieht", so Bayr am Freitag im Gespräch mit dem SPÖ-Pressedienst.

Der Aufschub des AKW-Baus sei zwar ein kleiner Erfolg, klares Ziel müsse aber sein, dass das Bauprojekt komplett gestoppt wird. "Es ist fünf vor zwölf, es muss endlich ein Umdenken in Europa stattfinden. Jetzt muss der Umstieg auf erneuerbare, auf nachhaltige Energieformen erfolgen, damit künftige Generationen in einem Europa ohne
Kernenergie aufwachsen können", so die SPÖ-Abgeordnete.

Quelle: Diverse Agenturen

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Schon geringe Erdbeben Gefahr

Die atomkritische Ärzteorganisation IPPNW wendet sich in einem offenen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel. Laut Aussage des Spezialisten für erdbebensichere Stützsysteme Erich Görgens sind Atomkraftwerke schon durch schwache Erdbeben gefährdet. Auch Abstürze vergleichsweise kleiner Flugzeuge stellten eine erhebliche Gefahr dar. Bei ungünstigen Umständen reiche schon ein schwaches Erdbeben mit Epizentrum in der Nähe eines Atomkraftwerks aus, um einen katastrophalen Unfall auszulösen, so Görgens. Am 23. Dezember 2010 ereignete sich bei Mainz ein Erdbeben der Stärke 3,4 auf der Richterskala. Vor der Errichtung des Atomkraftwerks Biblis gab es in der Umgebung des Standortes zwei Erdbeben der Stärke 5,1 bzw. 5,2.

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,

wir möchten Sie auf eine ganz erhebliche Gefährdung der deutschen Atomkraftwerke aufmerksam machen und Sie als Physikerin nachdrücklich darum bitten, die folgenden Sachverhalte persönlich zur Kenntnis zu nehmen. Der ehemalige Siemens/KWU-Chef Klaus Barthelt wollte Anfang der 1980er Jahre die deutschen Atomkraftwerke mit einer verbesserten, „momentfreien, auslenkenden“ Stütztechnik für Rohrleitungen, Kühlpumpen etc. vor Erdbeben und Flugzeugabsturz schützen. Er konnte sich damit aber im Siemens-Konzern nicht durchsetzen.

Atomkraftwerke sind daher schon durch relativ schwache Erdbeben wie auch durch vergleichsweise kleine Flugzeuge erheblich gefährdet, zumal wenn beispielsweise schon thermische Vorbelastungen an Komponenten bestehen und zusätzlich von der Modelltheorie abweichende dynamische Einwirkungen den getroffenen Lastannahmen entgegen wirken. Unter solch ungünstigen Bedingungen könnte bereits die Schnellabschaltung eines Atomkraftwerks zu gefährlichen Schäden führen.

Diese Aussagen macht der Spezialist für erdbebensichere Stützsysteme Erich Görgens, der an der Planung und Errichtung der meisten westdeutschen Atomkraftwerke beteiligt war. Herr Görgens widerspricht der Auffassung, dass die Kühlsysteme im japanischen Katastrophenmeiler Fukushima durch die „Stärke“ des Erdbebens zerstört wurden. Er vermutet vielmehr, dass es die besondere Charakteristik des Erdbebens war, die abweichend von der Modelltheorie, relative Verschiebungen zwischen den Abstützungen und so unzulässige Lasten verursachend, zu den großen Schäden in Japan führte.

Die herkömmlichen Befestigungskonzepte etwa für Rohrleitungen und Kühlwasserpumpen in Atomkraftwerken ständen sich bezüglich den Anforderungen zum Schutz vor Erdbeben und vor Flugzeugabstürzen diametral entgegen. Zum Schutz der durch Erdbeben ausgelösten mittelfrequenten Schwingungen setze man auf starre Stützsysteme, die aber eine Gefahr bei Flugzeugabstürzen darstellen. Hochfrequente Schwingungen, wie sie schon beim Aufprall kleiner Flugzeuge auf ein Reaktorgebäude entstünden, erforderten hingegen eine sehr weiche, flexible Aufhängung.

Nach Auffassung von Herrn Görgens, der mit den Verantwortlichen etlicher Atomkraftwerkshersteller über die Thematik diskutierte und mit diversen Universitäten zusammengearbeitet hat, sind diese Konzepte völlig untauglich. Sich gegenseitig ausschließende Sicherungsmaßnahmen, nicht vorher bestimmbare Belastungen und nicht ausweichend stützende Abstützungen, bestimmen das Restrisiko in Atomkraftwerken. Die in der Atomtechnik und von Gutachterorganisationen eingesetzten „Rechenprogramme“ sind nach Ansicht von Herrn Görgens untauglich, weil denen stark vereinfachte Modellannahmen zugrunde lägen, die nicht durch geeignete mechanische Lastfallabsicherungen ausgeglichen würden.

„Absolute Momentfreiheit und/oder ausweichende Widerlager“ sind für Maschinenbauer Görgens die Lösung des Problems. Die Lösung liege in einem stressfreien, frequenzunabhängigen Stützkonzept für mechanische Systeme. Relative Verschiebungen zwischen Stützpunkten, müsse man momentfrei auslenken und dadurch sichern können. Eine Technik, wie sie prinzipiell in den Hinterachsen von Autos Verwendung findet. In den USA habe man in Atomkraftwerken immerhin so genannte „Struts“ eingesetzt, offenbar aber nicht optimal genutzt.

Herr Görgens ist der Auffassung, dass alle Atomkraftwerke weltweit derzeit eine erhebliche Gefahr darstellen und so nicht weiterbetrieben werden dürfen. Er sieht weltweiten Nachrüstungsbedarf. Wir fordern Sie vor diesem Hintergrund auf, die deutschen Atomkraftwerke wegen erheblicher Gefährdung im Sinne von § 17 Abs. 5 Atomgesetz vom Netz zu nehmen und endgültig stillzulegen.

Wir erinnern in diesem Zusammenhang daran, dass es zuletzt am 23. Dezember 2010 im Rheingraben bei Mainz zu einem Erdbeben der Stärke 3,4 auf der Richterskala kam. Bei ungünstigen Beschleunigungen könnte selbst ein solches Erdbeben mit Epizentrum in der Nähe eines Atomkraftwerks ausreichen, einen katastrophalen Unfall auszulösen, so Herr Görgens. Vor der Errichtung des Atomkraftwerks Biblis gab es in der Umgebung des Standortes zwei Erdbeben der Stärke 5,1 bzw. 5,2 auf der Richterskala.

Das zeigt, wie akut die Gefahr ist und dass dringender Handlungsbedarf besteht. Mit freundlichen Grüßen Reinhold Thiel Vorstand der IPPNW

Quelle: Sonnenseite / Atomkritische Ärzteorganisation IPPNW 2011

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