Sonntag, 31. Oktober 2010

AKW-Probleme in Schweden

Den Schweden sind ihre Akw teuer: Ein groß angelegtes Tuning-Programm für alte Akw hat vor allem zu Problemen geführt. Mehr als die Hälfte der Reaktoren stehen still.

"Es ist so, als ob man versucht, einen Volvo-Amazon aus den fünfziger Jahren zu renovieren und keine Ersatzteile mehr hat", sagt Ane Håkansson, Professor für Kernphysik an der Universität Uppsala: Der Versuch vor sechzig Jahren entwickelte Atomreaktorkonstruktionen zu "tunen", um aus ihnen 20 Prozent mehr Produktion herauszuquetschen, hält er für den falschen Weg. Die schwedischen Reaktorbetreiber Vattenfall und Eon versuchen es trotzdem. Und das Resultat gibt Håkansson recht. In der vergangenen Woche standen wieder einmal sechs der zehn schwedischen Reaktoren still. Die Akw liefern nur 35 Prozent ihrer Nennleistung ins Netz. Jedenfalls bis Mitte November wird sich daran nach Einschätzung der Energiemarktbehörde nichts Entscheidendes ändern. Und das ist seit dem Frühjahr eher die Regel als die Ausnahme.

Bei dem mehrheitlich im Eon-Besitz stehenden ostschwedischen Akw Oskarshamn (siehe Bild: wikipedia) ist nur einer von drei Reaktoren in Betrieb. Dort hatte man im September das Handtuch geworfen. Im März 2009 war mit den Arbeiten zur "Effekterhöhung" beim Reaktor Oskarshamn 3 begonnen worden. Aus geplanten drei Monaten Umbauarbeiten und Stillstand wurden neun Monate. Und seither scheiterten alle Versuche, den von ursprünglich 1.152 auf jetzt 1.450 Megawatt Leistung getunten Reaktor – auf dem Papier ist er damit der leistungsstärkste Siedewassereaktor der Welt – ordnungsgemäß in Betrieb zu nehmen. Dreimal gab es Turbinenhavarien, wegen ungeklärter Vibrationen musste der Reaktor stetig erneut heruntergefahren oder gedrosselt werden.

Nun werde man die "Liefersicherheit prioritieren" und bis März 2011 alle Versuche abbrechen, die neue Kapazität auch tatsächlich zu erreichen, teilte Lars Thuring, Chef der Reaktorbetreibergesellschaft OKG, mit. Der Reaktor werde bis zum Frühjahr auf höchstens 1.100 Megawatt gedrosselt, also etwa die Leistung, für die er ursprünglich konstruiert worden war. Bis er zu diesem Betrieb bereit ist, musste er aber "für Unterhaltsarbeiten" erst einmal für sechs Wochen wieder ganz abgestellt werden.

Der Sündenfall sei der Versuch gewesen, überhaupt an den alten Konstruktionen herumzupfuschen, meint Ane Håkansson. Diese seien mit einem ausgeprägten Systemdenken entwickelt worden und an solchen Systemen nehme man nicht ungestraft Änderungen vor: "Wenn, dann lieber neu bauen." Auch Lars-Olov Höglund, Mitkonstrukteur des Akw Forsmark kritisiert die Trimmversuche. Dadurch würden "die nächsten 10 bis 20 Jahre die gefährlichsten der schwedischen Reaktoren werden". Das Zusammenmixen alter und neuer Komponenten führe im Ergebnis nämlich zu einer erheblichen Senkung des Sicherheitsniveaus. Was der Forsmark-Betreiber Vattenfall derzeit auch mit dem "getunten" Reaktor Forsmark 2 beweist. Im vergangenen Sommer war seine Leistung von 990 auf 1.100 Megawatt erhöht worden. Doch seither bekommt man Probleme mit vibrierenden Ventilen und Turbinen nicht in den Griff. Alle Umbauten haben bislang nichts geholfen. Nach zwölf Tagen Betrieb im September wurde der Reaktor wieder abgestellt und derzeit werden alle Ventile gewechselt.

Aufs ganze Jahr umgerechnet werden Schwedens Akw vermutlich nur die Hälfte ihrer Leistung liefern. Ähnlich schlecht war die Bilanz schon im vergangenen Jahr. Im internationalen Vergleich ist das ein Minusrekord. Dass auf die Atomkraftwerke kein Verlass mehr ist, mussten die Schweden im letzten Winter mit kräftigen Preissprüngen bei den Stromkosten bezahlen. Fast eine Milliarde Euro hätten die unzuverlässigen Akw die schwedischen Konsumenten zusätzlich gekostet, in ganz Skandinavien seien es fast zwei Milliarden Euro gewesen, errechnete der Energieratgeber "Bergen Energi". In diesem Winter könnte es noch schlimmer werden, befürchtet Tony Rosten, Marktanalysechef der Energiemarktbehörde.

Quelle: Klimaretter.Info / Reinhard Wolff

Donnerstag, 28. Oktober 2010

Vom Netz oder nicht?

Ein Block des deutschen Atomkraftwerks Grundremmingen soll vom Netz gehen, weil es Hinweise auf ein defektes Brennelement gibt. Die Betreiber des Reaktors wollen mit der Abschaltung allerdings noch bis Sonntag warten. Atomkraft-Gegner kritisieren dies als "unverantwortlich", wie Spiegel Online mitteilt.

Im größten deutschen Atomkraftwerk im schwäbischen Gundremmingen muss ein Reaktorblock wegen eines vermutlich defekten Brennelements abgeschaltet werden. Aus veränderten Messwerten im Reaktorkühlkreislauf hätten sich Hinweise auf einen Brennelementschaden ergeben, teilten die Betreiber RWE und EON mit. Eine Gefährdung des Personals oder der Umgebung sei nicht zu befürchten.

Die Konzerne wollen mit der Abschaltung noch einige Tage warten, sagte eine Kraftwerkssprecherin am Donnerstag. Erst am Sonntag soll der Block B nach Angaben des Werks vom Netz gehen.





Atomkraftgegner kritisierten dies heftig. "Das ist unverantwortlich, wenn die jetzt noch ein paar Tage den Reaktor weiterlaufen lassen", kritisierte der Sprecher der schwäbischen Atomkraftgegner, Raimund Kamm. "Da sich in den Brennstäben durch die Kernspaltung hoher Druck aufbaut und radioaktive Gase gebildet werden, entweichen bei Leckagen diese strahlenden Gase ins Kühlwasser." Der Atomkritiker forderte eine sofortige Abschaltung "und zwar so lange, bis der Schaden am Brennelement behoben ist". Er mutmaßte, dass die Betreiber RWE und EON den Reaktor nicht abschalten wollen, "weil bereits Block C wegen Revision abgeschaltet ist".

Derzeit ist bereits der zweite Kraftwerksblock, der Block C, wegen einer routinemäßigen Revision vom Netz genommen. Die Sprecherin entgegnete, dass "die Messwerte noch weit unterhalb des zulässigen Grenzwertes lägen" und diese nicht aus sicherheitstechnischen Gründen zu einem Abfahren zwingen würden. Das geschehe vorsorglich und müsse auch nicht sofort geschehen. Die Revision im Block C sei nach vier Wochen fast abgeschlossen, er werde in den nächsten Tagen wieder ans Netz gehen.

Quelle: Spiegel Online

Atomaktivisten vor Gericht

58 Atomkraftgegner stehen in der Türkei vor Gericht, weil sie gegen das erste türkische Atomkraftwerk protestiert haben. Ihnen drohen türkischen Medien zufolge mehrjährige Haftstrafen, nachdem sie Anfang Juli vor dem Parlament in Ankara demonstriert hatten und den Abgeordneten 170.000 Unterschriften gegen den Bau des Atomkraftwerks überreichen wollten.

Die Anklage lautet auf nicht angemeldete Versammlung und Widerstand gegen die Staatsgewalt. Mehr als die Hälfte der Angeklagten sind Mitglieder der Umweltorganisation Greenpeace, die die Demonstration organisiert hatte. Sie entrollten ein Transparent mit der Aufschrift "Sag nein zum schmutzigen Atom-Deal" und trugen Shirts, auf denen der Spruch "Die Türkei will keine Atomkraft" stand.

"Die Türkei will keine Atomkraft": Wegen Verletzung des Versammlungsrechts stehen türkische Akw-Gegner vor Gericht. (Foto: Greenpeace Türkei)






Das Atomkraftwerk, das in der Provinz Mersin im östlichen Mittelmeerraum in Zusammenarbeit mit Russland errichtet werden soll, soll 2017 ans Netz gehen. Die Atom-Gegner bemängeln fehlende Sicherheit: Es sei von Erdbeben bedroht. Darüber hinaus sei der Deal mit Russland hinter verschlossenen Türen zustande gekommen. "Atomkraft ist eine antiquierte Form der Energieversorgung", erklärten die Aktivisten den türkischen Grünen zufolge. Insgesamt will die Türkei drei Atomkraftwerke bauen, um unabhängiger von Energielieferungen aus dem Ausland zu werden. Das zweite soll 2023 ans Netz angeschlossen werden. Vor dem Gerichtsgebäude in Ankara demonstrierten während der Verhandlung am Donnerstag weitere Atomkraftgegner. "Auch wir sind gegen Atomkraft, verurteilt auch uns", erklärten sie per Transparent. Die Verhandlung wurde aus Verfahrensgründen auf den 12. Januar verlegt.

klimaretter.info

AKW Isar 1 nicht nachrüstbar

Das österreichische Politmagazin"profil" meldet: Bayrisches AKW Isar 1 ist sicherheitstechnisch nicht nachrüstbar. Ein neues Gutachten unterstützt Forderungen der österreichischen Regierung nach Stillegung.

Wie das Nachrichtenmagazin "profil" in seiner am Freitag erscheinenden Ausgabe berichtet, kann das bayrische Atomkraftwerk Isar 1 durch technische Nachrüstung, wie sie die österreichische Bundesregierung als Alternative zur Stilllegung gefordert hat, nicht sicherer gemacht werden. Das ergibt ein neues Gutachten von Atomexperten im Auftrag der Landesregierungen von Oberösterreich, Niederösterreich, Salzburg und der Umweltanwaltschaft Wien, aus dem das Nachrichtenmagazin "profil" exklusiv zitiert.

Protestaktion um vier Uhr morgens: Die Greenpeace-Projektion am Kühlturm Isar 1 im September 2009-








Die Baureihe der Siedewasserreaktoren 69, zu dem auch der Reaktor in Zwentendorf gehört, weist eine Reihe von Schwachstellen auf. "Die schwerwiegenden Konstruktionsmängel können durch keinerlei Nachrüstungsmaßnahmen ausgeglichen werden", heißt es in den Schlussfolgerungen der Studie. "Die Druckbehälter dieser Bauserie entsprechen in keiner Weise den Basissicherheitskriterien, wie sie für spätere Reaktorgenerationen durchgesetzt wurden. Eine Lebensdauerverlängerung für diesen Reaktortyp beinhaltet ein nicht akzeptables Risiko."

Auch der im Vorjahr abgelöste Chef der deutschen Atomaufsicht, Wolfgang Renneberg, kritisiert auf "profil"-Anfrage die im vergangenen September von der deutschen Bundesregierung beschlossene Verlängerung der Lebenszeit für die alten AKW: "Das ist wie eine Neugenehmigung ohne Prüfung der Anlage." Laut Beschluss der deutschen Bundesregierung wurde die Betriebszeit der vier über 30 Jahre alten AKW dieser Baureihe um mindestens weitere acht Jahre verlängert. Das AKW Isar 1 hätte nach den Atomausstiegsplänen der rot-grünen Regierung in Berlin im kommenden Jahr stillgelegt werden sollen.

Quelle: "profil"-Redaktion

Dienstag, 26. Oktober 2010

Wie lange noch Uran?

Rund 430 Kernkraftmeiler weltweit decken etwa 14 Prozent des globalen Strombedarfs ab – trotz ihrer Risiken, dem ungelösten Endlagerproblem und hohen Investitionskosten. Aber genauso wie Erdöl, Kohle oder Erdgas steht der Brennstoff für Kernkraftwerke – Uran-235 – nicht unbegrenzt zu Verfügung. Für welchen Zeitraum reichen die natürlichen Uranlagerstätten eigentlich noch aus? Das fragt das Deutsche Forschungszentrum für Luft und Raumfahrt (DLR).

Der jährliche Bedarf an Natur-Uran, aus dem in einem aufwendigen Prozess das spaltbare Material gewonnen werden muss, liege bei etwa 68.000 Tonnen. In Bergwerken abgebautes Uran decke mit gut 50.000 Tonnen allerdings nur Dreiviertel dieser Menge. Die Lücke wird derzeit mit Lagerbeständen, durch die Aufbereitung abgebrannter Brennstäbe und mit Uran aus verschrotteten Kernwaffen gestopft, schreibt DLR. Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) in Hannover gehe davon aus, dass diese Situation noch etwa zwei Jahrzehnte bestehen bleiben wird.

Die Uranreserven, für die die Förderkosten unter 40 US-Dollar pro Kilogramm liegen, beziffern die BGR-Forscher laut DLR in ihrer Energiestudie auf etwa 1,7 Millionen Tonnen. Bei dem derzeitigen Verbrauch stünde damit genug Uran für über 200 Jahre zur Verfügung. Der Grossteil dieser Vorkommen liegt dem Text zufolge in Australien (40 Prozent) gefolgt von Kanada (15 Prozent), Kasachstan (13 Prozent), Brasilien (8 Prozent) und Südafrika (6,5 Prozent).

In heute verbreiteten Kraftwerkstypen werde vor allem das Uran-Isotop 235 genutzt, von dem sich allerdings weniger als ein Prozent im Natur-Uran befindet. Das mit etwa 99 Prozent dominierende Isotop ist Uran-238. Dieses liesse sich nur in Brutreaktoren wie dem stillgelegten "Schnellen Brüter" bei Kalkar verwenden, heisst es. Weltweit würden nur wenige Brutreaktoren, die auch zur Herstellung von waffenfähigem Spaltmaterial taugen, in den USA, Russland und Indien betrieben. Für eine wirtschaftliche Stromgewinnung gelte die komplexe Brüter-Technologie trotz jahrzehntelanger Forschung als nicht ausgereift.

Quelle: nachhaltigkeit.org

Irans erstes AKW bestückt

Der Iran hat damit begonnen, sein erstes Atomkraftwerk mit nuklearem Brennstoff zu bestücken. Insgesamt werden in Buschehr über 160 Brennelemente eingesetzt. Anfang 2011 soll das Kraftwerk ans Netz.

Der Iran macht ernst: Im Atomkraftwerk von Buschehr (siehe Bild) soll Anfang 2011 zum ersten Mal Strom produziert werden. Ursprünglich war geplant, die Brennelemente aus Russland schon im September unter Aufsicht der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA einzusetzen. Wegen technischer Probleme musste dies aber verschoben werden. Nach iranischen Angaben soll der Atomreaktor nun zum Jahresbeginn 2011 Strom produzieren und ans Netz gehen. Der Westen argumentiert, wegen der Brennstoff-Lieferungen aus Russland gebe es für den Iran keinen Anlass mehr, selbst Uran anzureichern. Der Iran steht im Verdacht, heimlich Atomwaffen zu entwickeln.

Im August hatte das Land mit Hilfe Russlands den Meiler nahe der Stadt Buschehr in Betrieb genommen. Im September war bekanntgeworden, dass Buschehr vermutlich Ziel einer Cyber-Attacke durch den Computer-Schädling Stuxnet war. Offen blieb das Ausmass der Schäden im Atomkraftwerk, dessen Bau vor Jahrzehnten von der deutschen Firma Siemens begonnen worden war, und das dann mit russischer Hilfe fertiggestellt wurde. Viele der Kontrollsysteme für die iranischen Industrieanlagen, auch in Buschehr, stammten von Siemens, und Stuxnet greife speziell diese Systeme an.

Quelle: SDA

Montag, 25. Oktober 2010

Dt. Atommuell nahe CH-Grenze

Deutscher Atommüll aus den Wiederaufarbeitungsanlagen La Hague (Frankreich) und Sellafield (Großbritannien) soll nach einem neuen Konzept von Greenpeace künftig an AKW-Standorte in Bayern, Baden-Württemberg und Hessen gehen. Im niedersächsischen Gorleben darf kein weiterer Atommüll deponiert werden. Jeder neue Transport in das Zwischenlager Gorleben erzeugt zusätzlichen Druck, den Salzstock Gorleben als Endlagerstandort festzulegen, ohne Rücksicht auf seine Untauglichkeit.

Die unabhängige Umweltorganisation Greenpeace fordert erneut, den Standort Gorleben aufzugeben. Es muss eine ergebnisoffene vergleichende Standortsuche nach internationalen wissenschaftlichen Standards beginnen. Im November soll der nächste Castor-Transport mit hochradioaktivem Atommüll von La Hague nach Gorleben rollen. "Der bevorstehende Castor-Transport muss ausgesetzt werden, um in Gorleben keine weiteren Tatsachen zu schaffen“, sagt Heinz Smital, Atom-Experte von Greenpeace. „So lange es keinen geeigneten Endlagerstandort gibt, ist es nur gerecht, dass die Hauptverursacher von Atommüll ihren Anteil an der Entsorgung übernehmen. Diese Bundesländer dürfen sich nicht aus der Verantwortung stehlen und ihren hochgefährlichen Müll in Niedersachsen abladen.“ Nach einem internen Arbeitsbericht der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS) hat Niedersachsen nur 20 Prozent des in La Hague verarbeiteten atomaren Mülls geliefert, die drei südlichen Bundesländer zusammen 60 Prozent. Insgesamt stammt mehr als die Hälfte (53 Prozent) des in Frankreich und Großbritannien verarbeiteten atomaren Mülls aus den Atomkraftwerken in Bayern, Baden-Württemberg und Hessen. Greenpeace schlägt vor, den anstehenden Castor-Transport statt nach Gorleben ins Zwischenlager am baden-württembergischen Atomkraftwerk Philippsburg zu schicken.

Ein Transport in die Zwischenlager Philippsburg (Baden-Württemberg), Grafenrheinfeld (Bayern) und Biblis (Hessen) birgt weniger Risiko. Er könnte allein auf dem Schienenweg erfolgen, das gefährliche Umladen auf öffentliche Straßen würde vermieden und die Transportstrecke wäre kürzer. Um auch hochradioaktiven Atommüll in Zwischenlagern an den AKW lagern zu können, benötigen die Betreiber eine Genehmigung für die betreffenden Lager und müssen eine so genannte Kalthantierung mit dem entsprechenden Behälter durchführen. Nach den GRS-Listen stammen 46 Prozent des nach Frankreich und Großbritannien exportierten Atommülls aus E.ON-Kraftwerken, 23 Prozent von RWE, 20 Prozent aus den AKW von EnBW und 9 Prozent von Vattenfall. Deutschland muss 302 Großbehälter aus den Wiederaufarbeitungsanlagen zurücknehmen.

Quelle: Sonnenseite / Jan Kornstaedt Greenpeace 2010

Freitag, 22. Oktober 2010

Verzerrte Preisrelationen

Die Preisrelationen stimmen einfach nicht - immer wieder wird vom gegenüber der Solarenergie viel tieferen AKW-Strom-Preisniveau fabuliert, in einer Kurzdarstellung gilt jedochdoch:

Solarstrom aus grösseren Anlagen kostet heute unter 40 Rp. / kWh (Angebote an Solarstrombörse EW Zürich) - nur diesen vergleichen wir sinnvollerweise mit dem AKW-Strom aus Grösstanlagen. Preise von PV-Strom sinken nicht wenig, sondern 10-20% jährlich.

Neue AKW werden Strom nie für 6/7 Rp / kWh produzieren, siehe Kostenexplosion in Oikiluoto und Flamanville sowie Projektrückzug in USA (Atominfomedia vom 16. Oktober 2010).

Auch alte AKW decken mit 6/7 Rp. niemals alle Kosten (minimale Haftpflicht, Umweltschäden Uranabbau, unabsehbare Entsorgungskosten).

Solarstrom braucht nicht grössere Speicher, als mit den heute vorhandenen und geplanten Pumpspeicherkraftwerken verfügbar sind.

Wäre schön, es würde hierzulande endlich auch vom deutschen Zwischenlager Asse Kenntnis genommen - allein dessen Sanierung kostet mindestens 4 Mrd € - die aber nicht auf Strompreis geschlagen werden, sondern die deutschen SteuerzahlerInnen berappen.

© Atominfomedia

Donnerstag, 21. Oktober 2010

Russische AKW für Venezuela

Aus atomkritischer Sicht kann die folgende Meldung nicht gefallen. Denn gerade ein Sonnenstaat wie Venezuela, der über hohe Erdöleinkünfte verfügt, könnte sich die Entwicklung erneuerbarer Energien etwas kosten lassen.

Die Regierungen Russlands und Venezuelas haben demnach Mitte Oktober eine Zusammenarbeit bei der Entwicklung der Kernenergie sowie dem Bau und Betrieb von Kernkraftwerken in Venezuela beschlossen. Im Beisein des russischen Präsidenten, Dmitri Medwedew, und des venezolanischen Staatschefs, Hugo Chavez, unterzeichneten der Generaldirektor der russischen Rosatom, Sergei Kirijenko, und der Aussenminister Venezuelas, Nicolas Maduro, eine Vereinbarung über die Zusammenarbeit bei der Entwicklung der Kernenergie sowie den Bau und Betrieb von Kernkraftwerken wie auch Forschungsreaktoren in Venezuela (im Bild die sonnenreiche Inselwelt vor der Küste Venezuelas).

Die Vereinbarung sieht vor, dass Russland zwei Kenkraftwerkseinheiten des Typs WWER-1200 schlüsselfertig übergibt und einen Forschungsreaktor zur Erzeugung von Radioisotopen zur Anwendung in Medizin, Landwirtschaft und anderen Bereichen baut. Die Vereinbarung stützt sich auf ein bilaterales Abkommen zur friedlichen Nutzung der Kernenergie von Ende November 2008.

Quelle: Nuklearforum

Mittwoch, 20. Oktober 2010

GB: Plötzlich doch unterstützt

Bislang hatten alte wie neue britische Regierung finanziellen Support für neue AKW ausgeschlossen; Nun tönt es anders, wie das Nuklearforum meldet:

Die britische Regierung hat am 18. Oktober 2010 eine weitere Vernehmlassung des überarbeiteten Entwurfs zu den «nationalen Energie-Planungsrichtlinien» eröffnet. Demnach soll die Hälfte der in Grossbritannien neu zu schaffenden Energieversorgungskapazitäten bis 2050 aus erneuerbaren Quellen stammen. Ein erheblicher Anteil an der verbleibenden Hälfte sollen CO2-arme Quellen wie die Kernenergie oder fossile Brennstoffe mit Kohlenstoffrückhaltung (CCS) decken und die Stromerzeugung soll praktisch CO2-frei werden.

Ein sprunghafter Anstieg der Investitionen in neue Energiequellen sei nötig, wenn die Energieversorgungssicherheit des Landes gewährleistet und die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen in den kommenden Jahrzehnten verringert werden soll, erklärte Chris Huhne, Secretary of State for Energy and Climate Change, bei der Vorstellung der Energie-Planungsrichtlinien vor dem Parlament. «Ich habe das Patt zwischen den Befürwortern der erneuerbaren Energien und der Kernenergie satt, das bedeutet, wir haben weder das eine noch das andere», monierte Huhne. «Wir brauchen dringend Investitionen in neue und vielfältige Energiequellen zur Versorgung des Landes. Wir benötigen erneuerbare Energien, neue Kernenergie und fossile Brennstoffe mit CCS sowie die Leitungen, um sie ans Stromnetz anzuschliessen». Ein grosser Teil des derzeitigen Kraftwerksparks müsste nämlich altersbedingt abgeschaltet werden, erkläre er weiter. Der Markt brauche Sicherheit, um Investitionen zu tätigen, und die Regierung sei entschlossen, alle Hindernisse auf dem Weg zur Realisierung der Energiestrategie auszuräumen.

Aus der bestehenden Liste potenzieller Neubaustandorte bestimmte die Regierung deren acht, die für den Bau neuer Kernkraftwerke geeignet sind. Dies sind Bradwell, Hartlepool, Heysham, Hinkley Point, Oldbury, Sellafield, Sizewell und Wylfa. Die zwei vorgeschlagenen neuen Standorte in Cumbria im Nordwesten Englands – Braystones (3 km nördlich von Sellafield) und Kirksanton (25 km südlich von Sellafield) – lehnte sie ebenso ab wie den bereits im April 2009 abgewiesenen Standort Dungeness.

Zudem gab Huhne bekannt, dass zwei Reaktortypen der dritten Generation – der European Pressurized Water Reactor (EPR) der Areva NP und der Electricité de France sowie der AP1000 der Westinghouse Electric Company – als «justified» gelten sollen. Das heisst, ihr Anwendungsnutzen überwiegt mögliche gesundheitliche Beeinträchtigungen durch ionisierende Strahlung. Mit diesem Entscheid erhofft sich die Regierung eine Vereinfachung der Verfahren zum Bau neuer Kernkraftwerke in Grossbritannien. Beide Reaktortypen befinden sich in der Vorlizenzierung, die 2007 begann. Bevor die «regulatory justification» in Kraft tritt, muss das Parlament sie genehmigen.

Zwar schloss Huhne weiterhin öffentliche Subventionen für den Bau neuer Kernkraftwerke aus: «Lasst mich klar sein. Das bedeutet, keine Zuschüsse, direkten Zahlungen oder Marktstützung für Strom, der von privaten Betreibern neuer Kernkraftwerke stammt, es sei denn, auch andere Erzeugungsarten würden ähnlich unterstützt.» Aber um Investitionen in CO2-arme Stromerzeugung zu fördern, werde die Kernenergie aus neuen Anlagen beispielsweise von bereits bestehenden Massnahmen oder breiter angelegten Reformen des Strommarkts profitieren, teilte er weiter mit. Huhne räumte ein, dass die Regierung unter gewissen Umständen bereit wäre, finanzielle Risiken oder Verpflichtungen zu übernehmen, so bei angemessener Entschädigung oder entsprechendem Nutzen. Die Regierung sei zudem an die internationalen Abkommen zur Kernenergiehaftpflicht gebunden.

Das Parlament hat bis zum 31. Januar 2011 Zeit, den überarbeiteten Entwurf zu den nationalen Energie-Planungsrichtlinien zu prüfen. Die öffentliche Vernehmlassung dauert bis zum 24. Januar 2011. Laut Huhne sollen die endgültigen Planungsrichtlinien dem Parlament im nächsten Frühjahr vorgelegt werden. Die Nuclear Industry Association (NIA) zeigte sich sehr zufrieden mit den Ankündigungen der Regierung. Es sei erfreulich, dass die Regierungskoalition nach positiven Worten auch konkrete Handlungen folgen liess, erklärte Keith Parker, CEO der NIA.

Quelle: Nuklearforum

Samstag, 16. Oktober 2010

Rückschlag in den USA

In den USA sind die Gespräche über Darlehensgarantien für neue Atomkraftwerke offenbar gescheitert. Wie das Nuklearforum berichtet. Die Bedingungen seitens der US-Verwaltung sind offenbar nicht umsetzbar - sprich, das Ganze wird zu teuer.

In einem Brief mit Datum vom 8. Oktober 2010 hat die Constellation Energy Group dem amerikanischen Department of Energy mitgeteilt, sie könne die Gespräche über eine Darlehensgarantie für das Kernkraftwerksprojekt Calvert-Cliffs-3 nicht fortführen. Die Constellation Energy hatte beim DOE im Juli 2008 einen Antrag zur Gewährung einer Darlehensgarantie für den Bau von Calvert-Cliffs-3 eingereicht. Knapp ein Jahr später liess das DOE das Gesuch zur detaillierteren Abklärung zu und begann die Gespräche über die Bedingungen.

Wie die Constellation nun mitteilt, seien die von der Regierung vorgeschlagene Bedingungen für die Darlehensgarantie «nicht umsetzbar». Die Kosten für die Bürgschaft, wie sie das Office of Management and Budget (OMB) berechnet habe, seien «unverhältnismässig belastend» und würden nicht hinnehmbare Risiken und Kosten für das Unternehmen schaffen. Die Constellation betont, dass dies ihre Sicht der Dinge darstelle. Die französische Electricité de France (EDF) – das Partnerunternehmen der Constellation im Joint Venture UniStar Nuclear Energy, die für den Bau und den Betrieb der geplanten Druckwassereinheit des Typs US EPR gegründet worden ist – sei informiert. Die UniStar hat laut Constellation das Gesuch für eine Darlehensgarantie nicht zurückgezogen und noch keinen Entscheid zum Neubauprojekt getroffen.

Aufgrund dieser Ausgangslage hat die EDF der Constellation eine Restrukturierung der UniStar-Partnerschaft vorgeschlagen und erwägt, die Unistar vollständig zu übernehmen. Diskussionen über die Voraussetzungen seien im Gang. Die Constellation stellt in ihrer Medienmitteilung weiter fest, dass neue Kernkraftwerke entscheidend für die langfristigen wirtschaftlichen, ökologischen und sicherheitspolitischen Interessen der USA seien, weshalb sie so hart daran gearbeitet habe, Calvert-Cliffs-3 zu realisieren. «Wir sind zutiefst enttäuscht, dass das Verfahren für eine Darlehensgarantie nicht so geklappt hat, wie wir gehofft hatten».

Quellen: Nuklearforum / M.A. nach Constellation, Medienmitteilungen, 9. und 13. Oktober 2010

Mittwoch, 13. Oktober 2010

Atomstrom teuer und gefährlich

Die Nutzung der Atomenergie in Deutschland kostete die Bundesbürger von 1950 bis 2010 mindestens 204 Milliarden Euro an staatlichen Fördermitteln. Weitere 100 Milliarden Euro kommen künftig auch ohne die von der Bundesregierung geplante Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke noch hinzu.

Diese tatsächlichen Kosten der Atomenergie stellt Greenpeace heute in einer aktualisierten Studie vor. Den Berechnungen des Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft liegen erstmalig weitgehend vollständige Zahlen zugrunde. Laufen die Atomreaktoren noch einmal acht bis vierzehn Jahre länger, fallen zusätzliche Kosten an. Greenpeace fordert die Bundesregierung erneut auf, bis zum Jahr 2015 aus der Atomkraft auszusteigen. Die sieben ältesten Atomkraftwerke und das AKW Krümmel müssen aus Sicherheitsgründen sofort abgeschaltet werden. "Atomkraft ist nicht nur die gefährlichste, sondern auch die teuerste Form der Stromerzeugung", sagt Andree Böhling, Energie-Experte von Greenpeace. "Die Bundesbürger werden von den Betreibern der Atomkraftwerke gleich doppelt abkassiert, über die Stromrechnung und ihre gezahlten Steuern." Die in der Greenpeace-Studie bezifferten realen Fördermittel von 204 Milliarden Euro setzen sich zusammen aus direkten Finanzhilfen des Bundes wie Forschungsförderung, Kosten für die Atommüllendlager Asse II und Morsleben oder die Stilllegung der ostdeutschen Atommeiler.

Hinzu kommen Steuervergünstigungen in der Energiebesteuerung und durch die Regelungen bei den Entsorgungsrückstellungen sowie Zusatzeinnahmen der AKW-Betreiber durch den Emissionshandel. Jede Kilowattstunde Atomstrom wird durch staatliche Regelungen mit 4,3 Cent subventioniert. Das ist mehr als doppelt so viel wie die Förderung der Erneuerbaren Energien über das Erneuerbare Energien-Gesetz (EEG) derzeit ausmacht.

Die Bundesregierung führt in ihren Subventionsberichten lediglich Atomsubventionen von rund 200 Millionen Euro bis zum Jahr 2010 auf. Ursache für die Differenz ist der äußerst eng gefasste Subventionsbegriff der Regierung, in dem nur die Kompensationen für Land- und Forstwirtschaft nach dem Tschernobyl-GAU zeitweise erfasst sind. Alle weiteren in der Studie erfassten Fördertatbestände werden im Bericht der Bundesregierung nicht berücksichtigt. Die Subventionen der Atomkraft lägen laut Studie noch weitaus höher, wenn die externen Kosten der Atomenergie miteinbezogen würden. Diese sind besonders im Hinblick auf die unvorstellbaren Folgen und Kosten eines nuklearen Unfalls sehr hoch, aber nicht exakt zu berechnen.

"Es ist kurzsichtig und dreist, sich über Kosten der Erneuerbaren Energien zu beklagen, wenn gleichzeitig Atomkraft und Kohle hoch subventioniert werden", sagt Andree Böhling. "Gäbe es eine faire Berechnung der Strompreise, wären viele Anlagen der Erneuerbaren Energien heute bereits ohne Förderung konkurrenzfähig."
Quelle:

Quelle: Greenpeace | Sigrid Totz 2010

Dienstag, 12. Oktober 2010

AKW Temelin gestoppt

Rechtliche Probleme bei der UVP und unsichere Absatzmöglichkeiten gaben den Ausschlag, die Erweiterung des AKW Temelin in Tschechien zu stoppen, wie das österreichische Nachhaltigkeitsportal oekonews.at berichtet.

Die Erweiterung des AKW Temelin um zwei neue Blöcke ist vorerst gescheitert. Nach Informationen aus tschechischen Regierungskreisen kündigte die Firma CEZ eine "Verspätung" des Projektes um mehrere Jahre an. Nach vertraulichen Berichten von CEZ-Mitarbeitern gaben die rechtlichen Probleme bei der gerade laufenden Umweltverträglichkeitsprüfung sowie unsichere Absatzmöglichkeiten für die neuen Reaktoren den Ausschlag. Im Rahmen einer in Oberösterreich initiierten Protestaktion haben 7000 engagierte Menschen Beschwerden gegen die Verletzung des EU-Rechts eingebracht. Die österreichische Bundesregierung setzte hingegen keine Maßnahmen gegen den Rechtsbruch. "Widerstand gegen einzelne Atomprojekte zahlt sich offensichtlich doch aus", erklärt Radko Pavlovec, Anti-Atom-Beauftragter des Landes Oberösterreich. "Der Stopp der Temelin-Erweiterung wird in Tschechien Raum für fortschrittliche Energielösung schaffen und für die Bevölkerung Mitteleuropas einen großen Sicherheitsgewinn darstellen".

Ausschlaggebend dafür war unter anderem die Online-Protest-Kampagne, welche vom Antiatom-Beauftragten des Landes Oberösterreich gemeinsam mit den NGOs "Antiatom Szene" und dem "Antiatom-Komitee" initiiert wurde. Im Rahmen dieser Online-Kampagne protestierten rund 7000 Menschen gegen den bevorstehenden Temelin-Ausbau. "Die Freude, dass Temelin nicht ausgebaut wird ist unbeschreiblich groß und ein großer Erfolg gegen die Atomlobby.", freut sich Elvira Pöschko, Obfrau des Vereins "Antiatom Szene".

Quelle: Oekonews

Atomreaktoren zu Solarmodulen

Hiess es einst «Schwerter zu Pflugscharen», so kann die nachstehende Meldung der österreichischen Organisation Energie vernünftig nutzen (EVN) unter die Schlagzeile «Atomreaktoren zu Solarmodulen» gestellt werden. Das einstige - aber nie in Betrieb genommene - AKW Zwentendorf wird zu einem Photovoltaik-Forschungszentrum.

Am Standort des Kraftwerks Zwentendorf wurde von der EVN in Zusammenarbeit mit der Technischen Universität (TU) Wien das Photovoltaik-Forschungszentrum Zwentendorf gegründet. Ab sofort nehmen 8 Mitarbeiter ihre Forschungstätigkeit auf. Anstelle der bei Kraftwerkserbauung vorgesehenen 700 Megawatt (MW) Kernkraftleistung sind jetzt 190 Kilowatt (kW) Photovoltaik (PV) aktiv. Das ist zwar vergleichsweise wenig, aber die zu erwartenden Solarinstallationen auf vielen Hausdächern in allen Regionen Österreichs werden diese Leistung in den nächsten Jahren bei weitem übertreffen. In Deutschland sind beispielsweise schon etwa 13.000 MW PV installiert und derzeit wird jährlich mehr Solarleistung als Windleistung installiert.

Entsprechend aktuell und notwendig ist Forschung auf dem Gebiet Photovoltaik, die mit dem neuen Forschungszentrum möglich wird. Am Standort des nie in Betrieb gegangenen Kernkraftwerks werden handelsübliche Photovoltaikmodule, solare Nachführungssysteme (Tracker - siehe Bild), Solarumrichter und Hilfseinrichtungen unter realen Umweltbedingungen in ihrer Effizienz, Anwendungstauglichkeit und ihren Investitions- und voraussichtlichen Betriebskosten untersucht. Ziel ist es unter anderem Erfahrungen zu sammeln, welche Panele sich für die Haus- und Garagendächer am besten eignen. Nicht nur die EVN sieht diese Anlagen als die Kraftwerke der Zukunft.

In Zwentendorf wurden auf dem Dach des Kraftwerkes, den Seitenwänden und im Freigelände Solarmodule verschiedener Hersteller mit einer Gesamtleistung von 214 kWp (Kilowatt Peak = Spitzenleistung) und einer nutzbaren Leistung von 190 kW installiert. Auf dem Freigelände sind auch zwei Modulgruppen mit automatischen Nachführungseinrichtungen versehen, um einen Vergleich des möglichen Mehrertrags mit den höheren Investitionskosten zu ermöglichen. Die Module können über ein automatisches Messsystem mit Internetanschluss fernüberwacht und ausgewertet werden. Eine Kamera ermöglicht den Einfluss der Wetterbedingungen, insbesondere von winterlicher Schneelast, sowie die natürliche Selbstreinigung der Module durch Niederschlag zu überwachen „Die Selbstreinigung ist ein spannendes Thema, wahrscheinlich wird herauskommen, dass eine etwas steilere Aufstellung günstiger ist. Hier muss die geringe Ertragsminderung mit den hohen Reinigungskosten verglichen werden.“ erklärt Professor Brauner vom Institut für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft an der TU Wien.

In Langzeituntersuchungen kann die Degradation der Module (Abnahme der Leistung über die Jahre), die Leistungsminderung bei sommerlicher Erwärmung, sowie die Effizienz der Photovoltaikwechselrichter beurteilt werden. Hieraus sollen Erkenntnisse für den großflächigen Einsatz von Photovoltaiksystemen hinsichtlich der erforderlichen Moduleigenschaften, der Aufstellung und der Netzanbindung, sowie der Investitions- und Wartungskosten einschließlich der Auswirkungen auf die Verteilungsnetze (gesamtheitlich [BN1] untersucht werden. EVN Generaldirektor Dr. Burkhard Hofer: „Die EVN sieht Zwentendorf als Symbol für eine erneuerbare Energiezukunft und wird den Standort auch nutzen, um ihren Kunden und Kundinnen die Einsatzmöglichkeiten von Strom und Wärme aus Sonnenenergie nahe zu bringen“.

Quelle: Energie vernünftig nutzen

Sonntag, 10. Oktober 2010

Projektende in Südafrika

Die südafrikanische Regierung hat beschlossen, nicht mehr in den modularen Kugelhaufenreaktor (PBMR) zu investieren. Dies hat Barbara Hogan, Ministerin für Staatsunternehmen, am 16. September 2010 offiziell bekannt gegeben. So eine Mitteilung des Schweizer Nuklearforums.

Die Regierung habe nach sorgfältiger Beratung, Analyse und Prüfung den Entscheid getroffen, das PBMR-Projekt nicht länger zu unterstützen, erklärte Hogan der Nationalversammlung. «Deshalb wird die Belegschaft der PBMR Ltd. drastisch verkleinert bis auf eine Handvoll Personen, die schwergewichtig das geistige Eigentum, gewisses Fachwissen und die Vermögenswerte zu bewahren haben.» Laut Hogan haben verschiedene Gründe zu diesem Entscheid geführt:
* Der PBMR Ltd. sei es nicht gelungen, in genügendem Umfang und binnen der vereinbarten Frist langfristige Drittinvestoren zu interessieren.
* Weitere Investitionen in der Höhe von weit über ZAR 30 Mrd. (CHF 4,2 Mrd.) seien zu erwarten.
* Der Baubeginn der ersten Demonstrationsanlage sei immer wieder verschoben worden.
* Die Möglichkeit, im amerikanischen Forschungsprogramm Next Generation Nuclear Plant (NGNP) mitzuarbeiten, sei im Mai 2010 verloren gegangen, als die japanische Partnerin der PBMR Ltd. – die Mitsubishi Heavy Industries Ltd. (MHI) – sich vom Programm zurückgezogen haben.
* Sollte Südafrika in naher Zukunft neue Kernkraftwerke bauen, so würden Typen der Generation II und III berücksichtigt und nicht die PBMR-Technologie, die noch in der Entwicklungsphase stehe.
* Die Schwere der finanziellen Krise habe die Regierung gezwungen, ihre Ausgabenpolitik zu überdenken und neue Schwerpunkte zu setzen.

Laut Hogan sind in den letzten zehn Jahren insgesamt ZAR 9,244 Mrd. (CHF 13 Mrd.) ins PBMR-Projekt investiert worden, wovon rund 80% von der Regierung stammte. Das südafrikanische Elektrizitätsunternehmen Eskom übernahm knapp 9%, die Westinghouse und die Industrial Development Corporation je knapp 5% und die Exelon gut 1%. Die universitäre Ausbildung in der Kerntechnik werde weiterhin beibehalten und unterstützt, erklärte Hogan. Das Fuel Development Laboratory und die Helium Test Facility würden jedoch eingemottet. Die Heat Transfer Test Facility an der Northwest University werde ebenfalls eingemottet, es sei denn, die Universität wolle sie weiterhin nutzen, so Hogan weiter.

Hogan betonte, die PBMR-Technologie sei in keiner Weise in Frage gestellt. «Sowohl die USA als auch China sind in der Weiterentwicklung dieser Technologie engagiert.» Sie wies zudem darauf hin, dass Südafrika als Vorreiter des PBMR anerkannt sei. Dies sei eine bemerkenswerte Leistung für ein Entwicklungsland, auf die man berechtigterweise stolz sein könne, fügte sie bei.

Quellen: Nuklearforum / M.A. nach Ministry of Public Enterprises, Medienmitteilung, 16. September 2010

Samstag, 9. Oktober 2010

Fallstricke der Atomenergie

Die Diskussion um die Energiezukunft wird seitens der AKW-Befürworter zunehmend mit dem Verweis geführt, die Erneuerbaren könnten nur mit der Atomtechnologie zusammen die anstehenden Versorgungsprobleme lösen. Dass dies ein Irrweg ist, begründet Solarmedia-Autor Guntram Rehsche - und weist auf die Solarenergie als zentrale Alternative.






Atomenergie hat schlicht zu viele Fallstricke, als dass wir auf sie bauen könnten für die künftige Energieversorgung. Selbst wenn wir einzelne Hindernisse aus dem Weg räumen - wie die Verfügbarkeit von Uran, über die wir uns gemäss verschiedenen Quellen keine Sorgen machen müssten - so bleiben doch viele andere Unwägbarkeiten, die die Atomenergie disqualifizieren. Diese sind (in einer kurzen Zusammenfassung):

- Unsicherheit der Anlagen: Immer wieder auftretende Probleme hängen mit der nie auszuschliessenden Fehlbarkeit menschlichen Verhaltens zusammen. Die Verkettung unglücklicher Umstände ist eben doch möglich, wie zuletzt Vorfälle in Schweden zeigten. Oder anders ausgedrückt: Es gibt eben doch Schwarze Schwäne - also als (fast) unmöglich eingestufte Ereignisse (wie die zuletzt als unmöglich erachtete weltumspannende Krise der Finanzmärkte). Und schliesslich liegt das «unmögliche» Tschernobyl zwar schon bald 25 Jahre zurück - aber in historischer Sicht immer noch nahe unserer Zeit.

- Verwundbarkeit und Terrorgefährdung: Seien es Flugzeugabstürze (gewollte und terrorgesteuerte oder ungewollte) oder direkte Angriffe auf die Sicherheit (Angriffe auf Zulieferung oder Abtransport oder direkte) - die Bedenken sind sowohl bezüglich bestehender wie neu zu bauender AKW längst nicht ausgeräumt. Dass Länder wie China, Iran und Nordkorea die Atomtechnologie vorantreiben, wirkt bezüglich der Weltsicherheit auch nicht gerade beruhigend.

- Fehlende Versicherung:
Eines der schlagenden Argumente gegen die Verwendung der Atomtechnologie ist jenes der fehlenden Versicherbarkeit gegen Schäden. Die Haftpflicht bewegt sich auf Mininiveau, je nach Land - das Schadenpotential geht in die Hunderte von Milliarden, und keiner versicherts, weder privat noch der Staat. Wenn der grosse Schaden doch so unwahrscheinlich wäre, müsste sich ein Versicherer ob des todsicheren Geschäfts doch die Hände reiben und den hohen Schaden eben gern versichern, da er doch nie eintritt.

- Abfallentsorgung: Der ganze Aufwand, der auch heute schon getrieben wird bezüglich der Entsorgung, ist ja eindrücklich - und auch teuer. Er zeigt vor allem eines: dass diese Entsorgung eben entgegen aller Behauptungen höchst problematisch und äusserst kostenintensiv ist. Grüssen lässt das Zwischenlager Asse in Deutschland, das nun mit Milliardenaufwand (zulasten der SteuerzahlerInnen!) saniert werden muss - womit aber bezüglich Lagerung kein Problem gelöst sein wird, sondern nur bereits entstandener Schaden vielleicht beseitigt sein wird.

- Dinosauriertechnologie und gesellschaftlicher Zusammenhalt: Man muss kein Prophet sein um vorauszusagen, dass das Beharren auf den Atomplänen wiederum Millionen von Menschen in ganz Europa auf die Strasse treiben wird. Das als unbegründet und ideologisch abzutun, ist - man / frau entschuldige die für emotionale Entgleisung - nichts wie dumm und realitätsfremd. Denn die Bedenken sind ebenso wie die Angst vor der Dinosauriertechnologie Atom nun mal vorhanden und zweitens nicht durchs Band abwegig. Der Schaden der neu aufflammenden Protestbewegung ist unabsehbar - und wird auch das politische Gefüge gehörig durcheinander wirbeln. Schon heute bedanken sich in Deutschland die Grünen für die Laufzeitenverlängerung, die sie zur Volkspartei werden lassen.

- Verdrängung der Erneuerbaren: Die auf lange Zeit weiter bestehende Verfügbarkeit von Atomstrom wird effektiv zur tödlichen Konkurrenz der Erneuerbaren. Schon heute werden in Deutschland Windanlagen abgeschaltet, weil zu viel Atomstrom ins Netz drängt - trotz der gesetzlich vorgeschriebenen Vorfahrt für Erneuerbare Energien. Die Laufzeitenverlängerung für AKW in Deutschland lässt auch den Investitionswillen in die Erneuerbaren erlahmen, bereits wurden Offshore-Projekte für Windanlagen zurückgestellt. Schliesslich wird der Anschluss ans norwegische Hydroenergienetz in Deutschland verhindert - dabei stünden aus Norwegen Energiemengen aus Wasser bereit, die sämtliche AKW auf einen Schlag abschaltbar machten.

- Die Kosten der Atomtechnologie: Sie werden für neue Atomkraftwerke - ähnlich wie bei anderen grosstechnologischen Projekten entgleiten. Das zeichnet sich jetzt schon ab für die beiden einzigen im Bau befindlichen AKW in Europa. Sowohl Oikiluoto in Finnlannd wie Flamanville in Frankreich werden mindestens doppelt so teuer wie vorgesehen - je rund 6 statt versprochener 3 Milliarden Euro. Und sie erfahren Verzögerungen von mehreren Jahren. Zudem laufen Beschaffungs- wie Entsorgungskossten aus dem Ruder. Diese Einschätzung teilt ein aktueller Artikel der Frankfurter Allgemeinen Zeitung unter dem Titel «Von wegen Renaissance der Atomkraft».

- Schon heute Auslaufmodell:
Atomprojekte geraten nicht nur finanziell ins Hintertreffen - sie werden auch von Projekten der Erneuerbaren zunehmend abgehängt in zeitlicher Hinsicht. Während nämlich in den nächsten 3-5 Jahre nur ganz wenige neue AKW ans Netz gehen, nehmen die Kapazitäten seitens der Erneuerbaren - vor allem von Wind und Sonne - laufend und exponentiell zu. So gingen 2009 ein grosses und ein kleines AKW weltweit ans Netz - aber Windanlagen, die so viel Strom erzeugen wie rund ein Dutzend AKW zusammen (38 GW). Und auch die Photovoltaik bringt es unterdessen auf AKW-Dimensionen - Anlagen von 7,4 Gigawatt (Zubau 2009) erzeugen so viel Strom wie ein grosses AKW - 2010 erfolgt hier bereits wieder eine Verdoppelung.

- Solarenergie wirds richten: Photovoltaik hat damit unterdessen den Beweis der Skalierbarkeit erbracht - ist also in grossem Masse geeignet, Elektrizität zu erzeugen, selbst in AKW-Dimensionen. Aber richtig - sie ist noch teurer. Nur - sie wird ständig billiger, jährlich 10 bis 20 Prozent - und herkömmliche Energieerzeugung inkl. Atomenergie werden ständig teurer - der Kreuzungspunkt wird bald erreicht sein (3-5 Jahre). Der Fortschritt der Photovoltaik beruht auf der Halbleitertechnologie - und wie sich diese leistungsmässig in der Informatik entwickelt hat, ist Fingerzeig, wie es weiter geht. Neben der PV hat auch die Solarthermie riesiges Potential - für die dezentrale Versorgung auch mit Wärme schon heute hierzulande.

Fazit: Die Fallstricke der Atomenergie sind einfach zu zahlreich, die Komplexität ist zu hoch. Andrerseits sind die vorhandenen, bewährten und erprobten Alternativen so vielfältig, dass auf Atom zu bauen unnötig wird. Vielmehr wird Atom zum Hindernis der Erneuerbaren, weshalb eben nicht blind auf alle Alternativen zu den fossilen zu vertrauen ist. Vielmehr gilt: Atom ist vielleicht zwar keine fossile und damit nicht erneuerbare Energie - aber sie ist in vielerlei Hinsicht ein Fossil, das sich erledigen wird - aus den aufgeführten Gründen hoffentlich früher als vielerorts vermutet.

© Solarmedia

Von wegen Renaissance

Atomkraft - nein danke. Diese Auffassung teilt mittlerweile anscheinend auch Umweltminister Röttgen und entfacht eine neue Debatte. Dabei gibt es auch einen interessanten ökonomischen Aspekt. Immer mehr Investmentbanker winken beim Thema Kernkraft ab: Die Meiler sind zu teuer. Eine Analyse der Frankfurter Allgemeinen Zeitung FAZ.












Der Bau des einstigen Referenzprojekts Olkiluoto 3 wächst sich zu einem finanziellen Desaster ausLänger als geplant: Der Bau des einstigen Referenzprojekts Olkiluoto 3 wächst sich zu einem finanziellen Desaster aus. Als Finnland sich entschloss, ein Kernkraftwerk der neuen Generation auf einer Insel namens Olkiluoto zu errichten, spürte die Atomindustrie frischen Mut. Jahrelang war man in der Defensive gewesen, belagert von Kernkraftgegnern, die Betriebsunterbrechungen zu Störfällen aufbauschten und die Öffentlichkeit erfolgreich verunsicherten.

Dann kam die Angst vor dem Klimawandel, und die Welt rief nach sauberer CO2-freier Energie. Die Atomindustrie konnte liefern, selbst Anhänger grüner Parteien (zumindest außerhalb Deutschlands) erwärmten sich für die Idee der Kernkraft. Nie standen die Zeichen für eine Renaissance der Reaktoren besser. Und Olkiluoto 3, das größte Kraftwerk der Welt, hätte das betonierte Symbol eines einzigartigen Comebacks werden sollen. Alles war gut bis zu dem Tag, an dem klar wurde, dass sich das Referenzprojekt Olkiluoto 3 zu einem finanziellen Desaster auswächst. Das Kraftwerk wird wahrscheinlich doppelt so teuer wie geplant. Es sollte drei Milliarden kosten, jetzt sind schon mindestens 5,3 Milliarden Euro im Gespräch. Und die Fertigstellung verzögert sich um einige Jahre. Bei einem Projekt wie in Finnland kostet jeder verlorene Tag Millionen Euro, dazu kommen die entgangenen Stromerlöse.

Probleme werden inzwischen auch vom neuen Atomkraftwerk im nordfranzösischen Flamanville gemeldet, das nach Informationen der französischen Tageszeitung „Le Figaro“ frühestens 2014 statt 2012 Strom produzieren wird - mit gravierenden Folgen für die Kalkulation. Die Bauverzögerungen verderben den beteiligten Firmen wie Areva und Siemens die Bilanzen, die Münchner allein haben rund eine halbe Milliarde für den finnischen Meiler zurückgestellt. Gravierender noch ist, dass die Fehlkalulationen die AKW-Planer zwingen, neu zu rechnen. Das zeigt das Beispiel Großbritannien. Neben Finnland waren die Britischen Inseln zum zweiten Sehnsuchtsort der Atomindustrie geworden. Zehn neue Reaktoren wünscht sich die britische Regierung immer noch, um eine Versorgungskrise abzuwenden und ihr Versprechen zur CO2-Reduzierung zu halten.

Die beiden deutschen Energieriesen RWE und Eon - voller Aufbruchsstimmung - gründeten deshalb vor einem Jahr ein Gemeinschaftsunternehmen, das in England sechs Kernkraftwerke errichten und betreiben soll, falls es den Zuschlag bekommt. Doch inzwischen haben die Kaufleute der Konzerne einmal nachgerechnet, ob sich so ein Kernkraftwerk überhaupt bezahlt macht. Nach Informationen der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung sind die Controller jetzt zu einem Ergebnis gekommen, das sich in dürren Worten so zusammenfassen lässt: ökonomisch nicht darstellbar.

Die schärfste Analyse liefert die Citibank, die nicht im Verdacht steht, Teil der Anti-AKW-Bewegung zu sein. Im November des vergangenen Jahres veröffentlichten Analysten der Citibank eine Studie unter dem knackigen Titel „New Nuclear - The Economics say no“ (Neue Kernkraft - Die Ökonomie sagt nein). Die Banker spießen unter anderem das finnische Projekt auf, um dann grundsätzlich zu werden: „Wenn bei Investitionssummen in dieser Höhe ein Bauprojekt aufs Schlimmste falsch läuft, kann es die Finanzkraft selbst der größten Energieversorger beschädigen.“

Zwei Risiken lasten besonders schwer auf geplanten Meilern: Der Baupreis und der Strompreis. Der Baupreis hängt von der Baudauer und den Materialkosten ab. Zeitverluste wie in Finnland wirken gravierend. Auf der Baustelle in Olkiluoto sind 4000 bis 5000 Leute beschäftigt, die rund 400 Euro pro Kopf und Tag kosten. So kostet jeder verlorene Tag zwischen 1,5 und 2 Millionen Euro, rechnet ein deutscher Energiemanager vor. Zeitverzögerungen sind Standard, selbst in Ländern mit weniger Auflagen und weniger sensibilisierter Öffentlichkeit.

Die globale Kostenexplosion wird von einer interdisziplinären Wissenschaftlergruppe der amerikanischen Eliteuniversität MIT bestätigt. Die Forscher sprechen von einer dramatischen Eskalation der Kosten sämtlicher großen Industrieprojekte, bei denen Ingenieurleistungen gefragt sind. Aber besonders schlimm sind die Kostenentwicklungen bei Atommeilern. Schwer kalkulierbare Kosten sind aber nur die eine Seite der Investitionsrechnung für Kernkraftwerke, die Erlösrisiken stehen auf der anderen Seite. In Märkten mit freier Strompreisbildung können die Betreiber von Reaktoren schlecht kalkulieren, was sie verdienen werden. Die Profitabilität hängt unter anderem stark von den künftigen CO2-Preisen ab - je teurer das Abgas, desto besser rentiert sich ein abgasfreies Kernkraftwerk in Konkurrenz zu Kohlekraftwerken. Billige Emissionsrechte stellen die Rentabilität der teuren Meiler dagegen in Frage. Das Hauptproblem bleibt, dass die Preise so schwer prognostizierbar sind. Börsennotierte Energieversorger scheuen das Risiko nahezu zwangsweise. Sie haben eines gelernt: Zuverlässig Geld bringen die Reaktoren erst nach 30 Jahren, wenn sie weitgehend abgeschrieben sind.

Das ist auch das geradezu groteske Ergebnis der Befreiung der Energiemärkte: Die Privatisierung der Branche und die Liberalisierung des Stromwettbewerbs verhindern den Bau aufwendiger Kraftwerke, vor allem aber von Atomkraftwerken. „Alle Modelle, bei denen ein privater Betreiber das komplette Risiko des Kernkraftprojektes übernimmt, sind zum Scheitern verurteilt“, verrät ein hoher Eon-Manager, der flapsig ergänzt: „Ohne Staatskohle keine Kernkraft.“ Kein Wunder, dass RWE jüngst aus dem Bauprojekt im bulgarischen Belene ausgestiegen ist, der deutsche Stromversorger wollte das finanzielle Risiko nicht aushalten.

Für die Atomindustrie sind die Erkenntnisse so neu nicht, weil noch nie in der Geschichte der Branche ein privates Unternehmen das komplette kommerzielle Risiko für Bau und Betrieb eines Atommeilers übernommen hat. Allerdings favorisieren gerade jetzt viele Regierungen, einschließlich der britischen, private Lösungen, weil ihnen spätestens nach der Finanzkrise das Geld für Kraftwerksinvestitionen ausgegangen ist. So beschränkt sich die Renaissance der Kernkraft auf Länder, in denen staatliche Betreiber oder Geldgeber das Risiko tragen. Die amerikanische Regierung hat jetzt Kreditgarantien in Höhe von 54 Milliarden Dollar für neue Atomkraftwerke budgetiert. Allerdings sind dort erste Pläne auf Eis gelegt worden wegen befürchteter Kostenexplosionen.

China, mit 20 Meilern im Bau, Vietnam und die Vereinigten Arabischen Emirate sind am weitesten mit ihren neuen Kraftwerksplänen. Viele andere Kraftwerke sind über das Blaupausenstadium noch nicht hinausgekommen. In Europa haben die Kraftwerksplanungen nach den Erfahrungen und Rückschlägen in Frankreich, Finnland und Bulgarien einen Dämpfer bekommen mit durchaus brisanten Folgen. Wie jetzt noch die versprochenen CO2-Einsparungen realisiert werden sollen, wird langsam rätselhaft.

Quelle: Winand von Petersdorff - F.A.Z.