Samstag, 21. Dezember 2013

Strahlende Ruine ausser Kontrolle



Die ZDF-Sendung Frontal21 über eine Jahrhundertkatastrophe, die die Verantwortlichen weder willens noch in der Lage sind, in den Griff zu bekommen. 

Auch fast drei Jahre nach Ausbruch der Katastrophe kommt es im Havarie-Reaktor von Fukushima immer wieder zu schweren Zwischenfällen. Größtes Problem derzeit sind die Unmengen an Wasser, die in die zerstörten Reaktorgebäude fließen und tiefer gelegene Etagen fluten, weil es keine Sperrwände gibt.

Noch heute dringen täglich 400 Tonnen Grundwasser in die Reaktorruine, werden hoch radioaktiv verseucht und fließen anschließend ins Meer. Der Vorwurf der Kritiker: Der Betreiber Tepco habe aus reinem Kostenkalkül auf ausreichende Sicherungsmaßnahmen verzichtet.

Manuskript des Beitrags

Montag, 25. November 2013

Atomstrom kostet 36 Rp. / KWh

Einmal mehr korrigiert der Bund die Stilllegungs- und Entsorgungskosten für unsere fünf alten AKW nach oben. Und einmal mehr sagt die Schweizerische Energie Stiftung (SES) dazu: Das sind illusorische Schönwetterprognosen. Die Kosten werden mit grösster Wahrscheinlichkeit massiv höher sein.

Um diese Aussage noch besser abstützen zu können, hat sich die SES auf die Suche nach den versteckten Kosten der Schweizer Atomkraftwerke gemacht. In der neuen Studie «Atomvollkosten – Was der Atomstrom wirklich kostet» können Sie nachlesen, was uns der Schweizerische Atomstrom „all inclusive“ dereinst kosten könnte.
Für die Kostenberechnung hat die SES wie der Bund eine Laufzeit von 50 Jahren angenommen sowie die bisherigen Forschungsausgaben und realistischen Eigenkapitalkosten aufgerechnet. Nicht einmal dabei sind die „Nebenkosten“ des Uranabbaus. In drei Szenarien variieren die Versicherungsprämien und „Back-End-Kosten“ für Stilllegung und Entsorgung.

Das Resultat: Atomstrom kostet pro Kilowattstunde (KWh) „all inclusive“ zwischen 16 und 59 Rappen.
Bereits die vom Bundesrat geforderte 30% Reserve für die Entsorgung plus die Versicherungskosten für einen mit Fukushima vergleichbaren Unfall würde den Atomstrom um 11 Rappen/kWh verteuern. Rechnet man aufgrund praktischer Erfahrungen beim Bau von Grossprojekten (etwa NEAT) einen „Sicherheitszuschlag“ von 100% beim Endlagerbau hinzu, und geht man von der fiktiven Schadenssumme aus, die das Bundesamt für Zivilschutz für einen Störfall in der Schweiz berechnet hat, kostet der Atomstrom 36 Rappen. Auf 59 Rappen schlägt das Pendel aus, wenn wir Unfallkosten aus deutschen Studien und die jährliche Verteuerung der Endlager-Baukosten hinzuziehen.


Wenn man nicht will, dass künftige Generationen die Entsorgungskosten berappen müssen, dann müsste der Entsorgungsfonds jetzt massiv vergrössert werden. Und, so schreibt die SES weiter: «Wenn wir nicht wollen, dass wie in Japan das Volk für die Kosten der Kernschmelze aufkommen  muss, dann müssten wir endlich eine ernsthafte Haftpflichtversicherung für AKW-Betreiber einführen. Denn niemand entschädigt Ihnen heute den Wert Ihrer Immobilie, wenn Sie diese wegen eines Atomunfalls für Jahrzehnte verlassen müssen.»

Florian Brunner, der Autor der Studie, kommt zum Schluss: «Niemand weiss genau, wie teuer uns die 50 Jahre Schweizer Atomstrom dereinst zu stehen kommen, aber schon heute ist sicher, dass jede hier produzierte Kilowattstunde teurer gewesen sein wird, als der Strom aus Wasserkraft“.


» Studie als PDF zum Downloaden
» Interview mit Florian Brunner, Autor der Studie

Quelle: Schweizerische Enerige Stiftung SES

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Donnerstag, 21. November 2013

Mühleberg muss Auflagen erfüllen

Das Atomkraftwerk Mühleberg muss 18 Forderungen der Aufsichtsbehörde (Ensi) umsetzen, die teilweise erst kurz vor Betriebsende zum Tragen kommen, wie das Ensi am Donnerstag bekanntgab (siehe auch Atominfomedia vom 30. Oktober 2013).

Für das Kernkraftwerk Mühleberg gelten trotz vorzeitiger Abschaltung im Jahr 2019 praktisch die gleichen Auflagen der Aufsichtsbehörde wie bei einem unbefristeten Langzeitbetrieb. Dies verordnete das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat (Ensi). Die verkürzte Laufzeit entbinde die Mühleberg-Betreiberin nicht davon, weiter in die Sicherheit des Kernkraftwerkes zu investieren, sagte Ensi-Direktor Hans Wanner vor den Medien in Brugg AG. Das Ensi besteht darauf, dass die Sicherheitsmarge bis zum letzten Betriebstag 2019 gewährleistet ist.

Die meisten Ensi-Auflagen blieben gegenüber jenen aus der letzten Stellungnahme zum unbefristeten Langzeitbetrieb unverändert bestehen, sage Georg Schwarz, Leiter des Aufsichtsbereichs Kernkraftwerke. 5 der 18 Forderungen muss das AKW Mühleberg bis Ende dieses Jahres umgesetzt haben, weitere 11 im kommenden Jahr. Verschiedene Massnahmen, die für den unbefristeten Langzeitbetrieb vorgesehen waren, können erst bis 2017 realisiert werden. Diese werden somit bei einer Abschaltung 2019 nur zwei Jahre zum Tragen kommen.

Die Betreiberin BKW muss trotz vorzeitiger Abschaltung noch einmal kräftig in ihr Werk investieren. Gefordert werden Stabilisierungsmassnahmen für den Kernmantel, die Realisierung der zusätzlichen, erdbebenfesten und überflutungssicheren, von der Aare unabhängigen Kühlwasserversorgung und die Realisierung eines erdbebenfesten und überflutungssicheren Brennelementebecken-Kühlsystems. Bei verschiedenen Massnahmen hat das AKW Mühleberg die Möglichkeit, ein neues Konzept einzureichen. Abweichungen von den ursprünglichen Forderungen für den Langzeitbetrieb seien aber mit der Bedingung verknüpft, dass die notwendige Sicherheit weiterhin gewährleistet werden muss, wurde betont.

Das Ensi fordert aber auch grosse Sicherheit nach dem Abschalten des Werkes. Beim Übergang vom Betrieb in den Nachbetrieb müsse genügend qualifiziertes Personal zur Verfügung stehen, verlangt das Ensi. Die BKW muss dem Ensi bis Ende 2014 Unterlagen einreichen, wie sie sich den Betrieb in Mühleberg nach 2019 vorstellt. 

Quelle: Agenturen

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Mittwoch, 13. November 2013

Verstrahltes Wasser treibt in die USA

Die Lage im zerstörten japanischen AKW Fukushima gerät zunehmend außer Kontrolle, wie das Internetportal klimaretter.info schreibt. Offenbar wegen schwerster Sicherheitsbedenken verschiebt der Betreiber Tepco die geplante Bergung der über Tausend notgekühlten Brennstäbe aus dem Abklingbecken des einsturzgefährdeten Blocks 4. Außerdem treibt eine riesige Blase aus verstrahltem Wasser über den Pazifischen Ozean auf die Westküste der USA zu. 

Klimaretter.info bezieht sich dabei auf das Nachrichtenportal Ingenieur.de des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI) von Anfang der Woche. Die radioaktive Wasserblase enthalte Cäsium 137 sowie den "Knochenkiller" Strontium und habe im Pazifik schon für deutliche Schäden gesorgt, schreibt Ingenieur.de. Aus undichten Tanks fließen in Fukushima jeden Tag rund 300 Tonnen radioaktiv verseuchtes Wasser ins Meer. US-Wissenschaftler gehen davon aus, dass die Blase im März nächsten Jahres die kalifornische Küste erreicht, und fordern eine bessere Lebensmittelüberwachung. Bei vor Kalifornien gefangenen Thunfischen wurde bereits eine radioaktive Belastung festgestellt. Im Plankton zwischen Hawaii und der US-Westküste seien zudem "sehr große Mengen von Cäsium 137" gemessen worden, so das VDI-Portal. Plankton steht am Beginn der marinen Nahrungskette. 

Um die Pazifik-Verstrahlung zu stoppen, wollte Tepco eigentlich dieser Tage mit der Bergung von rund 1.300 in kritischem Zustand befindlichen Brennstäben beginnen, die wegen der Explosion in Block 4 in einem nicht sicheren und seit der Katastrophe 2011 notgekühlten Abklingbecken liegen. Doch die Aktion sei vorerst abgeblasen worden, denn die Brennelemente lägen "wie Mikadostäbe" in dem Becken und könnten nicht wie geplant mit einem manuell gesteuerten Kran herausgeholt werden, so Ingenieur.de.

Falls die Bergung schiefgeht, könnte es auch in Block 4 zur Kernschmelze kommen. Bei ungünstigem Wind müssten dann 35 Millionen Menschen aus Tokio evakuiert werden. "Wir können nur beten, dass alles gutgeht", zitierte die Neue Osnabrücker Zeitung einen japanischen Spezialisten für Brennstabtransporte. Auch der Chef der japanischen Atomaufsicht Shunichi Tanaka hält dem Blatt zufolge die Aktion für riskanter, als mit dem verstrahlten Kühlwasser weiterzumachen. Trotzdem hatte Tanaka seine Zustimmung zur Bergung gegeben – ob er von der japanischen Regierung dazu gedrängt wurde, kann nur gemutmaßt werden. 

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtete am Wochenende, dass in mehreren Ländern Experten eindringlich vor der Beräumung des Abklingbeckens durch Tepco gewarnt hätten. Der ehemalige japanische Botschafter in der Schweiz Mitsuhei Murata schrieb laut FAZ an US-Präsident Barack Obama, die Welt müsse sich jetzt in Fukushima einmischen. Der kanadische Umweltaktivist Harvey Wasserman sprach sogar vom "gefährlichsten Moment für die Menschheit seit der Kuba-Krise". Der deutsche Atomexperte Sebastian Pflugbeil hatte bereits im Oktober gewarnt: "Die Wahrscheinlichkeit, dass die Rettung gelingt, geht gegen Null."

Quelle: klimaretter.info

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Montag, 4. November 2013

EE statt Mühleberg und Beznau

Seit der Bekanntgabe der BKW, das AKW Mühleberg 2019 stilllegen zu wollen, geistert wieder der Begriff der «Stromlücke» durch die Schweizer Medienlandschaft. Woher soll der Strom kommen, der heute in Mühleberg produziert wird? Selbstverständlich aus erneuerbaren Energien (EE)! 

Das ist ganz im Sinne der Energiestrategie des Bundes und absolut realistisch. In Europa herrscht auf absehbare Zeit ein Strom-Überangebot, also wäre eine Substitution versorgungstechnisch noch nicht einmal nötig. Es wäre aber aus Sicherheitsgründen sinnvoll und problemlos möglich, auch die beiden Uraltreaktoren in Beznau vor 2020 abzuschalten - so eine Stellungnahme der Schweizerischen Energie Stiftung SES. Kaum hat die BKW ihren Entscheid kommuniziert, sind schon erste Stimmen laut geworden, die sich fragen, woher denn dereinst der Strom kommen soll. So sagte FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen gegenüber dem Tagesanzeiger (1): «Um das Kernkraftwerk Mühleberg zu ersetzen, bräuchte es etwa 740 Windturbinen». Er fragt sich, was die Alternativen seien. Davon abgesehen, dass bereits 500 moderne Windräder genügend Strom produzieren würden, vergisst Wasserfallen unter anderem die Photovoltaik – die Alternative mit dem grössten Potenzial. Das ist sicher Absicht, weil die Photovoltaik erstens kein Konfliktpotenzial mit dem Landschaftsschutz birgt und zweitens für die grossen Stromunternehmen offenbar nicht interessant ist.
 
Seit 2009 werden erneuerbare Energien in der Schweiz mit der kostendeckenden Einspeisevergütung (KEV) gefördert. Ein Blick in die Statistik(2) zeigt, dass die KEV-geförderten Anlagen, die bereits in Betrieb sind, jährlich rund 1700 Gigawattstunden (GWh) Strom produzieren. Dazu kommen Anlagen mit einer Zusage im Umfang von 3448 GWh und die, die auf der Warteliste stehen und noch auf Bescheid warten, mit 5255 GWh. Total sind das 10'387 GWh erneuerbaren Strom aus konkreten Projekten, der mit dem entsprechenden politischen Willen bis 2019 ins Netz eingespiesen werden könnte. Damit könnte man Mühleberg (Produktion 2012: 3117 GWh) rund drei Mal ersetzen. Oder noch besser Beznau I und II gleich dazu: Diese drei Uraltreaktoren haben 2012 zusammen 8870 GWh produziert – ein Ersatz wäre also auch möglich, wenn man davon ausgeht, dass das eine oder andere Windprojekt nicht schnell genug realisiert werden kann. Insbesondere Windprojekte sind häufig von Einsprachen von Nachbarn blockiert. Alle Windprojekte (mit bereits realisierten) machen weniger als einen Drittel der KEV-Projekte aus. 


BKW-Konzernchefin Suzanne Thoma hat gegenüber der NZZ erklärt (3), es werde rund 10 Jahre dauern, bis der Wegfall von Mühleberg mit einheimischem Strom ersetzt sei. Dies liege an den langen Verfahren, welche Wasserkraftprojekte über Jahre blockieren können. Das ist eine stark verkürzte Aussage: Es mag sein, dass die BKW so lange braucht, um genügend erneuerbare Kapazitäten aufzubauen, weil sie fast ausschliesslich auf den Ausbau der Wasserkraft setzt. Schweizweit und damit versorgungstechnisch gedacht, ist das eine unrealistisch lange Zeit, denn:
  • Die Photovoltaik wächst viel schneller als erwartet: Die Zuwachsraten lagen zwischen 2009 und 2010 bei 65%, zwischen 2010 und 2011 bei 77%, zwischen 2011 und 2012 bei 67%. Ende 2013 werden gemäss Swissolar 720 MW Leistung installiert sein. Damit werden 1,2% des Stromverbrauchs der Schweiz aus Solarstrom stammen. Wenn man zwischen 2014 und 2019 von einem Wachstum von 50% pro Jahr ausgeht, wären es Ende 2019 8200 MW installierte Leistung, sprich rund 8200 GWh oder 14% des Stromverbrauchs. Selbstverständlich wird es je länger je schwieriger, die Wachstumsraten beizubehalten – das ist auf längere Frist auch nicht sinnvoll. Aber in den nächsten Jahren ist eine konstante Wachstumsrate durchaus realistisch.
  • Die Wasserkraft in der Schweiz ist in den letzten Jahren viel stärker gewachsen als erwartet. Seit 2009 wurden 620 GWh zugebaut, seit 2003 insgesamt 880 GWh. Im Schnitt der letzten Jahre entspricht das jährlich über 150 GWh – bei gleichbleibendem Zubau bis 2019 rund 1000 GWh.
  • Die Produktion in Biomassekraftwerken entspricht heute schon der Produktion des AKW Mühleberg: Die Stromproduktion aus Biomasse und Abfall setzte sich 2012 wie folgt zusammen: Holz – 410 GWh; Abfall (erneuerbarer Anteil) – 2‘020 GWh; Kläranlagen (erneuerbarer Anteil) – 123 GWh; Biogas – 64 GWh. Das sind insgesamt 2617 GWh und entspricht damit fast Mühleberg 2012 (3117 GWh) und liegt sogar über der Produktion des AKW 2011 (2605 GWh).

Jürg Buri, Geschäftsleiter der SES, sieht aber auch eine verfehlte Geschäftspolitik bei der BKW als Grund für den langsamen Zubau einheimischer Kraftwerke: Die BKW habe 2011 und 2012 insgesamt 334 Mio. Franken in fossilen Kraftwerken im Ausland abgeschrieben, weil diese nicht rentabel laufen. «Hätte man dieses Geld in der Schweiz in Solarstrom investiert, könnte man dafür 300 GWh Strom produzieren», rechnet er vor. Dass die BKW erneut in ein Kohlekraftwerk in Deutschland investiert, kann vor diesem Hintergrund nur erstaunen. Bei den heutigen europäischen Strompreisen sind deswegen wohl die nächsten BKW-Abschreiber nötig.
  

Die Schweiz ist traditionell ein Stromexportland, 2012 wurden 2200 GWh exportiert. Wer rechnet, sieht also: Mühleberg und Beznau können deutlich vor 2019 vom Netz, die «Stromlücke» ist (immer noch) ein Hirngespinst. Die Schweiz hat zwei traurige Rekorde zu verzeichnen: Wir haben das älteste AKW der Welt (4) und sind im Vergleich mit den umliegenden Ländern das Schlusslicht, was den Zubau von Photovoltaik und Windkraft angeht (5). Wir fordern die Schweizer Stromkonzerne und die Politik auf, diese Rekorde umzukehren: Wir wollen Weltmeister sein im Zubau erneuerbarer Energien und im Abstellen von gefährlichen AKW.

Quellen:
(1) http://www.tagesanzeiger.ch/schweiz/standard/Muehleberg-ist-fuer-die-Versorgungssicherheit-irrelevant/story/22365379
(2) http://www.swissgrid.ch/swissgrid/de/home/experts/topics/renewable_energies/crf/registration_to_implementation/waiting_list.html
(3) http://www.nzz.ch/aktuell/schweiz/atomkraft-und-kohle-liefern-strom-fuer-muehleberg-1.18177439
(4) http://www.energiestiftung.ch/aktuell/archive/2013/01/28/beznau-und-muehleberg-vom-netz-jetzt.html
(5) http://www.energiestiftung.ch/aktuell/archive/2013/05/02/die-schweiz-bleibt-das-schlusslicht.html

Quelle: Schweizerische Energie Stiftung SES 

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Mittwoch, 30. Oktober 2013

AKW Mühleberg geht 2019 vom Netz

Das AKW Mühleberg soll 2019 vom Netz genommen werden. Dies hat die Betreiberin BKW AG entschieden. Die BKW will in den restlichen sechs Betriebsjahren in Mühleberg verschiedene Nachrüstprojekte umsetzen. Angestellte sollen nicht entlassen werden. Greenpeace hat den Entscheid als Kuhhandel und gefährliches Atomexperiment kritisiert.

Die BKW AG habe in den vergangenen Monaten verschiedene Szenarien zur Zukunft und zum Weiterbetrieb des Atomkraftwerks Mühleberg (KKM) geprüft, teilte die Betreiberin am Mittwoch mit. Sie habe entschieden, das KKM bis ins Jahr 2019 unter Einhaltung aller Sicherheitsanforderungen weiter zu betreiben und anschliessend vom Netz zu nehmen. Bei ihrem unternehmerischen Entscheid habe sie sämtliche bekannten technischen, wirtschaftlichen, regulatorischen und politischen Aspekte mitberücksichtigt.

Der Verzicht auf die Investitionen für einen Langzeitbetrieb reduziert gemäss BKW das unternehmerische Risiko wesentlich und unterstützt einen verstärkten Ausbau der Wasserkraft und Windenergie im In- und Ausland sowie Investitionen in neue innovative Produkte und Dienstleistungen.

Die BKW will für die restlichen sechs Betriebsjahre verschiedene Nachrüstprojekte umsetzen. Insgesamt sollen rund 200 Millionen Franken für Betrieb und Instandhaltung investiert werden. Rund 15 Millionen Franken entfallen auf ausserordentliche Nachrüstmassnahmen. Bis zum Betriebsende 2019 werden sämtliche Mitarbeitende in der Anlage weiterbeschäftigt. Es sind laut BKW keine betrieblichen Entlassungen vorgesehen. Primäres Ziel sei es vielmehr, die derzeit im Werk tätigen Spezialisten und Fachkräfte für die restlichen Betriebsjahre der Anlage und auch für Nachbetrieb und Stilllegung zu halten.

«Die BKW will offensichtlich einen Kuhhandel eingehen und ein gefährliches Atomexperiment durchführen - unter dem Deckmantel einer kosmetischen Nachrüstung», sagt Greenpeace-Atomcampaigner Florian Kasser zum Entscheid der BKW. «Das ist fahrlässig und zeugt von einer verantwortungslosen Sicherheitskultur». Noch im letzten Dezember hatte das ENSI unmissverständlich gesagt, die BKW müsse bis 2017 umfangreiche Nachrüstungen tätigen, wenn sie Mühleberg darüber hinaus betreiben wolle. Aus der Mitteilung der BKW geht hervor, dass diese Nachrüstungen jetzt nicht getätigt werden. Während diese auf mindestens 170 Millionen Franken veranschlagt werden, will das Unternehmen jetzt nur 15 Millionen Franken für «ausserordentliche Nachrüstungsmassnahmen» ausgeben. 

Die Schweizerische Energie-Stiftung SES fordert ein rasches Handeln der Politik: Das AKW Mühleberg muss demnach sofort vom Netz. Die BKW handelt fahrlässig, was die Nachrüstungsmassnahmen beim AKW Mühleberg betrifft. Das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat ENSI ist gefordert und darf mit diesen Vorgaben den Entscheid, das AWK länger laufen zu lassen, nicht akzeptieren. 

Quelle: Agenturen/Greenpeace/SES

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Samstag, 26. Oktober 2013

GB: Juhui, ein neues AKW!

Unverbesserliche BefürworterInnen (ja auch Frauen gibt es darunter) mögen ob der Meldung von anfangs Woche frohlockt haben. Während es seit Fukushima praktisch nirgends mehr so richtig voran geht mit dem Bau neuer oder bereits begonnener Atombauten (sogar China legte einen unterdessen aufgehobenen Sicherheitsstopp ein), hat die britische Regierung unter dem konservativen Premier Cameron den Neubau zweier Meiler beschlossen. 

Und schon macht wieder die Mär von der Rennaissance der Atomkraft die Runde. Aber – es ist weniger als ein Tropfen auf einen heissen Stein, der selber am Verglühen ist. Denn die Bedingungen, zu denen das neue Atomkraftwerk erstellt werden soll, sind haarsträubend – und auch ein Schlag ins Gesicht logisch denkender EnergiepolitikerInnen (auch die gibt es). Der französische Energiekonzern EDF und die britische Regierung haben sich gemäss der Zeitschrift Photon auf einen »Basispreis« für den im geplanten Atomkraftwerk Hinkley Point C erzeugten Strom geeinigt. Nach Angaben der Regierung wurden hierfür 9,25 Pence (10,93 Cent) je Kilowattstunde über einen Zeitraum von 35 Jahren vereinbart. Für den Fall, dass EDF auch das zweite geplante Atomkraftwerk Sizewell C bauen wird, reduziert sich der Basispreis auf 8,95 Pence (10,58 Cent) je Kilowattstunde. Zudem ist eine Anpassung des Preises an den Lebenshaltungskostenindex – also ein Inflationsausgleich – vorgesehen. Die Vereinbarung ist rechtlich nicht bindend, soll aber Grundlage einer vertraglichen Abmachung werden. 

Und noch eine Absurdität: Zumindest plant der EU-Wettbewerbskommissar wohl in Kürze das Beihilfeverfahren gegen das EEG (Einspeisegesetz in Deutschland) und damit Einspeisevergütungen zu verbieten. Daran anschließend will er voraussichtlich durchsetzten, dass die Erneuerbaren nur noch direkt vermarktet werden dürfen. Derweil bewilligen die Briten einen festgeschriebenen Vergütungssatz von 10,4 Cent je Kilowattstunde für Strom aus dem Atomkraftwerk in Somerset. Verkehrte Welt! 

„Großbritannien setzt mit dem Bau der neuen Atommeiler nicht nur auf eine veraltete, sondern zudem auf eine unglaublich teure Technologie“, unterstreicht Karl-Heinz Remmers, Vorstand der Solarpraxis AG, im Hinblick auf eine Solarspeicherkonferenz in Berlin Ende November. Die britische Regierung hat sich zu einem garantierten Abnahmepreis von 10,6 Cent pro Kilowattstunde Atomstrom aus den neuen Meilern über 35 Jahre verpflichtet. Nach aktuellen Berechnungen entspricht dies, inflationsbereinigt und angepasst auf eine Laufzeit von 20 Jahren gemäß Erneuerbarem-Energien-Gesetz, einem EEG-Vergütungssatz von 34,5 Cent. „Das ist mehr als das 3,5-fache der aktuellen Vergütung für solare Freiflächenanlagen. Es zeigt, dass eine Energiewende hin zu 100 % Erneuerbaren nicht nur der wesentlich umweltfreundlichere, sondern auch der kosteneffizientere Weg in die Zukunft ist“, so Remmers. Dem gibt es nichts mehr beizufügen. 
 
©  Solarmedia

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Dienstag, 22. Oktober 2013

Mühleberg melkt KleinkundInnen

Das Kernkraftwerk Mühleberg produziert unrentabel. Mit der von der BKW geplanten Nachrüstung würde der Strom aus Mühleberg mehr als doppelt so teuer wie der Marktpreis für die Jahre 2013-2019. Die Stiftung für Konsumentenschutz (SKS) sowie Vertreter von SP und Grünen verlangen eine Vorprüfung durch die ElCom.

Gemäss Gesetz dürfen den gebundenen Kunden nur die Kosten „effizienter Produktion“ belastet werden. Die BKW könnte ihre Tarife senken, wenn Mühleberg geschlossen wird. Seit der Änderung der Stromversorgungsverordnung vom 1. März 2013 dürfen Atomkonzerne den gebundenen Kleinkunden auch Kosten überwälzen, die über dem Marktpreis liegen. Allerdings nur, wenn eine „effiziente Produktion“ gewährleistet ist. An einer gemeinsamen Medienkonferenz haben die Stiftung für Konsumentenschutz, die SP Kanton Bern und die Grünen Kanton Bern ein Gesuch an die ElCom vorgestellt, das die Prüfung und Senkung der Tarife der BKW fordert. Eine entsprechende Untersuchung von Rudolf Rechsteiner im Auftrag von Greenpeace zeigt,

  • dass das AKW Mühleberg (KKM) bei korrekter Bilanzierung der Altlasten zu 9,1 Rp/kWh pro kWh Strom erzeugt und damit fast doppelt so teuer liegt wie der aktuelle Marktpreis und die Terminpreise bis 2019; das KKM erbringt gemessen am Marktpreis keine Deckungsbeiträge mehr;
  • dass bei einer Nachrüstung die Kosten des Mühlebergstroms auf 11 bis 15 Rp/kWh ansteigen. Zusatzkosten von 350 bis 750 Millionen Franken drohen die BKW und ihre gebundenen Kleinkunden zu belasten – und lassen sich voraussichtlich nie amortisieren;
  • dass darin die spontanen Nachrüstungen, die seit Fukushima auf viele AKW-Betreiber zukommen, nicht eingerechnet sind, ebenso wenig die zusätzlichen Stillstandzeiten und die Zunahme der Entsorgungskosten durch erhöhte Mengen von radioaktiven Abfällen.
Nun soll die ElCom rechtlich klären, ob die gebundenen Kunden mit Kosten à discretion belastet werden dürfen, die durch den Weiterbetrieb des AKW Mühleberg und durch dessen Nachrüstung entstehen. Roland Näf, Präsident SP Kanton Bern, und Jan Remund, Vize-Präsident Grüne Kanton Bern, ersuchen die ElCom um eine Voruntersuchung. „Es gibt deutliche Indizien dafür, dass die Stromproduktion in Mühleberg ineffizient ist und dass die Berücksichtigung dieser Kosten in den Tarifen der Kleinkunden ungesetzlich ist“, begründete Roland Näf das Gesuch.

Die Problematik betrifft auch das AKW Beznau, wie Sara Stalder, Geschäftsleiterin der Stiftung für Konsumentenschutz, aufzeigte: „Ein bereits unrentables Werk nachzurüsten, damit es angeblich sicherer wird, bedeutet, die Kosten für die gebundenen Kleinkunden noch weiter mutwillig zu erhöhen. Wir wehren uns gegen diese ungerechtfertigte Kostensteigerung.“  Die BKW hat im Juli 2013 eine weitere Preiserhöhung von 9,7 Prozent bekanntgegeben. Nachrüstungen in Mühleberg würden den ohnehin teuren BKW-Strom unnötig weiter verteuern. Aus Sicht der Stiftung für Konsumentenschutz ist dies problematisch: „Kleine Kunden dürfen nicht länger als Milchkuh für alte Atomkraftwerke missbraucht werden“, so Sara Stalder.

Für Jan Remund, Vize-Präsident Grüne Kanton Bern, sind Nachrüstungen von alten Atomkraftwerken nicht länger vertretbar: „Die Beschaffung am Markt zu Kosten von nur 5 Rp/kWh wäre viel günstiger. Dann wäre zudem auch der Weg frei, um endlich Investitionen in die erneuerbaren Energien zu tätigen, statt gutes Geld schlechten Werken nachzuwerfen.“ Eine rasche Stilllegung des AKW Mühleberg wäre darum die sauberste und kostengünstigste Lösung, so Remund.

Text: Stiftung für Konsumentenschutz (SKS), SP Kanton Bern und Grüne Kanton Bern

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Samstag, 12. Oktober 2013

Atomstrom teurer und teurer

Eine Studie sieht die Atomkraft am Ende. Die EU-Kommission stoppt ihre Förderpläne für AKW - zwei bemerkenswerte Entwicklungen, die das Portal klimaretter.info miteinander verknüpft.

Atomenergie wird den Wettbewerb auf dem Energiemarkt verlieren. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Wiener Umweltanwaltschaft: Zwischen 2003 und 2009 sind demnach die Baukosten um jährlich 15 Prozent gestiegen – von 2.000 auf 4.000 US-Dollar je Kilowatt Atomkraft-Leistung. Ohne staatliche Beihilfen wie Kreditgarantien, Steuererleichterungen oder garantierte Abnahmepreise sei damit derzeit in Europa kein Neubau über die Strompreise refinanzierbar, so die Autoren. In Bangladesch war Anfang Oktober der Grundstein für das erste AKW des Landes gelegt worden.

Die EU-Kommission hat nun aber Frankreich, Großbritannien und Tschechien nicht erlaubt, Atomkraftwerke stärker zu fördern. Der französische Energiekonzern Electricité de France (EdF), einer der größten Stromerzeuger weltweit, fordert für die Erneuerung seines atomaren Kraftwerksparks eine gesetzlich garantierte Einspeisevergütung für Atomstrom in Höhe von 11,5 Cent je Kilowattstunde. Nur damit könnten neue Reaktoren wirtschaftlich betrieben werden. Im Oktober neu gebaute Groß-Solaranlagen erhalten in Deutschland erstmals weniger als zehn Cent – weniger als der Atomstrom. "Wir sollten nicht den Anschein erwecken, dass wir die Atomenergie mit den erneuerbaren Energieträgern gleichsetzen wollten", erklärte Energiekommissar Günther Oettinger laut dem Portal nachrichten.at den Rückzug.

Die EU-Umwelt- und Energie-Beihilferichtlinie regelt, welche Subventionen auf dem Energiesektor durch die Mitgliedstaaten gezahlt werden dürfen. Die Atomstaaten Frankreich, Tschechien und Großbritannien hatten beantragt, bei der Novellierung der Richtlinie die Subventionen für Atomstrom denen für Ökostrom gleichzustellen. Wettbewerbskommissar Joaquin Almunia hatte bislang die Atom-Nationen unterstützt, zog aber am Mittwoch seinen Entwurf für 2014 bis 2020 zurück.

Unterdessen hat der deutsche Physiker Sebastian Pflugbeil ein ausgesprochen pessimistisches Bild von der milliardenschweren Rettungskampagne in Fukushima gezeichnet. "Die Wahrscheinlichkeit, dass die Rettung gelingt, geht gegen Null", sagte Pflugbeil den Deutschen Wirtschaftsnachrichten. Die Folgen werde die gesamte Nordhalbkugel der Erde zu spüren bekommen. Pflugbeil: "Die Menschheit könnte beim Scheitern der Versuche, die gebrauchten Brennelemente des KKW Fukushima zu bergen, in einer bisher nicht gekannten Weise durch Strahlen geschädigt werden."

Quelle: klimaretter.info

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Donnerstag, 10. Oktober 2013

Fukushima-Strahlung steigt und steigt

In der Umgebung des japanischen Atomkraftwerkes Fukushima steigt die atomare Strahlung drastisch an. Im Meerwasser eines der beschädigten Reaktoren des AKW wurden die höchsten Werte seit zwei Jahren gemessen - ein Bericht des deutschen Deutsche-Welle-Portals. 

Die Hiobsbotschaften aus der Atomruine Fukushima reißen nicht ab. Wie der Betreiberkonzern Tepco mitteilte, ergaben Proben innerhalb einer Barriere im Hafen des AKW eine 13-fach höhere Belastung mit Cäsium gegenüber Proben vom Tag zuvor. Tepco vermutet Bauarbeiten als Ursache. Demnach wurde der Uferbereich gegen den Zufluss von Grundwasser abgedämmt, um ein weiteres Auslaufen von verseuchtem Wasser ins Meer zu verhindern. Dabei sollen Teile des mit Cäsium verseuchten Erdbodens ins Wasser gefallen sein.

Erst am Mittwoch waren sechs Arbeiter mit radioaktivem Wasser in Berührung gekommen, weil bei Arbeiten an einer Dekontaminierungsanlage versehentlich ein Schlauch abgetrennt worden war. Die Arbeiter seien jedoch schnell dekontaminiert worden und zeigten keine gesundheitlichen Probleme, erklärte die Betreibergesellschaft. Es habe sich überwiegend um Beta-Strahlen gehandelt, die nicht durch die Arbeitsschutzkleidung dringen, hieß es. Bei der Panne waren schätzungsweise sieben Tonnen radioaktives Wasser ausgelaufen. Da der betroffene Bereich aber mit Beton abgegrenzt sei, habe kein Wasser ins Erdreich gelangen können, so Tepco. Im Ozean wurden nach Angaben von Tepco-Mitarbeitern keine erhöhten Strahlungswerke gemessen.

Der AKW-Betreiber Tepco kämpft mit immer gewaltigeren Massen an verseuchtem Wasser auf dem Gelände des Atomkraftwerks. Es stammt aus der Kühlung der beim Erdbeben und Tsunami 2011 beschädigten Reaktoren. Zusätzlich sickert täglich Grundwasser ein und mischt sich dort mit dem Kühlwasser. Daher pumpt Tepco ständig Wasser ab und lagert mittlerweile mehr als 300.000 Tonnen davon in rund 1000 Tanks, die jedoch bald nicht mehr ausreichen und zum Teil anfangen zu lecken. Tepco will daher den Bau weiterer Tanks beschleunigen. 

Ein spezielles Filtersystem soll die radioaktiven Substanzen aus dem Kühlwasser beseitigen. Aber auch das bereitet ständig Probleme. Medienberichten zufolge soll die japanische Regierung die Internationale Atomenergiebehörde (IAEO) um Hilfe gebeten haben. Ein Team von Experten der Organisation soll sich demnach in der kommenden Woche vor Ort ein Bild von der Sanierung der Schäden rund um die havarierte Atomanlage machen. Zuletzt wurden fast täglich Probleme aus dem AKW bekannt, die zumeist auf Fahrlässigkeit zurückzuführen waren.

Quellen:  Deutsche-Welle und Agenturen dpa, rtr, afp

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Mittwoch, 18. September 2013

Mehrheit lehnt Atomenergie ab

Die Schweizer Bevölkerung steht der Atomenergie zunehmend kritisch gegenüber. 57 Prozent lehnen sie laut einer Umfrage des Bundes ab. Fast alle finden zudem, dass die Entsorgung radioaktiver Abfälle jetzt angepackt werden muss, dies trotz Zweifeln an einer sicheren Lösung.


In einer ersten Erhebung des Bundesamtes für Energie (BFE) hatten sich 1998 noch 52 Prozent eher oder vollständig gegen die Atomkraft ausgesprochen. 41 Prozent befürworten gemäss der neuen Umfrage vom Juni 2013 diese Energieform, gegenüber 40 Prozent vor fünf Jahren, wie das BFE am Mittwoch mitteilte (im Bild das weltälteste AKW in Beznau).  Mit 34 Prozent ist die Zustimmung bei den Frauen geringer als bei den Männern, von denen sich 49 Prozent zur Atomenergie bekennen. In der Deutschschweiz, wo alle fünf AKW des Landes stehen, zählen sich zwischen 43 und 46 Prozent zu den Befürwortern, mehr als in den anderen Landesteilen mit jeweils 33 Prozent. 
   
95 Prozent der gut 1000 Befragten sind laut BFE der Ansicht, dass jetzt eine konkrete Lösung für die Entsorgung der radioaktiven Abfälle gefunden werden muss und das Problem nicht nachfolgenden Generationen überlassen werden darf (2008: 97%). Allerdings denken heute 82 Prozent, dass es kein sicheres Rezept dafür gibt. 2008 waren es noch 77 Prozent. Für die Hälfte der Befragten ist die geologische Tiefenlagerung die am besten geeignete Methode für die langfristige Lagerung. Falls ein solches Lager in ihrer Nähe gebaut würde, befürchten ebenfalls 50 Prozent mögliche Auswirkungen auf Gesundheit und Umwelt. 28 Prozent beunruhigt, dass radioaktive Stoffe entweichen könnten. Annähernd zwei Drittel (63%) der Befragten fühlen sich über radioaktive Abfälle zu wenig informiert. So geht fast die Hälfte fälschlicherweise davon aus, dass die Schweiz derzeit Atommüll im Meer versenkt. 71 Prozent wissen, dass es verschiedene Abfallkategorien gibt, 85 Prozent halten alle davon für sehr gefährlich. 

Informationen zu diesem Themenkreis werden vor allem dann als vertrauenswürdig eingeschätzt, wenn sie von unabhängigen Quellen stammen, insbesondere von Nichtregierungsorganisationen (38%), Wissenschaftlern (36%) und internationalen Organisationen, die sich für die friedliche Nutzung der Atomenergie einsetzen (33%). 32 Prozent erachten die Informationen der Nagra als vertrauenswürdig, deutlich mehr als 2008 (24%). Nur rund ein Fünftel (21%) vertraut den Verlautbarungen des Bundesrates und der Nuklearindustrie, nur 7 Prozent den Medien. 

Quelle: SDA / Bild: Guntram Rehsche

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Montag, 16. September 2013

Brasilien verzichtet auf neue AKW

Mehrere Schweizer Medien berichten relativ prominent über den Ausstieg Brasiliens aus der Atomkraft - die grossen Zeitungen bleiben allerdings kleinlaut - hier ein Querschnitt aus der Schweizer Presse.

In Folge der Katastrophe im japanischen AKW Fukushima kehrt auch Brasilien der Atomenergie den Rücken und will stattdessen auf Windenergie setzen. Es sei unwahrscheinlich, dass die Regierung an ihren bisherigen Plänen festhalte und bis 2030 vier neue Atomreaktoren bauen werde, sagte Mauricio Tolmasquim, Chef der staatlichen Energieplanungsbehörde, in einem am Sonntag veröffentlichten Interview der Nachrichtenagentur Reuters.

In Deutschland war Kritik an der Exportförderung zugunsten eines brasilianischen AKW aufgekommen.







Wie viele AKW in Brasilien stattdessen entstehen sollen, wollte er jedoch nicht sagen. Derzeit ist in Brasilien ein Atomkraftwerk im Bau - ausgestattet mit Technologie von Siemens -KWU. Nach dem Zwischenfall in Japan seien die Pläne für den Bau von AKW zunächst auf Eis gelegt worden, erklärte Tolmasquim. "Dies ist der grosse Moment der Windenergie", fügte er hinzu. Der Erfolg dieser Technologie führe derzeit dazu, dass auch die Ambitionen für Solarenergie gestutzt würden. Wind-Strom koste in Brasilien nur etwa ein Viertel von Solar-Strom.

Das rasante Wirtschaftswachstum in Brasilien hat den Bedarf an Energie in den vergangenen Jahren drastisch erhöht. Derzeit deckt das Land noch rund 75 Prozent der Nachfrage mit Wasserkraft. Dadurch ist die Wirtschaft jedoch verwundbar für Trockenperioden geworden. 

Quellen: SDA / Luzerner Zeitung / Blick

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Sonntag, 1. September 2013

44 Jahre Beznau sind genug

Ein Dutzend Greenpeace-Aktivistinnen und Aktivisten haben am Wochenende vor dem ältesten AKW der Welt ein drei Meter grosses und mehrere hundert Kilogramm schweres Mahnmal aufgestellt, um in Erinnerung zu rufen, dass die Schweizerinnen und Schweizer keine Versuchskaninchen sind: „Stoppt das Experiment: Beznau abschalten!“, steht auf Bannern der friedlichen Protestaktion, die noch läuft.

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„Das AKW Beznau ging vor genau 44 Jahren ans Netz und entspricht überhaupt nicht mehr dem Stand der Technik. Wir haben weltweit keine Erfahrung mit einem derartig uralten AKW“, sagt Greenpeace-Atomcampaigner Florian Kasser. Mit jedem weiteren Betriebstag wird ein grossflächiges Experiment durchgeführt, bei dem wir alle als Versuchskaninchen dienen.

Dass zwei Drittel der Schweizer Bevölkerung Angst vor Atomkraftwerken hat, wie kürzlich eine ETH-Studie ergab, überrascht absolut nicht: „Das AKW Beznau weist besorgniserregende Sicherheitsmängel auf: die unzuverlässige Notstromversorgung sowie Risse im Reaktordeckel und Korrosion im Stahlcontainment“, sagt Kasser. Zudem ist der Sicherheitsbehälter nicht genügend dick, um einem Flugzeugabsturz standzuhalten, und die Anlage nicht ausreichend gegen Hochwasser und Erdbeben gesichert.

Die Auswirkungen eines Unfalls wie in Fukushima wären katastrophal: In der dichtbesiedelten Schweiz, aber auch im Rest Europas und insbesondere in Deutschland - das nur ein paar Kilometer von der Anlage entfernt ist - würde es zu einer grossflächigen Verstrahlung kommen. Derzeit investiert der Energiekonzern Axpo 700 Millionen in die Nachrüstung der Altreaktoren. Diese Investitionen sind absurd: Um die beiden Reaktordeckel zu ersetzen, müssen riesige Löcher in den Sicherheitsbehälter der beiden Anlagen gebohrt werden, weil die normalen Eingangsschleusen zu eng sind. Solche Massnahmen sind gefährlich und lösen die Probleme keineswegs: Verschiedene Defizite können aus räumlichen und bautechnischen Gründen nicht behoben werden.

Mit der Aktion verlangen die Greenpeace-Aktivisten deshalb von der Axpo, dass sie sofort einen Schlussstrich zieht und die Anlage abschaltet: Das ersparte Geld muss der Betreiber in den Ausbau von erneuerbaren Energien investieren. Seit 1997 gab es im AKW Beznau 40 meldepflichtige Störfälle, Tendenz steigend. Kein Wunder: Die Anlage ist altersbedingt besonders anfällig. „In Deutschland hat man das annähernd gleich gebaute Atomkraftwerk Obrigheim trotz einem Antrag des Betreibers auf Verlängerung der Laufzeit stillgelegt“, schrieb kürzlich in der NZZ am Sonntag Dieter Majer, ehemaliger Leiter des Bereichs „Sicherheit kerntechnischer Anlagen“ im deutschen Bundesumweltministerium. Und dies, wohlgemerkt, nach 36 Jahren Laufzeit.

Weltweit wurden Siede- und Druckwasserreaktoren bereits viel früher, das heisst im Durchschnitt nach 23 Jahren, stillgelegt, wie eine Auswertung der Statistiken der Internationalen Atomenergie-Agentur zeigt. „Eine allgemeine Laufzeitbeschränkung von 40 Jahren, wie sie Greenpeace und andere Organisationen mit einer Petition verlangen, ist deshalb nicht anderes als dringend und internationaler Standard“, sagt Kasser.

Quelle: Greenpeace

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Mittwoch, 28. August 2013

SES: Nagra und AKW entflechten

Am Mittwoch hat der Bundesrat das Entsorgungsprogramm gut geheissen. Doch damit ist es nicht getan: Das Konzept der Tiefenlagerung ist unausgereift und es gibt noch unzählige ungelöste Probleme. Um eine möglichst sichere Lösung anzustreben, ist es entscheidend, Nagra und AKW-Betreiber zu entflechten, meint die Schweizerische Energiestiftung (SES) in einer Stellungnahme.


Das vorliegende Entsorgungsprogramm wurde 2008 von der Nagra erstellt. Heute hat der Bundesrat das Entsorgungsprogramm mit Verfügungen gut geheissen. Ziel des Entsorgungsprogramms ist es, die nötigen Schritte auf dem Weg zu einem Tiefenlager festzulegen.

Konzept der Tiefenlagerung ungenügend
«Wir brauchen eine Lösung für den Atommüll», sagt Sabine von Stockar, SES-Projektleiterin. «Leider genügt das Konzept, auf dem das Entsorgungsprogramm beruht, bei weitem nicht.» Am Tiefenlagerungskonzept bleiben zu viele technische Fragen offen und Langzeitfragen werden nicht angemessen berücksichtigt. «Genau die Problematik des schier endlosen Zeitraumes liegt in der Natur der Sache von radioaktivem Material und ist deshalb von zentraler Bedeutung für die Sicherheit von Mensch und Umwelt. Eine Aus-den-Augen-aus-dem-Sinn-Lösung reicht dabei nicht», so von Stockar.

Mängel an Entsorgungsprogramm
Die SES sieht zudem nach wie vor erhebliche Mängel im Entsorgungsprogramm der Nagra und im aktuellen Verfahren, insbesondere in folgenden Bereichen:
  • Das Entsorgungsprogramm hält fest, dass die Nagra die Bevölkerung über die ganze Thematik informiert. Doch die Nagra hängt am Tropf der AKW-Betreiber. Die Informationen, die die Bevölkerung erhält, sind interessensgesteuert und einseitig. (Vgl. Wanderausstellung Timeride).
  • Es gibt noch kein Lagerkonzept, obwohl dies für die Sicherheit eines Lagers entscheidend ist.
  • Geld für eine eventuelle Rückholung ist nicht vorgesehen.
Die Schweizerische Energie-Stiftung SES fordert vom Bundesrat, sich mit dieser Lösung nicht zufrieden zu geben, und eine Entflechtung zwischen Nagra und AKW-Betreibern anzustreben.

Sonntag, 4. August 2013

Atom kontra Solar

Es sind zwar ein paar saure Gurken darunter, aber von Ereignislosigkeit lässt sich diesen Sommer in der Energiebranche nicht sprechen. Da bringt zum Beispiel ein Erdbeben einen der Pfeiler der Energiewende ins Wanken – diese selbst wankt aber kaum. Denn Wind- und Solarenergie machen unaufhörliche Kostenfortschritte, wenn das auch hierzulande auf wenig Resonanz stösst. Aber dass sich bisherige Atombefürworter nun von der Kernenergie aus Kostengründen abwenden, lässt aufhorchen. Ein sommerlicher Kommentar des Solarmedia-Autors Guntram Rehsche.

Was die tschechische Regierung anfangs vergangener Woche verlauten liess, kommt einer Sensation nahe (siehe Artikel Solid vom 26.7.13). Zumal sich die polnische Administration zuvor schon ähnlich geäussert hatte. Hingehört haben allerdings nur wenige – darum sei es hier eingangs klar fest gehalten: Beide Länder verabschieden sich von ihren atomaren Ausbauplänen, nachdem sie zuvor als wichtige Pfeiler der (vermeintlichen) Atom-Renaissance galten. Der Grund für die Abkehr liegt in den aktuell tiefen Strompreisen sowie in der Aussicht, dass sich unter anderem auch durch das schnelle und heftige Aufkommen der Erneuerbaren Energien dieser Preiszerfall kaum so schnell ins Gegenteil verwandelt.

Es ist schon so: Während in den USA die Fracking- oder Schiefersandwunder zumindest vorderhand zusätzliche Energien mit preisdämpfender Wirkung über den Strommarkt ergiessen, ist es in anderen Weltgegenden, vor allem natürlich in Europa, der Wind- und Solarstrom, der plötzlich als Strommarktsäule erkannt wird. Erkannt werden muss, sei hier gesagt, denn noch vor wenigen Jahren war deren Ergiebigkeit durch die herkömmliche Stromlobby bestritten. Ein deutscher Strom-CEO versteifte sich einst gar zur Aussage, Erneuerbare seien etwa so ergiebig wie Ananas-Plantagen in Grönland. Und ein Schweizer Pendant meinte, mehr als wenige Prozent gäben die Erneuerbaren hierzulande niemals her. Der erste (Grossmann von RWE) wurde unterdessen aus dem Amt gedrängt. Der zweite (Karrer von der Axpo) ist noch der letzte Mohikaner unter den CEO der grossen vier in der Schweiz, der seine Haut bislang retten konnte. Jede Wette – auch er macht es nicht mehr allzulange, zumal noch Gefahr droht von der Gasfront, hat Karrer doch das Axpo-Engagement in der so genannten TAP-Leitung zu verantworten.

Ein anderer Schweizer Spitzen-Stromer ist zwar noch Verbandschef, doch seinen operationellen Posten bei der BKW ist er los. Trotzdem durfte er in der Sendung 10vor10 wieder einmal sein altes Credo vertreten, beflügelt durch das vermeintliche Desaster beim St.Galler Geothermie-Projekt. Die Schätzungen zu den Potentialen der Erneuerbaren auf Grundlage des hiesigen Projekts Energiewende 2050 seien weit überrissen, meinte Kurt Rohrbach – und blieb fast unwidersprochen. Immerhin – das Potential der Sonnenenergie fand Erwähnung aufgrund des unterdessen auf 0,6 Prozent angestiegenen solaren Stromanteils am Schweizer Gesamtmarkt. Wohl schon zu Ende des laufenden Jahres dürfte hierzulande die Ein-Prozent-Hürde überschritten werden. Andere Staaten machen vor, wie auch das Zehnfache möglich und Realität ist (Deutschland, Italien, Spanien und Belgien) oder demnächst sein wird (Japan, China, USA).

Da kommt nun einer – und das ist sein gutes demokratisches Recht – und ergreift das Referendum gegen das neue Energiegesetz. Basierend wiederum auf der Annahme geringer Ergiebigkeit und hoher Kosten der Erneuerbaren. Vielleicht gar nicht so schlecht, käme dieses Referendum zustande – dann würde die Sache endlich in der Breite diskutiert und kämen endlich auch die aktuellen Fakten auf den Tisch. Angefangen bei der zu teuren Atomkraft (siehe oben, aber auch die chinesische Regierung, die den Preis für Atomstrom ab neuem Werk unterdessen bei rund sieben Rappen je Kilowattstunde sieht), der keinesfalls vorhandenen Alternative – bis hin zu den stark gesunkenen Preisen für Solaranlagen, aber auch den Möglichkeiten von Kleinwasserkraft, Windenergie und Biomasse – die Geothermie mal beiseite gelassen.

Eine Gefahr droht den Erneuerbaren allerdings wirklich – dieser allgemeine Strompreiszerfall, der die Konkurrenzfähigkeit in die weitere Ferne rücken liesse. Aber so weit ist es noch nicht, und so weit wird es vielleicht auch gar nicht kommen. Wenn klar wird, auf welcher Ebene sich gerade in der Schweiz der Kampf abspielen wird – atomarer Strom (auch aus dem Ausland) versus solarer Energieerzeugung, die wahrlich das Zeugs hat, zusammen mit einer klugen Effizienzstrategie den Atomstrom aus dem Markt zu drängen. Eingedenk dessen, dass dieser Markt immer ein politisch stark beeinflusster sein wird, also die rein wirtschaftliche Überlegung sich allein kaum durchsetzen kann. Das Referndum ist dann der erste, aber sicher nicht der letzte Kampf um die Energiezukunft der Schweiz.

©  Solarmedia  / Bild Charlie Shailer

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Sonntag, 21. Juli 2013

Der Tod des Helden von Fukushima

Der Tod des Helden kennzeichnet normalerweise den letzten Akt eines Dramas. Der Held Masao Yoshida ist tot. Durch eine bewusste Befehlsverweigerung, die wahrscheinlich den verheerenden Supergau ein bisschen weniger verheerend machte, wurde der Leiter des Atomkraftwerk Fukushima- Dajichi zum Held.  Das Drama allerdings geht weiter.

Der Held (siehe Bild) starb mit 58 Jahren an Speiseröhrenkrebs. Einen Zusammenhang zwischen der Krebserkrankung und dem Atomunfall schließt der Betreiber des verunglückten Kernkraftwerkes jedoch aus. Das Schicksal von Masao Yoshida erfährt, aufgrund seines Einsatzes für die Rettung des Kraftwerkes, in der internationalen Presse große Aufmerksamkeit. Nur eine Randnotiz wert sind die Aussagen des Zwischenberichts des Fukushima Health Management Survey der Präfektur Fukushima. Hier werden die vorläufigen Befunde der klinischen Untersuchung der Schilddrüse von Kindern und Jugendlichen der Präfektur Fukushima veröffentlicht. Der Bericht unterscheidet zwischen gutartigen Veränderungen in der Schilddrüse in Form von Zysten und Knoten und bösartige Veränderungen, allgemein bekannt als Schilddrüsenkrebs. Diese Art von Tumoren zählt grundsätzlich zu den selteneren Krebsarten. Diagnostiziert wird er in der Regel bei Menschen in mittlerem und höherem Erwachsenenalters. Eine bösartige Erkrankung der Schilddrüse bei Kindern ist selten.

In Fukushima wurden 175.499 Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren untersucht. In 43 % der Fälle wurden gutartige Zysten oder Knoten in der Schilddrüse festgestellt. Nach Angaben der Organisation Internationaler Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW) sind diese auffälligen Befunde bei Kindern, anders als bei Erwachsenen, als Vorstufe von bösartigen Veränderungen zu sehen. Insgesamt wurden rund 1.000 Kinder aufgrund besonders schwerwiegender Diagnose zu einer Zweituntersuchung einbestellt. Mittlerweile wurden 421 Kinder zum zweiten Mal untersucht. Bei 28 Kindern wurden krebsverdächtige Zellen gefunden. 13 Kindern wurden mittlerweile die Schilddrüsen entfernt. Ein Fall stellte sich als gutartiger Tumor heraus, in 12 Schilddrüsen wurde Schilddrüsenkrebs bestätigt.

Die bisherigen Ergebnisse sind nach Angaben der IPPNW ein Zwischenstand, da die Untersuchungen noch nicht abgeschlossen sind. Doch bereits mit den bisherigen Zahlen läge der Indize bei 6,8 Erkrankten bei 100.000 Menschen. Aufgrund der Zahlen des Nationalen Krebszentrums in Japan zu Neuerkrankungen in der Bevölkerung aus den Jahren 2001 - 2007 wäre ein Indize von etwa 0,35 zu erwarten gewesen. Die IPPNW ergänzt, dass die dem Zwischenbericht zugrunde liegende Reihenstudie nicht komplett vergleichbar mit den Neuerkrankungszahlen in der Bevölkerung ist. Deshalb sehen japanische Wissenschaftler derzeit auch keinen Zusammenhang zwischen den hohen Erkrankungszahlen und dem Atomunglück in Fukushima.

Da die Entfernung der Schilddrüse für die Betroffenen ein schwerwiegender Eingriff ist, der lebenslange Konsequenzen verursacht, stellt sich die Frage, wie mit den Betroffenen umgegangen wird und welche Schlussfolgerungen aus ihrem Schicksal gezogen werden. In Deutschland können wir erleichtert aufatmen - das Drama der nuklearen Stromerzeugung neigt sich hier dem Ende zu.

Der Atomausstieg in Deutschland ist beschlossen, 2022 geht das letzte deutsche Atomkraftwerk vom Netz. Nick Butler, Energieexperte der Financial Times, bezweifelt Anfang Juni 2013, dass das Ende der Atomkraft in Deutschland tatsächlich so sicher ist. Er geht davon aus, dass bei einer Verlängerung der Regierungszeit von Angela Merkel nach den Bundestagswahlen 2013 eine Verlängerung der Laufzeiten der deutschen Kernkraftwerke wieder möglich sein wird. Konkret spricht er von Laufzeitverlängerungen bis 2032. Und so ist der Tod des Helden Masao Yoshida eben nicht der letzte Akt des Dramas. Nicht des Dramas in Fukushima, nicht des Dramas der Kernenergie in Japan und leider auch nicht des Dramas der Kernenergie in Deutschland.

Donnerstag, 11. Juli 2013

So sieht die AKW-Renaissance aus

Am Donnerstag wurde der neue World Nuclear Industry Status Report 2013 publiziert. Er zeigt, dass die Atomenergie weltweit weiterhin rückläufig ist. Die erneuerbaren Energien hingegen sind weiter auf dem Vormarsch. Ausserdem wird durch den Bericht erneut deutlich, wie überaltert die Schweizer Reaktoren im weltweiten Vergleich sind. Der Report wurde von der Schweizerischen Energie-Stiftung SES unterstützt.

Die Atomenergie ist weiter massiv rückgängig. 2012 wurden gerade noch 10% des weltweiten Stroms mittels der Atomenergie gewonnen. Damit liegt der Anteil 7 Prozentpunkte unter dem Maximum von 17%, das bereits Anfang der 90er-Jahre erreicht wurde. Die 5 grossen Atomenergie-Nationen USA, Frankreich, Deutschland, Südkorea und Russland, die zusammen 67% des Atomstroms produzieren, haben 2012 alle weniger Atomstrom produziert als im Vorjahr. Und auch die Zahl der Atomkraftwerke weltweit ist rückläufig. In den letzten 10 Jahren sind 34 neue Reaktoren ans Netz gegangen, wohingegen 53 Reaktoren heruntergefahren worden sind.

Von 15 beurteilten AKW in den letzten 5 Jahren hat die Rating-Agentur Standard and Poor’s 10 abgewertet und lediglich ein einziges aufgewertet.
Insgesamt beschreibt die Agentur Investitionen in die Atomenergie als risikoreich. Der Aktienwert des grössten AKW-Bauers AREVA sank in den letzten 5 Jahren um 88% und auch der Wert der weltweit grössten Betreiberfirma (der französischen EDF) sank im gleichen Zeitraum um 85%. Die Atomenergie scheint abgeschrieben zu sein und befindet sich offensichtlich seit geraumer Zeit im Sinkflug.
Das weltweite Durchschnittsalter der sich am Netz befindenden Reaktoren liegt bei 28 Jahren, das der abgeschalteten Reaktoren bei 24 Jahren. In der Schweiz hingegen liegt das Durchschnittsalter der AKW bei erschreckenden 38 Jahren. Abgeschaltet gehören deshalb besonders die drei Uralt-Reaktoren Beznau I + II und Mühleberg mit 44, 42 und 41 Dienstjahren.

Klar ist: Die Zukunft gehört den Erneuerbaren. Im Jahr 2012 wurden 268 Milliarden US-Dollar in erneuerbare Energien investiert, 4 mal soviel wie 2004. Den Rückgang der Atomkraft und den Boom der Erneuerbaren belegen auch folgende Zahlen: Seit der Jahrtausendwende wurden 266 GW Windenergie und 99 GW Sonnenenergie - aber nur 9 GW Atomenergie weltweit installiert. Das sind über 40 mal soviel neu installierte GW erneuerbare Energie als Atomkraft.

Quelle: Schweizerische Energie Stiftung 

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Montag, 8. Juli 2013

Tepco will Reaktoren reaktivieren

TEPCO, Betreiber des havarierten Atomkraftwerks Fukushima, will nun einen Antrag auf ein Wiederhochfahren seiner weiteren Reaktoren in einem anderen Gebiet Japans stellen. Patricia Lorenz, Atomsprecherin von GLOBAL 2000, ist alarmiert: "Man kann nur hoffen, dass die Aufsichtsbehörde keine Genehmigung erteilt."

"Nur zwei Jahre nach der Katastrophe von Fukushima ist es einfach nicht glaubwürdig zu behaupten, dass das gesamte Nukleare Aufsichtssystem und die Sicherheitskultur in Japan bereits so verbessert worden wären, dass Atomkraftwerke an den wohl riskantesten Standorten der Welt sicher betrieben werden können." Das von TEPCO nun für das Wiederanfahren vorgesehene Atomkraftwerk Kashiwazaki-Kariwa ist nicht nur das weltgrößte (sieben Reaktoren mit einer Leistung von über 8.000 Megawatt - siehe Bild), sondern auch eines der am stärksten von Erdbeben gefährdeten - bereits wiederholt kam es in der Region zu schweren Erschütterungen der Erde: 2004 erreichte ein Beben den Wert 6,9 auf der Richterskala, 40 Menschen starben, 6000 Häuser in der Präfektur Niigata wurden zerstört. 2007 kam es zu einem ähnlichen Beben: Bei den Notabschaltungen entstanden am Atomkraftwerk Kashiwazaki-Kariwa schwere Schäden, Brände und Austritte von radioaktivem Wasser. Lorenz erzählt: "Es ist besteht keine Einigkeit, dass keine stärkeren Beben möglich wären, immer wieder treten renommierte Geologen an die Öffentlichkeit und informieren über bewusste Vertuschung von aktiven Brüchen etwa unter dem AKW Kashiwazaki-Kariwa."

Zusammen mit den Alterungsfaktoren ergibt sich eine riskante Kombination: Der erste Reaktor an diesem Standort ist bereits seit 1985 in Betrieb, erreicht somit in zwei Jahren das Lebensdauerende und sollte gar nicht mehr angefahren werden. "Dass die Sicherheitskultur nach Fukushima nicht radikal geändert wurde, zeigt der Betreiber TEPCO selbst während der Aufräumarbeiten nach Fukushima, wo immer wieder vertuscht und beschönigt wurde", sagt Lorenz abschließend. 


Quelle: Global 2000

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Freitag, 5. Juli 2013

Österreich: Verzicht auf A-Strom

Die Umsetzung einer lückenlosen Stromkennzeichnung in der EU unterstützt den europäischen Atomausstieg. Österreich verzichtet gänzlich auf Import von Atomstrom. 

Nach drei Anti-Atomgipfeln zwischen Bundesregierung, Umweltorganisationen, und der E-Wirtschaft wurde im Parlament die hundertprozentige Atomstromfreiheit Österreichs beschlossen. „Was lange währt, wird mit der Annahme des Gesetzes endlich gut. Das ist ein Jubeltag für Österreich“, freut sich Reinhard Uhrig, Geschäftsführer von GLOBAL 2000. Der nächste Schritt ist nun, die Atomstromfreiheit Österreichs auf europäischer Ebene durchzusetzen. „Österreich ist europäischer Vorreiter bei der Stromkennzeichnung. Eine neue österreichische Anti-Atom-Allianz zwischen Regierung, Parteien, Wirtschaft und Umweltorganisationen muss jetzt dafür sorgen, dass weitere EU-Länder nachziehen“, setzt Alexander Egit, Geschäftsführer von Greenpeace, nach.

Das Gesetz zur Novellierung des ElWOG (Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz) sieht vor, dass jede Kilowattstunde Strom, die nach Österreich importiert wird, mit einem Herkunftszertifikat versehen wird. Es wird also nicht mehr möglich sein, 1/3 Atomstromanteil im sogenannten Graustrom zu verstecken. Damit setzt Österreich als erstes Land konsequent die europäischen Richtlinien zu einer transparenten Stromversorgung um. „Für die österreichischen Konsumentinnen und Konsumenten beginnt ein neues Zeitalter. Nicht nur können sie nun selbst ausschließlich Strom aus atomfreien Quellen beziehen, sie können auch sicher sein, dass für in Österreich produzierte Güter kein Atomstrom verwendet wird“, erläutert Egit.

Besonders erfreut sind die Umweltorganisationen darüber, dass die Regierungsparteien auch die umstrittene Ausnahmeregelung gestrichen haben, die den Anteil für Pumpverluste von Pumpspeicherkraftwerken von der Kennzeichnungspflicht ausgenommen hätte. „Die Bundesregierung hat Mut bewiesen, indem sie auch dieses letzte Schlupfloch geschlossen hat. Damit kann Österreich mit gutem Gewissen als Transparenz-Europameister bezeichnet werden“, bewertet Uhrig den Gesetzestext.

Als notwendigen nächsten Schritt bezeichnen die Geschäftsführer der beiden Umweltorganisationen, dass das österreichische Engagement gegen Atomkraft nun konsequent auf die europäische Ebene weiter getragen wird. Die österreichische Bundesregierung muss nun gemeinsam mit Umweltorganisationen und Energieversorgungsunternehmen Sorge für ein Nachziehen weiterer Länder tragen. „Der Fokus liegt jetzt ganz klar auf der flächendeckenden Stromkennzeichnung in Europa. Besonders das Atom-Ausstiegsland Deutschland sollte rasch dem österreichischen Beispiel folgen. Es ist zu wenig, die eigenen Atomkraftwerke abzuschalten, dann aber das Risiko zu exportieren und den Atomstrom zu importieren“, so der Tenor.

Dienstag, 25. Juni 2013

Polen verzichtet auf Bau neuer AKW

Wie Polens Regierungschef Donald Tusk bekannt gab, kann sich das Land den Bau zweier geplanter Atomkraftwerke nicht leisten. Die Deutsche Energie Agentur (Dena) reagierte positiv auf diese Entscheidung. Die Dena ist der Auffassung, dass Polen zur Deckung seines Energiebedarfs nicht auf Atomkraft angewiesen ist. 

Die Dena reagierte erleichtert auf die Ankündigung Polens (Landesumrisse und Nationalflagge siehe links) vorerst keine neuen Atomkraftwerke zu bauen. Für die beiden geplanten Atomkraftwerke würden Investitionen von rund 12,5 Milliarden Euro fällig werden, ein Betrag, den sich Polen laut Regierungschef Donald Tusk derzeit nicht leisten kann. Gebaut werden sollten beide AKWs nahe der Ostsee. Während das erste bereits 2024 fertiggestellt sein sollte, hätte ein zweiter Meiler einige Jahre später folgen sollen.

Die Deutsche Energieagentur (Dena) begrüßte die Entscheidung der polnischen Regierung. Neben einigen Sicherheitsbedenken ist die Dena der Auffassung, dass Polen nicht zwangsweise auf die Nutzung von Atomenergie angewiesen sei. Vielmehr habe Polen nun die Möglichkeit in moderne fossile Kraftwerke und den Ausbau der regenerativen Energien zu investieren.

In einer Pressemitteilung der Dena meinte Stephan Kohler, der Vorsitzende der Geschäftsführung der Deutschen Energie Agentur: „Die polnische Regierung hat eine sehr vernünftige Entscheidung getroffen, die bisherigen Pläne bezüglich des Baus neuer Atomkraftwerke auf Eis zu legen. Die Atomenergie ist nicht nur ökologisch und sicherheitstechnisch sehr problematisch. Die Errichtung von Atomkraftwerken ist eine sehr kostspielige Angelegenheit. Sie bindet sehr viel Kapital, und zwar auf lange Zeit. Diese Zeit können unsere polnischen Nachbarn jetzt nutzen, um den Bau moderner fossiler Kraftwerke und den Ausbau der erneuerbaren Energien voranzutreiben.“

Quelle: energie-news.net

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Montag, 24. Juni 2013

Aus für US-AKW

Voller Stolz hatte das atomfreundliche Nuklearforum vor kurzem noch ein Revival der US-Atomindustrie vermeldet, nun aber kommt ein Tiefschlag: Die Southern California Edison (SCE) – Eigentümerin des amerikanischen Kernkraftwerks San Onofre – legt ihr Werk wegen wirtschaftlichen Unsicherheiten sofort still. 

San-Onofre-2 und -3 befinden sich seit Januar 2012 wegen vorzeitiger Abnutzung der Dampferzeugerrohre im kalten Abschaltzustand. In den Jahren 2009 und 2010 hatte die SCE die Dampferzeuger der beiden Kernkraftwerksblöcke ersetzen lassen. Die neuen Dampferzeuger stammten von der japanischen Mitsubishi Heavy Industries Ltd. (MHI). Im Januar 2012 entdeckte die SCE ein Leck in den Dampferzeugerrohren von Block 3. Block 2 befand sich damals schon in einem Revisionsstillstand. Beide Einheiten sind seither abgeschaltet, denn die Nuclear Regulatory Commission (NRC) entschied, den Betrieb erst wieder freizugeben, wenn die SCE einen Plan zur Vermeidung einer weiteren zu schnellen Abnutzung der Dampferzeugerrohre vorgelegt hat und die NRC nach unabhängiger Überprüfung feststellen kann, dass die beiden Blöcke ausreichend sicher betrieben werden können.

Die SCE stellte am 8. April 2013 – nach eingehender Rücksprache mit der NRC – einen Antrag zur Ergänzung ihrer Bewilligung, um San-Onofre-2 ab Juni 2013 während fünf Monaten mit auf 70% begrenzten Leistung betreiben zu dürfen. Nun hat die SCE ihre Meinung geändert und entschieden, die beiden Kernkraftwerkseinheiten wegen Unwirtschaftlichkeit sofort stillzulegen. Die fortlaufende Unsicherheit wann und ob San Onofre wieder in Betrieb gehen könne, sei nicht gut für die Kunden und die Investoren. Auch die Planung des langfristigen regionalen Strombedarfs werde erschwert, gab die SCE als Begründung an. Zudem sei nicht klar gewesen, wann mit der Genehmigung der NRC für den reduzierten Betrieb zu rechnen gewesen wäre. Der reduzierte Betrieb hätte es der SCE erlaubt, die anschliessenden Reparaturarbeiten zu bezahlen. Die Stilllegung der Anlage fordert rund 900 der 1500 Arbeitsplätze. Das Unternehmen plant, von der MHI – der Dampferzeuger-Lieferantin – Schadenersatz zu verlangen.

Früher hatte es noch so getönt beim Nuklearforum: «USA starten in die Kernenergiezukunft» und weiter: Erstmals nach mehr als 30 Jahren ist in den USA offiziell mit dem Bau eines neuen Kernkraftwerks begonnen worden.Das neue Kernkraftwerk «Virgil C. Summer-2» vom fortgeschrittenen Typ AP1000 wird in Jenkinsville im Bundesstaat South Carolina gebaut. Der Bau begann mit dem erfolgreichen Giessen der Betonbodenplatte am 11. März 2013. In Jenkinsville steht bereits seit 1982 ein Kernkraftwerk in Betrieb.Am gleichen Standort ist der Bau einer zweiten Einheit dieses Typs vorgesehen. Der erste Beton für zwei weitere AP1000 im benachbarten Bundesstaat Georgia soll demnächst gegossen werden. In den USA wird zudem gegenwärtig in Tennessee ein Kernkraftwerk fertiggestellt, dessen Bau 1985 vorübergehend unterbrochen worden war. Weltweit befinden sich damit gegenwärtig 66 Kernkraftwerke im Bau, davon 28 in China.