Was die tschechische Regierung anfangs vergangener Woche
verlauten liess, kommt einer Sensation nahe (siehe Artikel Solid vom 26.7.13). Zumal sich die polnische
Administration zuvor schon ähnlich geäussert hatte. Hingehört haben
allerdings nur wenige – darum sei es hier eingangs klar fest gehalten: Beide
Länder verabschieden sich von ihren atomaren Ausbauplänen, nachdem sie zuvor
als wichtige Pfeiler der (vermeintlichen) Atom-Renaissance galten. Der Grund
für die Abkehr liegt in den aktuell tiefen Strompreisen sowie in der Aussicht,
dass sich unter anderem auch durch das schnelle und heftige Aufkommen der
Erneuerbaren Energien dieser Preiszerfall kaum so schnell ins Gegenteil
verwandelt.
Es
ist schon so: Während in den USA die Fracking- oder
Schiefersandwunder zumindest vorderhand zusätzliche Energien mit
preisdämpfender Wirkung über den Strommarkt ergiessen, ist es in anderen
Weltgegenden, vor allem natürlich in Europa, der Wind- und Solarstrom,
der
plötzlich als Strommarktsäule erkannt wird. Erkannt werden muss, sei
hier
gesagt, denn noch vor wenigen Jahren war deren Ergiebigkeit durch die
herkömmliche Stromlobby bestritten. Ein deutscher Strom-CEO
versteifte sich einst gar zur Aussage, Erneuerbare seien etwa so
ergiebig wie
Ananas-Plantagen in Grönland. Und ein Schweizer Pendant meinte, mehr als
wenige
Prozent gäben die Erneuerbaren hierzulande niemals her. Der erste
(Grossmann
von RWE) wurde unterdessen aus dem Amt gedrängt. Der zweite (Karrer von
der
Axpo) ist noch der letzte Mohikaner unter den CEO der grossen vier in
der
Schweiz, der seine Haut bislang retten konnte. Jede Wette – auch er
macht es
nicht mehr allzulange, zumal noch Gefahr droht von der Gasfront, hat
Karrer doch das Axpo-Engagement in der so genannten TAP-Leitung zu
verantworten.
Ein
anderer Schweizer Spitzen-Stromer ist zwar noch
Verbandschef, doch seinen operationellen Posten bei der BKW ist er los.
Trotzdem durfte er in der Sendung 10vor10 wieder einmal sein
altes Credo vertreten, beflügelt durch das vermeintliche Desaster beim
St.Galler Geothermie-Projekt. Die Schätzungen zu den Potentialen der
Erneuerbaren auf Grundlage des hiesigen Projekts Energiewende 2050 seien
weit überrissen, meinte Kurt Rohrbach – und blieb fast
unwidersprochen. Immerhin – das Potential der Sonnenenergie fand
Erwähnung
aufgrund des unterdessen auf 0,6 Prozent angestiegenen solaren
Stromanteils am
Schweizer Gesamtmarkt. Wohl schon zu Ende des laufenden Jahres dürfte
hierzulande die Ein-Prozent-Hürde überschritten werden. Andere Staaten
machen vor, wie auch das Zehnfache möglich und Realität ist
(Deutschland,
Italien, Spanien und Belgien) oder demnächst sein wird (Japan, China,
USA).
Da kommt nun einer – und das ist sein gutes demokratisches
Recht – und ergreift das Referendum gegen das neue Energiegesetz. Basierend
wiederum auf der Annahme geringer Ergiebigkeit und hoher Kosten der
Erneuerbaren. Vielleicht gar nicht so schlecht, käme dieses Referendum
zustande – dann würde die Sache endlich in der Breite diskutiert und kämen
endlich auch die aktuellen Fakten auf den Tisch. Angefangen bei der zu teuren
Atomkraft (siehe oben, aber auch die chinesische Regierung, die den Preis für
Atomstrom ab neuem Werk unterdessen bei rund sieben Rappen je Kilowattstunde
sieht), der keinesfalls vorhandenen Alternative – bis hin zu den stark
gesunkenen Preisen für Solaranlagen, aber auch den Möglichkeiten von
Kleinwasserkraft, Windenergie und Biomasse – die Geothermie mal beiseite
gelassen.
Eine Gefahr droht den Erneuerbaren allerdings wirklich –
dieser allgemeine Strompreiszerfall, der die Konkurrenzfähigkeit in die weitere
Ferne rücken liesse. Aber so weit ist es noch nicht, und so weit wird es
vielleicht auch gar nicht kommen. Wenn klar wird, auf welcher Ebene sich
gerade in der Schweiz der Kampf abspielen wird – atomarer Strom (auch aus dem
Ausland) versus solarer Energieerzeugung, die wahrlich das Zeugs hat, zusammen
mit einer klugen Effizienzstrategie den Atomstrom aus dem Markt zu drängen.
Eingedenk dessen, dass dieser Markt immer ein politisch stark beeinflusster
sein wird, also die rein wirtschaftliche Überlegung sich allein kaum
durchsetzen kann. Das Referndum ist dann der erste, aber sicher nicht der
letzte Kampf um die Energiezukunft der Schweiz.
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