Samstag, 7. März 2015

4 Jahre nach Fukushima - billiger Atomstrom?

Vor vier Jahren, am 11. März 2011, hat die Dreifach-Katastrophe in Nordost-Japan (Erdbeben, Tsunami und Atomunfall) weite Teile der Region verwüstet. Am nachhaltigsten sind die Folgen des Reaktorunfalls. 


Die Strahlenbilanz ist inzwischen stark zurückgegangen. Aber: noch leben die meisten der 160.000 Flüchtlinge in der 20-Kilometer-Zone um den Reaktor in Notunterkünften. Der AKW-Betreiber Tepco hat erst Ende Februar 2015 zugegeben, dass seit einem Jahr hochverstrahltes Regenwasser vom Dach des Reaktors 2 ins Meer fließt. 300 Tonnen Grundwasser strömen täglich in die verseuchte Anlage und treten verstrahlt wieder aus. 7.000 Arbeiter sind mit den Problemen an den drei havarierten Reaktoren beschäftigt.

40 Jahre, so Tepco, werde es dauern bis die zerstörten Reaktoren abgewrackt sind. Ausgerechnet am 4. Jahrestag, so berichten japanische Medien, soll ein Zwischenlager für den Strahlenschrott aus den Meilern wie für das verstrahlte Erdreich um Fukushima eröffnet werden. Dieser strahlende Müll war bisher an 75.000 Orten vorläufig gelagert. Das Zwischenlager soll den gefährlichen Abfall 30 Jahre behalten. Was danach damit geschehen soll, weiß niemand so wenig wie es weltweit auch nur ein einziges atomares Endlager, das diesen Namen verdient. 

Auch die UNO geht davon aus, dass die Aufräumarbeiten in Fukushima noch etwa 40 Jahre andauern und zwischen 250 und 500 Milliarden Dollar kosten, die natürlich nicht die Betreiber, sondern die Steuerzahler aufbringen müssen. So war das auch in Tschernobyl 1986. Auch für diese Atomkatastrophe schätzte Michail Gorbatschow die Kosten auf circa 500 Milliarden Dollar.

Dieses Märchen ist bei zwei großen Atomunfällen bereits zweimal widerlegt worden. Dennoch will die liberalkonservative japanische Regierung Abe die seit 2011 stillgelegten 48 AKW in Japan wieder ans Netz bringen. Nur die japanische Bevölkerung hat dies bisher verhindert. Muss erst der nächste Unfall passieren bis auch die Regierung in Tokio  zur Vernunft kommt?

Demonstration zu Fukushima: Ja! Haltlose Vorwürfe an die Landesregierung: Nein!

Anlässlich des vierten Jahrestages der Reaktorkatastrophe von Fukushima und der Demo in Neckarwestheim erklärt die Karlsruher Abgeordnete Sylvia Kotting-Uhl, Sprecherin für Atompolitik der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen.


Quelle: sonnenseite.com / Franz Alt /  Bild: Digital Globe

Donnerstag, 5. März 2015

Britische Atombeihilfen verklagt

Der deutsche Ökostromanbieter Greenpeace Energy verklagt die Europäische Kommission, weil diese milliardenschwere Beihilfen für den Bau des britischen AKW Hinkley Point C genehmigt hat.

„Der hoch subventionierte Atomstrom von dort wird den europäischen Wettbewerb spürbar verzerren. Auch in Deutschland werden die Börsenpreise für Strom beeinflusst“, sagt Sönke Tangermann, Vorstand von Greenpeace Energy: „Weil dieser Effekt engagierte Ökostromanbieter wie uns wirtschaftlich benachteiligt, ziehen wir vor Gericht.“ Sobald die Beihilfegenehmigung der Kommission im offiziellen EU-Amtsblatt erschienen ist und die Klagefrist beginnt, wird Greenpeace Energy eine so genannte Nichtigkeitsklage beim Gericht der Europäischen Union in Luxemburg einreichen. 

Die von der EU-Kommission im vergangenen Oktober genehmigten Staatsbeihilfen für den Bau der zwei Druckwasserreaktoren im Südwesten Englands belaufen sich auf umgerechnet rund 22 Milliarden Euro. Sie beinhalten unter anderem eine garantierte Einspeisevergütung in Höhe von rund elf Cent pro Kilowattstunde für den in Hinkley Point C produzierten Atomstrom. Hinzu kommen staatliche Kreditgarantien sowie ein Inflationsausgleich. Die daraus resultierende Vergütung liegt weit über der für Wind- oder Solarstrom in Deutschland. 

Ein von Greenpeace Energy in Auftrag gegebenes Gutachten des Analysehauses Energy Brainpool zeigt, dass Hinkley Point C zu einer Verschiebung des Preisniveaus auf dem europäischen Strommarkt führen wird. Demnach benachteiligt ein sinkender Börsenstrompreis in Deutschland vor allem jene Versorger, die Ökostrom in der so genannten „Sonstigen Direktvermarktung“ einkaufen, also zu fixen Preisen direkt bei den Anlagenbetreibern. „Anders als Premier Cameron behauptet, ist ein mit vielen Steuermilliarden gepäppelter Reaktorneubau in Hinkley Point eben keine rein britische Angelegenheit“, sagt Sönke Tangermann, „sondern benachteiligt ganz direkt uns als deutsches Unternehmen, das am Strombinnenmarkt agiert.“ 

Daneben führt der AKW-Neubau in Großbritannien laut der Analyse von Energy Brainpool zu höheren Stromkosten bei den Verbrauchern. Aufgrund der Preiseffekte durch Hinkley Point C dürften hierzulande die Kosten für das EEG-System steigen, weil den Betreibern von EEG-Anlagen mit fester Vergütung künftig eine größere Differenz zum Börsenstrompreis gezahlt werden muss. Dadurch stiege auch die EEG-Umlage leicht. Auch wenn dies nicht zwangsläufig zu höheren Strompreisen führe, sei die Belastung des EEG-Systems ein Skandal, so Tangermann. 

Die schädlichen Effekte für Binnenmarkt und Wettbewerb werden sich aus Sicht von Greenpeace Energy sogar noch vervielfachen, wenn der von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker vorgestellte europäische Investitionsfonds in Kraft tritt. Der geplante Fonds mit 315 Milliarden Euro hat in Großbritannien und mehreren anderen EU-Staaten bereits Begehrlichkeiten geweckt, Beihilfen für weitere geplante Atomkraftwerke zu erhalten. Zudem sollen nach dem Willen der EU die grenzübergreifenden Stromleitungen massiv ausgebaut werden, was die im Energy-Brainpool-Gutachten berechneten negativen Effekte noch einmal massiv verstärken würde. 

Greenpeace Energy sieht in der Beihilferegelung für Hinkley Point C einen Präzedenzfall für andere Reaktorprojekte, die zu noch stärkeren Verwerfungen auf dem europäischen Energiemarkt führen dürften. „Wenn es bei der Genehmigung durch die Kommission bleibt, ist Hinkley Point nur die Spitze des Eisbergs“, sagt Sönke Tangermann, „deshalb rufen wir die deutsche Bundesregierung auf, ebenfalls rechtliche Schritte gegen die unfairen Beihilfen für Hinkley Point C einzuleiten. Sie muss diesen Türöffner für weitere riskante und absurd teure Atomkraftprojekte in Europa verhindern.“