Sonntag, 24. April 2011

Auch Bulgarien wankt

Der Reaktor in Kosloduj wurde in der Nacht auf Ostersonntag vom Netz genommen. Im Herbst sind Wahlen in Bulgarien, die Atompolitik um das Projekt Belene läßt die Parteien vorsichtiger werden.

Bulgarien hat sein Atomreaktor Kosloduj in der Nacht zum Ostersonntag für einen so genannten Stresstest vom Netz genommen. Der 1000-Megawatt-Block sowjetischer Bauart solle binnen der kommenden Monate modernisiert werden, erklärte die Betreibergesellschaft. Der andere Block des 150 Kilometer nördlich von Sofia an der Donau gelegenen Atomkraftwerk solle Anfang Juni folgen.

Auch der deutsche Atomkonzern RWE war wegen seiner Beteiligung an der bulgarischen Atomwirtschaft unter Beschuss gekommen - und zog sich 2009 zurück.







In der vergangenen Woche hatte Bulgarien mit dem französischen Atomkonzern Areva eine Vereinbarung unterzeichnetet, die eine engere Zusammenarbeit vorsieht. In der Anlage in Kosloduj, dem bisher einzigen AKW Bulgariens, sind zwei Reaktoren in Betrieb; vor dem EU-Beitritt 2007 musste Bulgarien vier Reaktoren sowjetischer Bauart wegen Sicherheitsbedenken stilllegen. Vor der Abschaltung der Blöcke 1 bis 4 deckte das Atomkraftwerk 44 Prozent des bulgarischen Strombedarfs, die Abschaltung hat die Stromerzeugung ungefähr halbiert.

In den letzten Tagen sind die Pläne der bulgarischen Regierung für den Bau eines zweiten AKW im erdbebengefährdeten Belene an der Donau ins Wanken geraten. Energieminister Trajtscho Trajkov erklärte, dass er vom russischen Hersteller Atomstroyexport weitere Garantien für die beiden bestellten Reaktoren verlangt hat. Das Belene-Projekt soll für drei Monate auf Eis gelegt werden, um - wie Bulgariens Premier Bojko Borissov begründete - " alle technischen Fragen in Bezug auf die Erdbebengefährdung und die Kosten" zu klären (siehe Atominfomedia vom 2. April 2011).

In Bulgarien gibt es in diesem Herbst Präsidentschafts- und Kommunalwahlen. Staatspräsident Georgi Parwanow hatte nach dem Atomunglück in Japan eine Volksbefragung über den Bau des Atomkraftwerks Belene angekündigt. Das erste von Russen in der EU gebaute AKW soll 2017 in Belene fertig sein. Sozialist Parwanow ist ein Befürworter der Atomenergie. Bulgariens konservative Regierung unter Borissow - ebenfalls Befürworter - war durch eine von Russland geforderte Nachzahlung für das Projekt-Belene unter Druck geraten. 2,4 Milliarden Euro forderten die Russen, damit beliefe sich der Gesamtpreis auf rund 6,4 Milliarden Euro. "Unter den jetzigen Bedingungen kann das Kraftwerk nicht zustande kommen", erklärte Borissow, akzeptierte jedoch die Forderung nach einem "Inflations.-Aussgleich": Sofia sei bereit, einen Zuschlag von einer Milliarde Euro zu bezahlen. Wegen der unklaren Finanzierung war RWE 2009 aus dem Projekt ausgestiegen.

Umweltschützer hatten mit der Campagne "AKW Belene stoppen! Jetzt abseilen!" RWE gehörig zugesetzt. Die bulgarische Regierung denkt mittlerweile über Alternativen zum Belene-Projekt nach. So könnte das bestehende AKW Kosloduj um jene beiden bei Atomstroyexport bestellten Reaktoren ausgebaut werden. Das Belene-Projekt wird seit langer Zeit von Umweltschützern kritisiert. Die Mehrheit der Bulgaren unterstützt jedoch bisher die Atomenergie. Nach dem Unglück in Japan befürworten immerhin noch etwa 51 Prozent den Ausbau der Atomkraft, 45 Prozent sind dagegen.

Quelle: klimaretter.info

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