Freitag, 3. Dezember 2010

Litauens AKW-Plan beerdigt

Die Pläne Litauens, ein neues Atomkraftwerk als Ersatz für das Ende 2009 stillgelegte AKW Ignalina zu errichten, sind erst einmal gescheitert. Wie der litauische Energieminister Romas Svedas am Freitag mitteilte, hatte es nur einen Interessenten für einen solchen Neubau gegeben: Die Korea Electric Power Corporation (KEPCO).

Die habe ihr Angebot jetzt aber wieder zurückgezogen. Es habe zwar noch ein weiteres Angebot gegeben, das aber die gestellten Bedingungen – Kostenrahmen zwischen 3 und 5 Milliarden Euro - von vorneherein nicht erfüllt habe. Bei der Ausschreibung im Frühjahr hatte Litauen vor allem mit europäischen Stromkonzernen als Interessenten gerechnet. Neben Eon, RWE und Vattenfall, waren dabei die französische EdF und die spanische Iberdrola genannt worden. RWE und EdF hatten zwischenzeitlich bereits offiziell mitgeteilt, kein Gebot abgegeben zu haben. Vor allem das Desinteresse aus Frankreich erregte in Litauen Aufsehen. Galt es doch als sicher, dass EdF zusammen mit dem Reaktorbauer Areva die Lieferung eines "Europäischen Druckwasserreaktors" (EPR) des Modells anbieten werde, wie er derzeit im finnischen Olkiluoto und im französischen Flamanville gebaut wird.

Tatsächlich legte aber nur KEPCO, das einen Druckwasserreaktoren vom Typ APR-1400 liefern wollte, ein ernsthaftes Gebot vor. Das koreanische Modell ist – ähnlich wie der EPR - bislang nirgends in Betrieb. Die ersten beiden Exemplare werden derzeit beim AKW Singori nahe dem südkoreanischen Busan gebaut und sollen 2013 bzw 2014 ans Netz gehen. Mit agressiver Preissetzung versucht die teilstaatliche KEPCO seit einiger Zeit ein globaler Spieler auf dem Nuklearmarkt zu werden. Im vergangenen Jahr schlug Südkorea mit dem APR-1400 sowohl die französische Konkurrenz, wie ein japanisch-US-amerikanisches Konsortium aus und konnte einen Auftrag aus Abu Dhabi zum Bau von vier Reaktoren an Land ziehen. Der dortige Preis, 20 Milliarden Dollar für 4 Reaktoren des Typs APR-1400, entspricht einem Reaktor-Einzelpreis von ca 3,7 bis 4 Milliarden Euro. Die Baukosten des EPR in Flamanville nähern sich dagegen 5 Milliarden, die des extrem verspäteten Neubaus in Olkiluoto liegen sogar über 6 Milliarden Euro. Angeblich lag das Angebot von KEPCO in Abu Dhabi etwa 30 Prozent unter dem für EPR-Reaktoren.

Nach diesem Coup verlor Südkorea allerdings mehrere Bieterwettbewerbe. Im Oktober zog die japanische Toshiba einen Reaktorauftrag in Vietnam an Land, auf den KEPCO gehofft hatte. Und Mitte November platzte in letzter Minute ein sicher geglaubter Vertrag mit der Türkei über einen AKW-Neubau an der Schwarzmeerküste. In Litauen war offensichtlich nicht einmal mit der koreanischen Billigkalkulation Wirtschaftlichkeit zu erwarten. Was KEPCO wohl spätestens auffiel, als es mit einem Angebot allein stand. Für den einheimischen Bedarf weit überdimensioniert zielt der von Vilnius geplante Neubau auf den Exportmarkt. Doch bis 2020, einem frühestmöglichen Zeitpunkt einer Fertigstellung, wird es in der Region an konkurrierender Stromerzeugung nicht fehlen. Derzeit wird in allen baltischen Staaten die Windkraft kräftig ausgebaut, Estland setzt massiv auf Ölschieferverstromung. Finnland zielt mit seinem Atomkraftausbau auch auf den baltischen Markt und nahe St. Petersburg und in Kaliningrad ist mit dem Bau neuer russischer AKW’s begonnen worden.

Zumindest die beiden Reaktoren in Kaliningrad hätten direkt mit litauischem Atomstrom konkurriert. Unmittelbar an der Grenze zu Litauen plant auch Weissrussland einen AKW-Neubau. Ein vom weissrussischen Präsidenten Alexander Lukashenko ins Gespräch gebrachtes gemeinsames Projekt hatte Litauen kürzlich abgelehnt.

Quelle: Klimaretter.info

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