Freitag, 26. Dezember 2014

Atomstrom doppelt so teuer

Der Bundesrat hat es im laufenden Jahr angetönt, der Experte für Rechnungsprüfung Kaspar Müller bringt es auf den Punkt. Bei den grössten - und am längsten laufenden - Schweizer AKW in Leibstadt und Gösgen wird falsch gerechnet. Sonst wäre deren Atomstrom schon heute mindestens doppelt so teuer. Eine Klage gegen die irreführenden Rechnungspraxen der Muttergesellschaften wurde aber abgeschmettert.

Ein Beitrag im Magazin der Umweltbewegung Greenpeace klärt auf: Kaspar Müller, unabhängiger Finanzmarktexperte, weist auf gravierende Mängel in der Bilanzierung der beiden AKW Leibstadt und Gösgen (siehe Bild) hin. Im Interview mit dem Wahlbasler, der auch Präsident der aktionärskritischen Pensionskassen-Stiftung Ethos ist, belegt Müller Löcher in Milliardenhöhe in den Bilanzen sowohl des AKW's in Leibstadt wie in Gösgen. 

Wie ist so etwas überhaupt möglich? Müller, der betont, nichts über die technischen Sicherheitsfragen sagen zu können, weist darauf hin, dass in den vergangenen Jahren bei den Betreibern schlicht zu optimistisch gerechnet wurde. Zwar hat das unterdessen auch der Bund gemerkt, die erfolgten Anpassungen seien aber ungenügend. Noch immer geht man davon aus, dass eine Rendite der Mittel in den beiden Fonds für Sicherheit und Entsorgung von 3,5 Prozent möglich sei und die Inflation 1,5 Prozent betrage. Zu dieser unrealistischen Ausgangslage komme hinzu, dass vor allem in den Entsorgungsfonds erst nach der Jahrtausendwende eingezahlt wurde, also viel zu spät nach Beginn der Laufzeiten der beiden AKW in den mittleren 80er Jahren. 

Allein schon eine Korrektur solch offensichtlicher Fehleinschätzungen (zu denen sich weitere falsche Bewertungsannahmen etwa bezüglich der vorhandenen Wertpapiere in den Fonds gesellten) würde die Produktionskosten mindestens verdoppeln. Eine Kilowattstunde Strom müsste demnach schon heute statt vier bis fünf deren zehn oder gar gegen 20 Rappen kosten. Müller unterlässt folgenden Hinweis, aber diesen Zahlen ist nachzureichen: Damit ist Atomstrom schon heute eigentlich so teuer wie die Produktion erneuerbarer Energie aus Wind- und Solaranlagen. Und längst nicht alle effektiven Kosten sind damit in der Berechnung der Atomkosten enthalten - so fehlen etwa die Versicherungsprämien, die eigentlich geschuldet wären, um das effektive Risiko des Atomstroms abzudecken.  

Greenpeace und der so genannte Trinationale Atomschutzverband hatten Gösgen und Leibstadt vor zwei Jahren angezeigt. Die Solothurner Staatsanwaltschaft hat gemäss Müller daraufhin die monierten Zustände zwar nicht abgestritten. Dennoch berief sie sich darauf, dass es sich nur um Buchverluste handle in den Bilanzen der beiden AKW, diese also noch nicht realisiert und deshalb irrelevant seien. Gemäss Müller sei ein solcher Schluss aber weder nachvollziehbar noch mit den Richtlinien für die ordentliche Buchführung vereinbar. Müller wörtlich im Greenpeace-Interview: «Das ist unglaublich».

Quelle: Greenpeace Magazin 4/2014 - noch nicht verfügbar im Internet

© Solarmedia/ Text und Bild: Guntram Rehsche

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Montag, 8. Dezember 2014

Greenpeace und SES protestieren

Der Nationalrat hat es im Rahmen der Beratung der Energiestrategie 2050 verpasst, einen klaren Ausstiegsplan für alle Schweizer AKW festzulegen. Schlimmer noch: Mit dem Verzicht auf die Forderung nach einer steigenden Sicherheit der AKW befürwortet die grosse Kammer ein unverantwortliches Experiment auf Kosten der Bevölkerung. Es ist nun am Ständerat, diesen Entscheid zu korrigieren. Sonst muss das Volk seinen Schutz vor einer Atomkatastrophe selbst einfordern - so Greenpeace in einer Medienerklärung zum Entscheid des Nationalrats. Auch die Schweizerische Energie Stiftung äussert sich ablehnend.

Zum Schluss der Debatte über die Energiestrategie 2050 hat der Nationalrat die Variante eines Langzeitbetriebskonzepts befürwortet. Ein Antrag, der eine Beschränkung der Laufzeit für die Uralt-Reaktoren in Beznau und Mühleberg auf 50 Jahre forderte, fand keine Mehrheit. Einzig zur Laufzeitbeschränkung auf 60 Jahre für diese AKW konnte sich der Nationalrat durchringen. Somit müssen die AKW-Betreiber nach 40 Jahren Laufzeit ein Langzeitbetriebskonzept vorlegen, das dann alle 10 Jahre erneuert werden muss und «über die verbleibende Laufzeit die Sicherheit gewährleistet». Die Variante, die eine «steigende Sicherheit» verlangt hätte, hat der Nationalrat verworfen. Dieser Grundsatz hätte garantiert, dass die AKW-Betreiber immer eine genügend grosse Sicherheitsreserve vorweisen müssten – so verkommt das Gesetz zum Papiertiger.

Greenpeace Schweiz übt heftige Kritik am Entscheid des Nationalrats. Die AKW-Betreiber erhalten so einen Freipass, um ihre Anlagen noch über Jahrzehnte weiter zu betreiben. «Der vom Nationalrat beschlossene Atomausstieg verdient diesen Namen nicht», sagt Greenpeace-Atomexperte Florian Kasser. Die uralten Atomkraftwerke in Beznau und Mühleberg werden mit jedem Tag, der vergeht, unsicherer. «Unter diesen Bedingungen keine steigende Sicherheit zu verlangen ist in höchstem Masse unverantwortlich. Und eine Laufzeitbegrenzung auf 60 Jahre für die altersschwachen Reaktoren ist absolut ungenügend», so Kasser. Der Nationalrat macht einen Kniefall vor den AKW-Betreibern und befürwortet ein brandgefährliches Experiment auf Kosten der Bevölkerung.

Es bleibt zu hoffen, dass der Ständerat das Sicherheitsbedürfnis der Schweizer Bevölkerung ernster nimmt als der Nationalrat. Im Minimum muss die kleine Kammer die steigenden Sicherheitsanforderungen wieder im Langzeitbetriebskonzept verankern. Echten Schutz bietet aber nur ein Ausstieg mit einem klaren Fahrplan, also mit einem Abschaltdatum in naher Zukunft mindestens für die drei Uralt-Reaktoren in Beznau und Mühleberg. Falls der Ständerat die unverantwortliche Haltung des Nationalrats bestätigt, muss das Volk selbst das Heft in die Hand nehmen und den Schutz vor einem AKW-Unglück einfordern.

Die Schweizerische Energie Stiftung SES hält festDie Schweiz betreibt mit Beznau I das älteste AKW der Welt. Zwei weitere Reaktoren Beznau II und Mühleberg sind weit über 40 Jahre alt und befinden sich im weltweiten Vergleich ebenfalls in der Geriatrieabteilung. Nachrüstungen sind nur bedingt wirkungsvoll und lohnen sich finanziell immer weniger. Mit dem angenommenen Langzeitbetriebskonzept und mit maximal 60 Jahren für Beznau gibt es keinen definierten Atomausstieg. Damit steigen die nuklearen Risiken trotz Fukushima. SES-Geschäftsleiter Jürg Buri ist enttäuscht: "Die NationalrätInnen haben Ihr Wahlversprechen von 2011 offensichtlich vergessen und sich nur für einen halben Atomausstieg entschieden. Sie nehmen die Risiken des ältesten AKW-Parks der Welt offensichtlich nicht ernst."

Die SES fordert den Ständerat auf, Laufzeitbegrenzungen einzuführen. Im Interesse der Sicherheit der Schweizer Bevölkerung ist die Laufzeit auf 40 Jahre zu begrenzen.

Quellen: Greenpeace / SES

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Montag, 1. Dezember 2014

Drohne über Tschernobyl



1986 kam es im AKW Tschernobyl zur Nuklearkatastrophe. Zehntausende Menschen flohen innert Tagen. Betroffen war auch die Stadt Pripjat. Videojournalist Danny Cooke hat das Gebiet mit einer Drohne überflogen und liefert Bilder des zerstörten AKW und des umliegenden Gebiets.

Quelle: youtube

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Dienstag, 25. November 2014

Nie wieder AKW

Der nachstehend wiedergegebene Brief der Aktion «Nie wieder AKW» an die Schweizer Nationalräte stimmt auf die Energiewende-Diskussion im Parlament ein:

Sehr geehrte Frau Nationalrätin..... / Sehr geehrter Herr Nationalrat.....

In der kommenden Wintersession des Nationalrates werden Sie sich mit der Energiestrategie 2050 auseinandersetzen. Diese liegt uns in der Nordwestschweiz aus folgenden Gründen am Herzen: 


Was Ihnen zur Revision des Kernenergiegesetzes (KEG) an Mehrheitsvorschlägen aus der UREK-N vorliegt, ist noch kein Atomausstieg.   Mit den Mehrheitsvorschlägen würde nur die eine Hälfte des Ausstiegs vollzogen: das Bauverbot für neue AKW. Was fehlt, ist die Einlösung der bundesrätlichen Absichtserklärung aus dem Jahr 2011, die bestehenden AKW schrittweise bis 2035 aus dem Betrieb zu nehmen.  Ein solcher «halber Ausstieg» wäre fatal. Ohne Laufzeitbeschränkungen bei den bestehenden fünf AKW erhöhen sich die Gefahren für die Schweizer Bevölkerung schnell und massiv. 

Die AKW Beznau I und II sowie Mühleberg haben ihre ursprünglich vorgesehenen 40 Betriebsjahre erreicht und entsprechen nicht den heutigen Sicherheitsanforderungen an moderne Atomkraftwerke. In Beznau ist zum Beispiel die äussere Sicherheitshülle (Sekundärcontainment) mit 75 bis 90 Zentimetern Wandstärke zu wenig massiv; gefordert werden heute Wandstärken von über 1,5 Meter. Gegen den Absturz eines modernen, schweren Verkehrsflugzeuges dürfte der Schutz nicht ausreichen. Weitere Gefahren stellen der mangelnde Schutz der Brennelementlagerbecken in Beznau und Mühleberg dar oder die Risse im Kernmantel des AKW Mühleberg. 
 

Aufgrund von Materialalterung und Abnutzung steigt auch das Restrisiko für einen Atomunfall kontinuierlich an – trotz Nachrüstungen. Eine Prognose zum Materialverhalten im Langzeitbetrieb ist mit sehr grossen Unsicherheiten behaftet. Die Schweiz begibt sich mit dem in der Gesetzesvorlage angestrebten, unlimitierten Weiterbetrieb über weit mehr als 40 Jahre auf ein gefährliches Experimentierfeld, für das nirgends auf der Welt Erfahrungswerte vorliegen.
 

Zudem bestehen konzeptionelle Schwächen. Trotz wiederholter Nachrüstungen lassen sich diese Anlagen mit einer ingenieurtechnischen Konzeption aus den 1960er-Jahren nicht auf den heutigen Stand von Wissenschaft und Technik bringen. So ist etwa das Herzstück der Anlage, der Reaktordruckbehälter, nicht ersetzbar.
 

Wie die Zahlen der IWB (Industrielle Werke Basel) zeigen, ist die Energiewende ein wirtschaftliches Erfolgsmodell.  Auch Marcel Schweizer, Präsident des Gewerbeverbands Basel-Stadt, betont im Editorial auf Seite 2 des Magazins «Neue Energie» deren Wert für die lokale Wertschöpfung. Auf Seite 10 erfahren Sie, wie Bruttowertschöpfung und Beschäftigung sich mit der Energiewende verändern. Um diesen wirtschaftlichen Benefit einzufahren, braucht es eine klare, gesetzliche Regelung:

Die Energiewende braucht Planungssicherheit. Ob Elektrizitäts- oder Kraftwerksbetreiber, ob Bundesamt oder privater Investor: Alle schätzen klare Ansagen darüber, welche atomare Strommengen bis wann wegfallen. Daraus kann der Bedarf an Energieeffizienzmassnahmen und an Zubau bei den erneuerbaren Energien hergeleitet werden. So wird kein Förderfranken verschwendet und keine Überregulierung verursacht. So entsteht Investitionssicherheit. Mit einer Laufzeitregelung kann die Energiewende gezielt und verlustfrei umgesetzt werden. Wenn Sie sich also für eine volkswirtschaftlich sinnvolle und energiewirtschaftlich wirksame Energiewende einsetzen möchten, unterstützen Sie bitte eine verbindliche Laufzeitregelung für die bestehenden 5 Atomkraftwerke.
 

Der sicherheitstechnisch nötigen Limitierung von 40 Jahren Laufzeit kommt die bereits eingereichte Atomausstiegsinitiative am nächsten, da sie 45 Jahre Laufzeitbefristung für alle AKW vorgibt.  Der Antrag Chopard wiederum ist innerhalb der Minderheitsvorschläge der UREK-N- Vorschläge jene Lösung, die es zu bevorzugen gilt, da sie die Risiken wenigstens bei den  3 ältesten AKW auf 50 Jahre begrenzt.

Wir danken Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und wünschen eine erfolgreiche Session.

Mit freundlichen Grüssen 
aus den Kantonen Basel-Stadt und Baselland, Solothurn, Aargau, und in Vertretung der Bevölkerung
des Bundeslandes Baden-Württemberg und dem Département Haut-Rhin
 

Jürg Stöcklin,  Heidi Portmann, Aernschd Born 
Präsident Trinationaler  Gewaltfreie Aktion Geschäftsführer
Atomschutzverband TRAS Kaiseraugst GAK Nie wieder Atomkraftwerke NWA


Quelle: www.niewiederakw.ch  

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Mittwoch, 15. Oktober 2014

Stilllegung besser als Jodtabletten

Die Geschäftsstelle Kaliumiodid-Versorgung hat am Mittwoch über die anstehende Verteilung von jeweils zwölf Jodtabletten an 4.6 Millionen Menschen informiert, die in der Nähe eines Atomkraftwerkes wohnen. Worüber aber die Behörden ungern sprechen: Bei der Jodvorsorge handelt es sich lediglich um einen Tropfen auf den heissen Stein. 

Auf die Folgen eines Atomunfalls weiss der Katastrophenschutz bis heute keine Antwort, so eine Einschätzung von Greenpeace Schweiz zur Verteilaktion: Vollschutz biete nur die Ausschaltung des Gefahrenherds – der AKW.  «Im Notfall gut geschützt»: So beginne die Medienmitteilung zur Jodtabletten-Verteilung und sei für die Bevölkerung damit klar irreführend. «Die Jodtabletten helfen ausschliesslich gegen das gefährliche Isotop Jod-131 und damit nur gegen Schilddrüsenkrebs», sagt Florian Kasser, Atomexperte von Greenpeace Schweiz. 

Nicht nur gefährlich, sondern gleich auch noch die ältesten AKW der Welt - Beznau I und II - Bild: Guntram Rehsche




  



«Zusätzlich gibt es aber bei einem Atomunfall noch zahlreiche weitere gesundheitsgefährdende Stoffe, die freigesetzt werden». Jodtabletten schützen ausserdem nur, wenn rechtzeitig vor dem Einatmen des radioaktiven Jod-131 eingenommen werden. Ob das bei einer Notsituation klappt, ist höchst ungewiss. «Richtiger Schutz sieht ganz anders aus: Nur die Abschaltung aller AKW bietet einen wirksamen Schutz gegen Atomunfälle», sagt Kasser. 

Problematisch ist auch die Tatsache, dass viele Menschen in den deutschen und französischen Grenzgebieten der Schweizer AKW von der Verteilung ausgeschlossen sind. «Das ist absurd, denn die Gefahren der Schweizer Altreaktoren und die schnelle Ausbreitung der radioaktiven Wolke nach einem Atomunfall machen nicht an diesen willkürlichen Verwaltungsgrenzen halt», so Kasser. Um das grundlegende Problem zu beheben ist das eidgenössische Parlament gefordert, welches in der Wintersession über das Kernenergiegesetzt berät und eine verbindliche Laufzeitbeschränkung für alle AKW beschliessen muss.

Quelle: Greenpeace Schweiz

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Mittwoch, 24. September 2014

Schilddrüsenkrebs bei Kindern

Ende August hat die Abteilung für Gesundheitstests der Präfektur Fukushima die neuesten Ergebnisse der Schilddrüsenuntersuchungen bei Kindern und Jugendlichen bekanntgegeben. Bis Ende Juni sind 300‘000 von insgesamt 370‘000 betroffenen jungen Menschen untersucht worden. Davon sind 57 an Schilddrüsenkrebs erkrankt, bei 46 besteht Verdacht.

Die japanische Regierung hat im August in allen grossen Zeitungen unter dem Titel «Richtige Informationen über Strahlung» Inserate geschaltet. Darin werden offensichtlich einseitige, verharmlosende Meinungen verbreitet – etwa: «Auch bei 100 Millisievert pro Jahr werden die Krebsfälle nicht zunehmen» oder «Eine Strahlung von 100-200 Millisievert pro Jahr erzeugt etwa dieselbe Krebsrate wie eine Ernährung mit zu wenig Gemüse.» Mit Tricks versucht gleichzeitig das japanische Umweltministerium die Kosten für die Dekontamination der verstrahlten Gebiete zu senken – leidtragend ist die Bevölkerung. Der finanzielle Aufwand für die staatliche Dekontaminierungsarbeit ist für 2015 mit 300 Milliarden Yen (rund 2,6 Milliarden Franken) budgetiert. 


Noch immer wächst derweilen die Mengen radioaktiv verseuchten Wassers weiter. Der Versuch, im Boden um die Reaktoren eine gefrorene Erdmauer zu errichten, um den Grundwasserstrom zu stoppen, war bisher nicht erfolgreich. Das japanische Amt für Energie plant nun den Bau der weiteren Wassertanks mit einem Fassungsvermögen von 100‘000 Tonnen (insgesamt 1 Million Tonnen). Nach Angabe von Tepco ist während der letzten 10 Monate (August 2013 bis Mai 2014) Strahlung von 2000 Milliarden Becquerel zusammen mit dem verseuchten Wasser ins Meer geflossen.
 

Im Herbst 2013 wurde in Reis von der Gemeinde Minamisoma – 20 Kilometer von Fukushima-Daiichi entfernt – über 100 Becquerel Cäsium gemessen. Erst in diesem Sommer wurde die vermutliche Ursache für die erhöhte Strahlung festgestellt: radioaktiver Staub von den Aufräumarbeiten im Reaktor 3. Tepco gibt jetzt zu, dass bei diesen Arbeiten im Sommer 2013 280 Milliarden Becquerel pro Stunde entwichen seien. Die betroffene Bevölkerung wurde damals nicht informiert. Der Staub hat bis zu 50 Kilometer entfernte Gebiete erreicht.

Demnächst sollen die Trümmerteile von Reaktor 1 entfernt werden.
Eine weitere Verbreitung radioaktiven Staubs wird befürchtet. Ende August wurde in Fischen aus zwei Seen in der Präfektur Gumma radioaktive Strahlung über dem Grenzwert festgestellt. Die Seen liegen mehr als 200 Kilometer von Fukushima-Daiichi entfernt.


Quellen: CNIC, Tokyo-Shinbun / Präfektur Fukushima, www.gov-online.go.jp, Kahoku Zeitung, 47 news / Schweizerische Energie-Stiftung

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Mittwoch, 27. August 2014

NR-Kommission verpasst Ausstieg

Die Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Nationalrates hat am Dienstag  im Rahmen ihrer Beratungen der Energiestrategie 2050 das Kernenergie-Gesetz revidiert. Sie hat es verpasst, eine längst hinfällige Laufzeitbeschränkung für die Schweizer Altreaktoren zu beschliessen. Damit würde das Atomexperiment bis im Jahr 2050 und noch länger fortgesetzt - so eine Stellungnahme von Greenpeace. 

Florian Kasser, Atomexperte von Greenpeace Schweiz, sagt dazu:«Die Perspektive, in der Schweiz 60-jährige oder noch ältere Atomkraftwerke zu haben, ist nicht akzeptabel. Diese Vorlage setzt die Sicherheit der Bevölkerung aufs Spiel». Damit der Atomausstieg endlich seinen Namen verdient, fordert Greenpeace Schweiz vom Nationalrat eine Kehrtwende: «Die Laufzeit jedes Atomkraftwerks muss unbedingt verbindlich begrenzt werden; Beznau und Mühleberg gehören sofort abgeschaltet».

Der präsentierte Vorschlag ist für Greenpeace aus folgenden Gründen klar unzureichend:
- Das Langzeitbetriebskonzept ist zu unkonkret. Die Sicherheit soll zwar steigen, aber es bleibt völlig offen, wie dies umgesetzt werden soll. Dies könnte weiterhin dazu führen, dass notwendige Nachrüstungen nicht in Angriff genommen werden, wie dies zurzeit im AKW Mühleberg der Fall ist.
- Der unbefristete Weiterbetrieb zementiert das Sicherheitsproblem. Die Anlagen wurden für 40 Jahre Betrieb konzipiert. Der Bundesrat hat seine Strategie auf einen 50-jährigen Betrieb entworfen und auch die UREK-N hatte im letzten Jahr diese Forderung unterstützt. Die Vorlage ermöglicht nun einen unbefristeten und riskanten Weiterbetrieb bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag.
- Die Energiekommission behandelt alle fünf Atomkraftwerke gleich. Damit verkennt sie, dass die Atomkraftwerke Beznau I+II und Mühleberg auf einem deutlich tieferen Sicherheitsniveau liegen als Gösgen und Leibstadt und dass die Nachrüstungen altersbedingte Defizite niemals beheben werden. Die Altreaktoren in Beznau und Mühleberg erhalten sogar einen Freibrief bis zur ihrem 50. Betriebsjahr. Beznau wird am 1. September 45 Jahre alt sein und ist bereits die dienstälteste Anlage der Welt.
- Die Planungssicherheit fehlt. Eine Strategie ohne Atomausstieg schafft keine Planungssicherheit. Erneuerbare Energien und Energieeffizienz brauchen aber klare, langfristige Rahmenbedingungen, um den Durchbruch zu schaffen. 

Quelle: Greenpeace

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Mittwoch, 6. August 2014

Du sollst den Kern nicht spalten!

Die Atomlobby träumt von einer „Renaissance der Atomkraft“. Doch die Wirklichkeit sieht ganz anders aus. Das bestätigt der neue World Nuclear Industry Status Report. Demnach fließen seit dem Jahr 2.000 nur noch drei Prozent der gesamten Energie-Investitionen der Welt in die Atomenergie – und zugleich boomen die Erneuerbaren Energien weltweit. Dieser Trend gilt auch für die EU. 1988 waren in den heutigen 28 EU-Staaten noch 177 AKW in Betrieb, heute sind es noch 131.  Ein Kommentar von Franz Alt.

Noch eindrucksvoller sind die Investitionen in die Erneuerbaren, in die fossile und in die nukleare Energie seit der Jahrtausendwende: 57% aller Energie-Investitionen flossen in die Erneuerbaren, 40% in die fossilen und nur noch 3% in die Atomkraft.

In China, dem größten Energieverbraucher der Welt, haben 2014 alle Photovoltaik-Anlagen zusammen die Gesamtleistung der AKW bereits überholt. Und im Reich der Mitte begann der PV-Boom so richtig erst 2013. Weltweit gilt jetzt: Atom flopp – Erneuerbare top!

Es gibt zwar in einigen Ländern wie China, Indien oder England noch Neubaupläne für AKW, aber überall zugleich heftige Widerstände aus der Bevölkerung. Die Regierung Abe in Japan will zwar alle 52 nach Fukushima stillgelegten AKW wieder ans Netz bringen, doch überall haben Bürgerinitiativen dies bisher verhindert.

Und weltweit müssen in den nächsten 15 Jahren über die Hälfte aller AKW alters- oder sicherheitsbedingt abgeschaltet werden. Neubauten wird es kaum noch geben. Der Hauptgrund für den unaufhaltsamen Siegeszug der Erneuerbaren: Sie sind sicher, umweltfreundlich, ewig vorhanden, werden immer preiswerter und verursachen wenige Folgekosten.

Kurz: Sie sind den alten Energien gesellschaftlich weit überlegen und liefern die wertvollere Energie für alle Zeit auf allen Kontinenten.

Dieser weltweite Trend wird soeben durch eine Meldung aus Taiwan bestätigt. Die Kuomintang-Regierung wollte ein fertiggestelltes AKW in Betrieb nehmen. Doch die Bevölkerung hat einen dreijährigen Aufschub und einen Volksentscheid über das Projekt erzwungen. Für diese Zeit fallen Instandhaltungskosten von 100 Millionen Euro an, was beweist, dass Atomenergie nicht nur gefährlich für Mensch und Umwelt ist, sondern auch absurd teuer.

Da der Atommüll aus jedem AKW dieser Welt etwa eine Million Jahre strahlt, ist Atomenergie praktisch unbezahlbar. Daran ändert auch die schönste Kampagne der Atomlobby nichts. Die Menschen sind aufgewacht.

Es gilt jetzt eine Art elftes Gebot: Du sollst den Kern nicht spalten! 

Quelle: sonnenseite.com © Franz Alt

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Freitag, 1. August 2014

Atomstrom verliert an Bedeutung

Der Anteil der Atomkraft an der gesamten Stromproduktion nimmt weltweit ab. Dies dokumentiert der World Nuclear Industry Status Report 2014, der diese Woche in Washington publiziert wurde

Der Bericht zeigt auch: Mit Beznau I (siehe Bild, zusammen mit Beznau II) steht in der Schweiz das älteste AKW der Welt. Im Vergleich zu anderen Ländern gibt es in der Schweiz keine Abschaltdaten für bestehende AKW. Um die Sicherheit der Bevölkerung zu gewährleisten, fordert die SES das Parlament auf, Laufzeitbeschränkungen für die bestehenden AKW und klare Sicherheitsstandards im Kernenergiegesetz festzulegen.

Die offiziellen Statistiken zur weltweiten Atomindustrie sind verzerrt. Auch drei Jahre nach der Katastrophe von Fukushima am 21. März 2011 wird in jeder offiziellen Quelle der gesamte japanische Reaktorpark, mit Ausnahme der sechs Meiler in Fukushima Daiichi, als “in Betrieb” bezeichnet – obwohl nur gerade zwei von ursprünglich 54 Reaktoren im letzten Jahr Strom produziert haben. Aktuell ist nicht mal ein einziges japanisches AKW in Betrieb. Der World Nuclear Industry Status Report 2014 (WNISR), der in Washington von unabhängigen Fachexperten veröffentlicht worden ist, zeichnet mit der Einführung der Kategorie „langfristige Abschaltung“ (1) ein adäquateres Bild der Situation: Statt der offiziellen 434 AKW listet der WNISR nur 388 stromproduzierende AKW (Stand Juli 2014) (2).  Die wichtigsten Kennzahlen des World Nuclear Industry Status Report 2014 :

• Abnehmende Bedeutung von Atomkraft. Der Anteil der Atomkraft an der globalen, kommerziellen Energieproduktion hat weiter abgenommen. Nur noch 4.4 % der Energie werden weltweit aus Atomkraft produziert, so wenig wie zuletzt 1984.

• Schweiz betreibt ältestes AKW der Welt. Die AKW werden immer älter. Das globale Durchschnittsalter ist auf 28.5 Jahre gestiegen (Stand Mitte 2014). Die Schweiz liegt mit durchschnittlich 39.2 Jahren weit darüber. Beznau I ist mit 45 Jahren das älteste AKW der Welt.

• Steigende Betriebskosten. Die Kosten für die Atomstromerzeugung sind in Frankreich in den letzten drei Jahren um 16 % gestiegen (inflationsbereinigt). In den USA sind mehrere AKW abgeschaltet worden, da die Einnahmen die horrenden Betriebskosten nicht mehr decken konnten. Und auch in Belgien, Deutschland und Schweden ist das wirtschaftliche Überleben von Atomkraftwerken in Frage gestellt. 

• Erneuerbare überholen die Atomkraft. Im Jahr 2013 sind weltweit 32 Gigawatt  Wind und 27 Gigawatt solare Stromproduktionskapazitäten an die Netze angeschlossen worden. Die globalen Investitionen von 214 Milliarden Dollar in neue erneuerbare Energien lagen weit über den rund 50 Milliarden für Atomkraft. Brasilien, China, Deutschland, Indien, Japan und neu auch Spanien produzieren bereits heute mehr Strom aus erneuerbaren Energien als aus Atomkraft (exklusive Grossswasserkraft).

SCHWEIZ REGELT ABSCHALTDATEN NICHT

In den USA betragen die Betriebsbewilligungen für AKW 40 Jahre, mit der Option diese per Gesuch um weitere 20 Jahre zu verlängern. Entsprechende Gesuche wurden seit Mai 2012 jedoch keine mehr bewilligt. In Frankreich werden Betriebsbewilligungen jeweils für zehn Jahre erteilt und ebenfalls per Gesuch verlängert - jedoch nur, wenn die entsprechenden AKW zum Zeitpunkt des Gesuches den jeweils aktuellsten Sicherheitsstandards entsprechen.

Demgegenüber gibt es in der Schweiz keine solchen Laufzeitbeschränkungen. Laut Kernenergiegesetz dürfen AKW betrieben werden „so lange sie sicher sind“. Was "sicher" jedoch bedeutet, ist nicht definiert. Es ist dafür nicht etwa wie in Frankreich der aktuelle Sicherheitsstandard entscheidend, sondern für bestehende AKW der sogenannte „Stand der Nachrüsttechnik“. Ein solcher "Stand der Nachrüsttechnik" ist jedoch weder in der Schweiz noch irgendwo sonst auf der Welt definiert.

Fazit und Forderungen der SES: Der Report bestätigt den globalen Rückgang der Atomstromproduktion und bekräftigt damit den in der Schweiz beschlossenen Atomausstieg. In der aktuellen Vorlage der Energiestrategie 2050 ist jedoch nur das Verbot von neuen Atomkraftwerken vorgesehen. Klare Sicherheitskriterien und Abschaltdaten für bestehende AKW fehlen. "Das heutige Gesetz könnte für die Bevölkerung fatale Folgen haben", kritisiert Sabine von Stockar, Projektleiterin Atom&Strom der SES . Die Schweizerische Energie-Stiftung SES fordert das Parlament auf, den beschlossenen Atomausstieg ernst zu nehmen und vollständig umzusetzen. Hierzu müssen im Kernenergiegesetz eine Laufzeitbeschränkung für die bestehenden AKW und klare Sicherheitskriterien festgelegt werden.


(1) Ein Atomreaktor wird im WNISR als langfristig abgeschaltet bezeichnet, wenn er im vorangehenden Kalenderjahr 
und in den ersten sechs Monaten des laufenden Jahres keinen Strom produziert hat. 
(2) Nuclear Technology Report 2014, IAEA

Weitere Informationen

zum World Nuclear Industry Status Report:
Mycle Schneider 
Internationaler Energie- und Atompolitikberater und Hauptautor des WNISR
Mobil: +33 (620) 63 47 37
Email: mycle@orange.fr

zur Situation in der Schweiz:
Sabine von Stockar, Projektleiterin Schweizerische Energie-Stiftung
Mobil: 079 223 56 86

Quelle: Schweizerische Energie-Stiftung  / Bild: Guntram Rehsche

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Dienstag, 29. Juli 2014

«Im Kern bestätigt ENSI Risiken»

Dieter Majer, ehemaliger Leiter der deutschen Atomaufsicht, weist die Kritik des ENSI an seiner Studie „Risiko Altreaktoren Schweiz“ entschieden zurück: Die Stellungnahme des ENSI widerlege die Studie nicht. Die Schweizerische Energie-Stiftung SES und Greenpeace Schweiz, die diese Studie in Auftrag gegeben haben, fordern nun einen kritischen Dialog mit den Aufsichtsbehörden.

Am 13. Februar 2014 haben die Schweizerische Energie-Stiftung SES und Greenpeace Schweiz die Studie "Risiko Altreaktoren Schweiz" von Dieter Majer veröffentlicht. Am 23. Juni 2014 hat das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat ENSI mit einer Stellungnahme (Aktennotiz ENSI-AN-8874) auf die Studie reagiert: Die darin geäusserten Zweifel an der AKW-Sicherheit seien „technisch nicht haltbar“, schreibt das ENSI.

SES und Greenpeace haben diese Stellungnahme dem Autor vorgelegt. Nach gründlichem Studium kommt der ehemalige Leiter der Abteilung „Sicherheit kerntechnischer Einrichtungen“ des deutschen Bundesumweltministeriums zum Schluss, dass die wesentlichen Aussagen der Studie durch die Aktennotiz des ENSI nicht widerlegt werden. Aus der ausführlichen Stellungnahme von Dieter Majer möchten die beiden Organisationen folgende Punkte zusammenfassend herausheben: 

In vier Fällen verweist das ENSI auf die Schweizerische Gesetzgebung. Gemäss Majer entspricht diese zum Teil allerdings nicht dem aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik. Die in der Studie erwähnten Anforderungen würden hingegen den internationalen Stand von Wissenschaft und Technik darstellen (betrifft 4.3, 4.4, 4.7, 4.11 der Aktennotiz).

In zwei Fällen hat der Autor während der Erarbeitung der Studie versucht, sich beim ENSI über den genauen Sachverhalt zu informieren. Jedoch war das ENSI nicht bereit, Auskunft zu erteilen. Folglich sah sich der Autor gezwungen, Annahmen zu treffen. Dies ist in der Studie auch ausdrücklich so dargelegt (betrifft 4.1 und 4.5).

In zwei Fällen kritisiert das ENSI, dass die Aussagen auf einem „unsinnigen“ Stand von Wissenschaft und Technik beruhen. Eine Feststellung, die der Autor nicht nachvollziehen kann. Der Vorwurf „unsinnig“ sei unsachlich und werde deshalb nicht weiter kommentiert (betrifft 4.8 und 4.12).

In zehn Fällen widerlegt die Stellungnahme die Faktendarstellung des Autors inhaltlich nicht (betrifft 2.1, 2.2, 2.3, 3.3, 4.1, 4.3, 4.5, 4.8, 4.10 und 4.11).

In sieben Fällen bestätigt die ENSI-Stellungnahme die Studie (3.1, 4.2, 4.4, 4.6, 4.9, 5.1 und 5.2). 

Ausserdem lässt das ENSI von insgesamt 30 angesprochenen Einzelpunkten in der Studie 18 Punkte unkommentiert. Es ist daher davon auszugehen, dass das ENSI diese Aussagen gutheisst.

Der Autor Dieter Majer hält in seiner Empfehlung fest, dass die in der Studie problematisierten Themen, unter anderem Alterung, Nachrüstung sowie Abweichungen der Schweizer Atomkraftwerke vom internationalen Standard in einem kritischen Dialog behandelt werden sollen. Das Fazit seiner Studie: Die beiden Atomkraftwerke Mühleberg und Beznau sollten aus Sicherheitsgründen vom Netz genommen werden.

Die Schweizerische Energie-Stiftung und Greenpeace stellen fest, dass das ENSI in seiner Stellungnahme zwar die Studie kritisiert, diese aber nicht widerlegt. Majer kommt zum Schluss: „Im Kern hat das ENSI die AKW-Risiken bestätigt“. Die beiden Organisationen werden deshalb den kritischen Dialog mit dem ENSI-Rat suchen. Denn diese eine Tatsache bleibt sicher unwiderlegt: Unsere uralten AKW weisen ernst zu nehmende Sicherheitsmängel auf. 


Donnerstag, 24. Juli 2014

Was Atomstrom wirklich kostet



Der deutsche Publizist Franz Alt (Autor von sonnenseite.com) ist mit seinen Kommentaren auch immer wieder bei Solarmedia zu Gast - im Video ist er für einmal (fast) persönlich zu erleben. Er diskutiert gegen unverbesserliche Gegner der Energiewende und zeigt, dass es ohne diese noch viel teurer wird und die Atomenergie den teuersten Strom produziert.

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Mittwoch, 25. Juni 2014

Betreiber ungenügend zur Kasse

Jetzt ist zumindest teilweise Schluss mit der Atomstromproduktion auf Staatskosten: Am Mittwoch hat der Bundesrat die revidierte Stilllegungs- und Entsorgungsfondsverordnung verabschiedet und macht gemäss einer Stellungnahme der Schweizerischen Energie Stiftung einen Schritt in Richtung Kostenwahrheit. 

Ein Sicherheitszuschlag von 30% soll die Fehlfinanzierung verringern. Damit wird der Atomstrom teurer – würden allerdings alle Atomstromkosten internalisiert, würde sich der Atomstrompreis auf 36 Rappen pro Kilowattstunde erhöhen. Die Schweizerische Energie-Stiftung SES ermuntert den Bundesrat, alle Kosten der AKW zu internalisieren.
Ein Sicherheitszuschlag von 30% auf die berechneten Kosten soll die Finanzlücke verringern, die später anzufallen droht. Die Einführung eines Kostenzuschlages ist positiv zu werten, allerdings viel zu tief: Die Schweizerische Energie-Stiftung SES hat in ihrer Antwort zur Vernehmlassung einen Zuschlag von 100% gefordert. Denn: Die Stilllegung von Atomkraftwerken und die Entsorgung radioaktiver Abfälle sind zwei langwierige Vorhaben (Stilllegung bis zu 20 Jahren, die Entsorgung über mehrere Generationen), mit denen niemand Erfahrung hat – es gibt weltweit nur wenig zurückgebaute AKW und kein einziges Lager für hochradioaktiven Müll.
Der Atomstrom wird trotz Verbesserungen in der Stilllegungs- und Entsorgungsfondsverordnung weiterhin direkt oder indirekt subventioniert. Wären etwa die Betreiber adäquat versichert, würden die Prämien den Atomstrompreis massiv verteuern. Die bestehende Haftpflicht deckt die finanziellen Folgen eines möglichen Unfalls nur zu einem Bruchteil, bei einem schweren Unfall in einem Schweizer AKW müsste der Bund respektive die SteuerzahlerInnen aufkommen.

Würden alle direkten und indirekten Subventionen berücksichtigt, würde der Atomstrompreis auf 36 Rp/kWh ansteigen (mittleres Szenario der SES-Studie über die Vollkosten der Atomenergie). Die Schweizerische Energie-Stiftung SES ist erfreut, dass der Bundesrat bemüht ist, Kostenwahrheit bei Atomstrom herzustellen und ermuntert den Bundesrat, auch alle weiteren Atomstromkosten zu internalisieren.



Freitag, 23. Mai 2014

SchweizerInnen wollen Atomausstieg

Als hätte es noch eines Beweises bedurft: Die Mehrheit der Schweizer Bevölkerung befürwortet den Atomausstieg. Zudem sind Schweizer immer offener für alternative Energiequellen im eigenen Heim. Die geht aus einer Umfrage der Universität St. Gallen hervor. 

Demnach sagt die Mehrheit der schweizerischen Bevölkerung Ja zum Atomausstieg, wie das «4. Kundenbarometer Erneuerbare Energien» 2014 der Universität St. Gallen (HSG) zeigt. Die Studie wurde durch die Bankengruppe Raiffeisen finanziert. 77 Prozent der Schweizer würden der Studie zufolge in einer Volksabstimmung für den schrittweisen Ausstieg aus der Atomenergie bis ins Jahr 2034 stimmen.
Die Studie basiert auf einer repräsentativen Stichprobe der Schweizer Privathaushalte. Von den 1264 Befragten wohnen 26 % in der Westschweiz, 24 % im Gebiet der (Vor-)Alpen und 50 % im Mittelland. Befragt wurde zwischen dem 15. und 24. Januar 2014 mittels Online-Panel durch das Marktforschungsinstitut amPuls. In den Augen der Befragten sei der Ausstieg ein Einstieg in die erneuerbaren Energien, sagte Sylviane Chassot vom Lehrstuhl für Management Erneuerbarer Energien der HSG auf einem Branchenforum in St. Gallen. 46 Prozent der Hauseigentümer würden mittlerweile Energietechnologien wie Solarthermie, Photovoltaik oder Wärmepumpen nutzen. 2012 waren es noch 41 Prozent.

Ziel der Politik ist es nun, die erneuerbaren Energien näher an den Markt zu führen. Markt und Wettbewerb sollen in der gesamten Schweiz im Zentrum der Energiepolitik stehen, liess Walter Steinmann, Direktor des Bundesamts für Energie, in einer Mitteilung für das Branchenforum verlauten. Mittelfristig sollen die Anlagenbetreiber selbst für den Absatz des Stroms verantwortlich sein, «denn längerfristig gehen wir ja auch davon aus, dass diese Technologien preislich konkurrenzfähig sind.» Laut Steinmann wird der Kampf um Geschäftsmodelle im sich öffnenden Energiemarkt in den nächsten Jahren intensiver. Durch die Umstrukturierung bei der Energieversorgung träfen alteingesessene Energieversorgungsunternehmen auf Player aus anderen Branchen.

Hier geht es zur >>  Studie 4. Kundenbarometer Erneuerbare Energien (HSG)

Quelle:  Universität St. Gallen  / Diverse Agenturen

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Samstag, 17. Mai 2014

Atomstrom ist unbezahlbar

Den großen vier deutschen Stromkonzernen ging es finanziell noch nie so schlecht wie heute. Sie leiden an unbezahlbaren Folgekosten ihrer Atomkraftwerke, am halben Atomausstieg, an der Stilllegung ihrer Restmeiler und an den Kosten der Energiewende, die sie verschlafen haben. Ein Kommentar von Franz Alt.

Kein Wunder, dass Eon, RWE und EnBW jetzt vorschlagen, der Staat und damit die Steuerzahler mögen die weiteren Kosten des Atomzeitalters übernehmen. Bisher war immer vom billigen Atomstrom die Rede. Doch jetzt ist die Blase endgültig geplatzt wie die Bankenblase 2008. Auch dort wurde verdrängt, vertuscht und gelogen, dass sich die Balken bogen.

Die Atomlobby ist zu einer Entsorgung der ganz besonderen Art gezwungen. Sie muss sich selbst entsorgen und sie muss zugeben, dass die 36 Milliarden Euro bisheriger Rückstellung niemals ausreichen, um die Meiler abzureisen und den Atommüll eine Million Jahre lang zu entsorgen. Damit ist Atomstrom an seiner Unbezahlbarkeit endgültig gescheitert. Und in Deutschland ist in diesen Tagen nur der Anfang vom Ende des Atomzeitalters sichtbar geworden.

Die „Zeit“ nennt das Ansinnen der Konzerne „prinzipiell unanständig, aber sinnvoll“. Und sie hat damit recht.

Schon heute ist mit Atomstrom kein Geld mehr zu verdienen. Das wurde spätestens klar, als E.on ankündigte, sein AKW in Grafenrheinfeld sieben Monate früher zu schließen als von der Bundesregierung gefordert. Die Zeiten, in denen AKW noch Gelddruckmaschinen waren, sind ein für allemal vorbei.

Jetzt wird unerbittlich die realistische Rechnung für den Wahnsinn des Atomzeitalters präsentiert. Mit Marktwirtschaft hat dieses Ansinnen der Konzerne natürlich gar nichts zu tun. Dass beim Atomstrom jemals das Verursacherprinzip der Marktwirtschaft funktionieren könnte, war die eigentliche Illusion, besser der große Selbstbetrug.

Die Konzerne haben Jahrzehnte mit Atomstrom gut Geld verdient, aber selbst damit sind dessen Ewigkeitskosten nicht zu finanzieren. Der einhellige Aufschrei von links bis konservativ gegen die Stiftungsidee der Konzerne ist zwar verständlich, aber erschreckend naiv und unpolitisch. Doch er wird umsonst sein.


Wer, wenn nicht die Steuerzahler soll die Kosten übernehmen, die sonst niemand bezahlen kann? Und die Kosten fallen nun mal an. 

Treuherzig erinnern jetzt die Bundeskanzlerin und viele Konservative an das Verursacherprinzip der Marktwirtschaft. Aber das wird gar nichts nutzen. Am Schluss bleibt nur der Steuerzahler. Das Problem ist nicht die Idee einer öffentlich-rechtlichen Stiftung zum Abwickeln des Atomzeitalters. Das Problem ist, dass sich Millionen Menschen Jahrzehnte lang haben an der Nase herumführen lassen und nicht selbst über die Unbezahlbarkeit der Folgekosten nachgedacht haben. 

Das schmutzige Ende des Atomzeitalters kommt uns alle teuer zu stehen. Wen denn sonst?

Für die Energiewende heißt diese Erkenntnis: Sonne und Wind schicken keine Rechnung und sie verursachen auch nur geringe Folgekosten. Worauf warten wir eigentlich?

Dienstag, 8. April 2014

10'000e gegen Atomsubventionen

Sollen hohe staatliche Subventionen für Atomkraft erlaubt sein? Darüber entscheidet derzeit die Europäische Kommission. Großbritannien hatte im Herbst um die Genehmigung von festgelegten Einspeisevergütungen für Strom aus dem in Planung befindlichen Atomkraftwerk Hinkley Point C im Süden des Landes angefragt. Damit sollen dem Betreiber Electricité de France (EdF) über 35 Jahre feste Einnahmen garantiert werden, umgerechnet 11 Ct/kWh plus Inflationsausgleich.

Normalerweise sind solche Beihilfen verboten, hier soll die EU aber eine Ausnahme machen. Gleichzeitig werden in einem anderen Prozedere staatliche Hilfen, auch für Erneuerbare Energien, grundsätzlich in Frage gestellt. Die Entscheidung der EU-Kommission wird richtungsentscheidend sein, weil auch andere AKW –wie etwa Temelin in Tschechien- Unterstützung brauchen. Bis 07.04.2014 hatten alle EU-Bürger die Möglichkeit, sich einen Monat lang dazu zu äußern. Umweltpreisträgerin und Vorstand der Elektrizitätswerke Schönau (EWS) Ursula Sladek appelliert an die EU-Kommissare: „Dem Antrag Großbritanniens auf Förderung der Atomkraft darf auf keinen Fall stattgegeben werden. Die beantragten Subventionen für eine Technologie, die ohnehin seit mehr als 6 Dekaden mit staatlichen Subventionen gestützt wurde, stellen in Ausmaß und Dauer alles in den Schatten, was bisher an Anschub-Förderung für Sonnen- und Windstrom geflossen ist. Die Atomkraft behindert die Erneuerbaren Energien nicht nur durch Kapitalbindung, sondern auch durch Inkompatibilität. Die träge Technologie kann weder auf fluktuierende Nachfrage noch Einspeisung der Erneuerbaren flexibel reagieren.“

Dem Aufruf der EWS www.ews-schoenau.de/einspruch, gegen die geplanten Atomsubventionen zu protestieren, sind mehr als 16.000 Bürger gefolgt. Auch in Frankreich haben sich etwa 4600 Bürger beteiligt. Am größten ist der Widerspruch aus Österreich, wo über das Netzwerk GLOBAL 2000 mehr als 20000 Einsprüche gezählt wurden (derStandard.at: Breite Front gegen Briten-AKW) und wo auch die Regierung gegen jede Art der Förderung von Atomkraft auftritt (der Standard berichtete). Auch aus rein wettbewerblicher Sicht ist dieser Fall umstritten. Eine Studie der Universität Linz, Institut für Europarecht, kommt zu dem Schluss, dass eine Gewährung der Beihilfen mit dem EU-Recht unvereinbar sei. (siehe Medieninformation zur Pressekonferenz mit Univ.-Prof. Dr. Franz Leidenmühler Institut für Europarecht, JKU Linz).

Die EWS Schönau sind ein unabhängiger Ökostromstromversorger mit rund 150.000 Kunden. Aus einer Elterninitiative gegen Atomkraft entstanden, setzen sie sich konsequent für den Umstieg auf 100 Prozent Erneuerbare Energien ein und beteiligen sich auch an der politischen Diskussion. Zuletzt stellten sie gemeinsam mit Greenpeace Energy und naturstrom ein Modell zur Integration von Ökostrom vor, das Ökostrom-Markt-Modell.

Quelle: EWS Schönau 2014

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Dienstag, 11. März 2014

11. März: Fukushima und kein Ende

„Die Lage in Fukushima ist unter Kontrolle“, versichert Japans Ministerpräsident Shinzo Abe bei der Vergabezeremonie für die Olympischen Spiele beruhigend. Der gegenwärtige Regierungschef Japans hat auch den von seiner Vorgängerregierung angekündigten Ausstieg aus der Atomenergie bis 2040 wieder rückgängig gemacht. Sogar neue Atomkraftwerke sind in Japan geplant. Ein Kommentar zum 3. Jahrestag der Atomkatastrophe in Fukushima mit dem Fazit: Alle Erfahrungen seit der Katastrophe am 11. März 2011 in Fukushima sprechen gegen die Atomenergie:
  • Jeden Tag fließen noch immer mehr als 200.000 Liter radioaktiv verseuchtes Wasser in den Pazifischen Ozean.
  • Kontaminierte Böden finden sich auch weit entfernt vom Ort der Katastrophe.
  • Bis jetzt mussten 33 Kinder aus der Fukushima-Region gegen Schilddrüsen-Krebs operiert werden, 41 weitere Kinder stehen unter Krebsverdacht. Bei 55.000 Kindern wurden bei Untersuchungen Schilddrüsenzysten oder –Knoten festgestellt. Sie müssen nicht zu Krebs führen, aber sie können.
  • Die Ärzteorganisation IPPNW erwartet zwischen 22.000 und 66.000 Krebsfälle aufgrund der Erfahrungen in Tschernobyl. Diese Schätzungen basieren auf Daten der Weltgesundheitsorganisation.
  • Die radioaktive Verstrahlung ist zehnmal höher als bislang von der Betreiber-Firma Tepco angegeben.
  • Noch immer sind 140.000 Einwohner der Präfektur Fukushima evakuiert.
  • Mehr als 50 US-Soldaten, die im März 2011 auf einem Marineschiff in der Nähe von Fukushima im Einsatz waren, sind in der Zwischenzeit schwer erkrankt. Sie leiden an Leukämie und verklagen Tepco auf Schadenersatz.
Diese Fakten zeigen, dass auch drei Jahre nach der Katastrophe ein Ende der Schreckensmeldungen nicht absehbar ist. Die Erfahrungen früherer Atomunfälle machen vielmehr deutlich, dass die schlimmsten Folgen von Fukushima nicht hinter uns, sondern vor uns liegen. Hisayo Takada von Green Peace Japan sagt: „Die Leiden der Bevölkerung werden von der japanischen Regierung ignoriert. Bis heute tut die Regierung so als wäre die Krise vorbei. Es wird bewusst falsch informiert und den Opfern erzählt, dass sie irgendwann in ihre Häuser zurückkehren könnten. Das Kalkül dahinter ist klar: So müssen Kompensationszahlungen nicht zur Verfügung gestellt werden.“

Die Fukushima-Opfer leben bis heute in temporären Behausungen und wurden bisher nicht angemessen entschädigt.

Ein Beweis für die hilflose Reaktion der japanischen Regierung auf die Katastrophe ist die Politik der Grenzwerterhöhung. Und die ging so: Bis März 2011 galt ein Grenzwert von 100 Becquerel pro Kilogramm als gefährlich. Nach der Katastrophe wurden die Grenzwerte jedoch auf 8.000 angehoben. So wollte man die verängstigte Bevölkerung in Sicherheit wiegen.

Nach dem Unfall wurden alle 52 japanischen AKW vorübergehend abgeschaltet. Doch in der Zwischenzeit wollte die japanische Regierung die ersten Kraftwerke wieder ans Netz bringen, scheiterte aber überall am Widerstand der regionalen Bevölkerung. Über 65% der Japaner sprechen sich jetzt bei Umfragen gegen Atomenergie aus. Vor der Katastrophe waren es weniger als 40%.

Es gab Anti-AKW-Demos mit über 100.000 Teilnehmern. Die Bewegung „Sayonara genpatu“ („Tschüss Atomkraft“) sammelte über 7,5 Millionen Unterschriften gegen Atomenergie. Jede Woche gibt es „Freitagsdemonstrationen“. Die Reaktorkatastrophe hat Japan verändert. Aber noch nicht ausreichend, um einen dauerhaften Atomausstieg wie in Deutschland politisch durchzusetzen.

Wie ist das möglich?
Der Hauptgrund ist das sogenannte „Atom-Dorf“ in Japan: So wird die Verfilzung von Stromkonzernen, Politik, Bürokratie, Medien, Wissenschaft und Kraftwerksbauern genannt. Hinzu kommen die Interessen der Kapitalanleger, die mehr an ihrer Rendite als an der Sicherheit ihres Landes interessiert sind. Die japanische Atomindustrie dient nicht in erster Linie der Erzeugung von Strom, sondern primär den Interessen des Kapitals. Und solange die Allgemeinheit die Folgekosten wie Unfälle oder gar die Entsorgung des Atommülls trägt, ist Atomstrom billiger als Erneuerbare Energie. Noch. Deshalb sind AKW unter dem vorherrschenden kapitalistischen Wachstumszwang ein attraktives Investitionsziel.

Greenpeace Japan hat herausgefunden, warum im Sommer 2012 das bis dahin abgeschaltete Kernkraftwerk Oi an der Japansee wieder ans Netz ging. Es war der Druck der 18 Großaktionäre, darunter 15 Großbanken, die allesamt nicht auf ihre Rendite verzichten wollten. Aber noch stärker war dann der Druck der Bevölkerung. Auch Oi musste inzwischen wieder abgeschaltet werden. Auch in Japan verstehen immer mehr Menschen, dass der Kampf gegen die Atomkraft ein Kampf für das Leben ist. Auch in Japan verwandelt sich Wut in Protest gegen die alte Energiewirtschaft. Deshalb boomen in Japan seit drei Jahren die Solarenergie und die Windbranche.

Verdrängen, vertuschen, verleugnen: diese Politik der Regierung geht auch im obrigkeitsorientierten Japan heute nicht mehr auf. Täuschen, tricksen, drohen aus Profitinteressen: auch in Japan durchschauen viele Menschen die Machenschaften der Profiteure. Auch wenn die Regierung wieder auf Atomkurs ist oder vielleicht gerade deshalb: Die Menschen haben gelernt, dass atomares Restrisiko exakt jenes Risiko ist, das uns jeden Tag den “Rest“ geben kann. Deshalb heißt es nämlich genau so.

Diese Entwicklung in Fernost ist ein Symbol für die weltweite Entwicklung der Atomenergie. Sie hat ihren Zenit überschritten. Die auch hierzulande oft zu hörende Mär von der „Renaissance der Atomenergie“ ist leicht durchschaubares Wunschdenken der Atomlobby und der Ewiggestrigen. Weltweit wurde die größte Menge Atomstrom 2006 erzeugt, die meisten Atomkraftwerke wurden 2002 betrieben und bereits 1993 war der höchste relative Anteil der Atomenergie an der kommerziellen Stromerzeugung mit 17% erreicht. Heute beträgt er unter zehn Prozent.

Es lohnt sich jetzt rein wirtschaftlich nicht mehr, neue AKW zu bauen. Die englische Regierung versucht es gerade, braucht aber höhere Einspeise-Vergütungen für Atomstrom als für Sonnen- oder Windkraft, damit sich AKWs noch rechnen. Die Europäische Kommission hat Einspruch angemeldet. In Finnland verzögert sich der Bau eines neuen AKW seit vielen Jahren, weil private Betreiber die Kosten scheuen und der Staat vor zu hohen Subventionen zurückschreckt.

Weltweit steigt der Anteil der Erneuerbaren und der Anteil der atomaren Stromversorgung sinkt. An dieser Entwicklung wird aus Gründen der Sicherheit, aber auch aus ökonomischen und ökologischen Gründen mittel- und langfristig kein Weg vorbeiführen. Denn die Erneuerbaren werden von Jahr zu Jahr preiswerter, während wegen der zu Ende gehenden Ressourcen die alten fossil-atomaren Energieträger immer teurer werden müssen. Selbst die atomfreundliche Regierung in Tokio hat nach Fukushima die Sicherheitsauflagen für japanische AKW so erhöhen müssen, dass auch dort die Betreiber wegen der immer höher werdenden Kosten stöhnen.

Ich habe einmal in einer Fernsehsendung ironisch gefragt: „Was kostet es, einen Pförtner zu bezahlen, der eine Million Jahre lang ein Atommülllager bewachen muss?“. Ein kluger deutscher Mathematik-Professor hat mir dann diese Rechnung aufgemacht:  Wenn dieser Pförtner eine Million Jahre pro Monat 2.500 Euro verdient und mit einer Inflationsrate von nur zwei Prozent gerechnet wird, dann kostet dieser Pförtner mehr Geld als alle Menschen der ganzen Welt heute insgesamt zur Verfügung haben. Billiger Atomstrom? Es darf gelacht werden. Auch in tausend Jahren schicken Sonne und Wind noch immer keine Rechnung. Die Erneuerbaren sind ein Geschenk des Himmels - Energie von ganz, ganz oben. Energie vom Chef selbst.

In Ländern wie China, Russland oder Großbritannien werden zwar noch neue AKW angekündigt, aber kaum noch gebaut. China hat 2013 erstmals mehr Geld in erneuerbare Energieanlagen investiert als in alle fossil-atomare Energieträger zusammen. Nicht nur Deutschland, auch Indien, Japan und Spanien produzieren inzwischen mehr Strom aus erneuerbaren Quellen als mit Hilfe atomarer Spaltung.

Ein elftes Gebot scheint sich jetzt weltweit durchzusetzen: du sollst den Kern nicht spalten!