Dienstag, 29. Juli 2014

«Im Kern bestätigt ENSI Risiken»

Dieter Majer, ehemaliger Leiter der deutschen Atomaufsicht, weist die Kritik des ENSI an seiner Studie „Risiko Altreaktoren Schweiz“ entschieden zurück: Die Stellungnahme des ENSI widerlege die Studie nicht. Die Schweizerische Energie-Stiftung SES und Greenpeace Schweiz, die diese Studie in Auftrag gegeben haben, fordern nun einen kritischen Dialog mit den Aufsichtsbehörden.

Am 13. Februar 2014 haben die Schweizerische Energie-Stiftung SES und Greenpeace Schweiz die Studie "Risiko Altreaktoren Schweiz" von Dieter Majer veröffentlicht. Am 23. Juni 2014 hat das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat ENSI mit einer Stellungnahme (Aktennotiz ENSI-AN-8874) auf die Studie reagiert: Die darin geäusserten Zweifel an der AKW-Sicherheit seien „technisch nicht haltbar“, schreibt das ENSI.

SES und Greenpeace haben diese Stellungnahme dem Autor vorgelegt. Nach gründlichem Studium kommt der ehemalige Leiter der Abteilung „Sicherheit kerntechnischer Einrichtungen“ des deutschen Bundesumweltministeriums zum Schluss, dass die wesentlichen Aussagen der Studie durch die Aktennotiz des ENSI nicht widerlegt werden. Aus der ausführlichen Stellungnahme von Dieter Majer möchten die beiden Organisationen folgende Punkte zusammenfassend herausheben: 

In vier Fällen verweist das ENSI auf die Schweizerische Gesetzgebung. Gemäss Majer entspricht diese zum Teil allerdings nicht dem aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik. Die in der Studie erwähnten Anforderungen würden hingegen den internationalen Stand von Wissenschaft und Technik darstellen (betrifft 4.3, 4.4, 4.7, 4.11 der Aktennotiz).

In zwei Fällen hat der Autor während der Erarbeitung der Studie versucht, sich beim ENSI über den genauen Sachverhalt zu informieren. Jedoch war das ENSI nicht bereit, Auskunft zu erteilen. Folglich sah sich der Autor gezwungen, Annahmen zu treffen. Dies ist in der Studie auch ausdrücklich so dargelegt (betrifft 4.1 und 4.5).

In zwei Fällen kritisiert das ENSI, dass die Aussagen auf einem „unsinnigen“ Stand von Wissenschaft und Technik beruhen. Eine Feststellung, die der Autor nicht nachvollziehen kann. Der Vorwurf „unsinnig“ sei unsachlich und werde deshalb nicht weiter kommentiert (betrifft 4.8 und 4.12).

In zehn Fällen widerlegt die Stellungnahme die Faktendarstellung des Autors inhaltlich nicht (betrifft 2.1, 2.2, 2.3, 3.3, 4.1, 4.3, 4.5, 4.8, 4.10 und 4.11).

In sieben Fällen bestätigt die ENSI-Stellungnahme die Studie (3.1, 4.2, 4.4, 4.6, 4.9, 5.1 und 5.2). 

Ausserdem lässt das ENSI von insgesamt 30 angesprochenen Einzelpunkten in der Studie 18 Punkte unkommentiert. Es ist daher davon auszugehen, dass das ENSI diese Aussagen gutheisst.

Der Autor Dieter Majer hält in seiner Empfehlung fest, dass die in der Studie problematisierten Themen, unter anderem Alterung, Nachrüstung sowie Abweichungen der Schweizer Atomkraftwerke vom internationalen Standard in einem kritischen Dialog behandelt werden sollen. Das Fazit seiner Studie: Die beiden Atomkraftwerke Mühleberg und Beznau sollten aus Sicherheitsgründen vom Netz genommen werden.

Die Schweizerische Energie-Stiftung und Greenpeace stellen fest, dass das ENSI in seiner Stellungnahme zwar die Studie kritisiert, diese aber nicht widerlegt. Majer kommt zum Schluss: „Im Kern hat das ENSI die AKW-Risiken bestätigt“. Die beiden Organisationen werden deshalb den kritischen Dialog mit dem ENSI-Rat suchen. Denn diese eine Tatsache bleibt sicher unwiderlegt: Unsere uralten AKW weisen ernst zu nehmende Sicherheitsmängel auf. 


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen