Mittwoch, 31. August 2011

Der Ausstieg vom Ausstieg

Ob des Entscheids der ständerätlichen Kommission zur Frage des Atomausstiegs müssen die Verfechter Erneuerbarer Energien beunruhigt sein. Unter dem Eindruck von Fukushima waren einst selbst der Bundesrat und der Nationalrat deutlich von der künftigen Nutzung der Atomenergie abgerückt . Jetzt aber soll wieder alles anders sein, unglücklicherweise erst noch mit Zustimmung der sonst atomkritischen Parteien. Ein Kommentar des Solarmedia-Autors Guntram Rehsche.




Deutliche Ablehnung des neuerlichen Zickzack-Kurses zeigt immerhin Jürg Buri, Geschäftsführer Schweizerische Energie-Stiftung SES und Präsident der Allianz «Nein zu neuen AKW» «Die Atomlobby hat sich in der Umweltkommission des Ständerates durchgesetzt. Mit dem Entscheid, die Atomoption offen zu halten und auf neue Atomreaktoren zu warten, erweist sie unserem Land einen Bärendienst. Erstens, weil es nie neue AKW geben wird, die keinen radioaktiven Müll mehr produzieren, und zweitens, weil die Stromwirtschaft jetzt klare Signale und Planungssicherheit braucht. Das Plenum des Ständerates muss diesen Fehlentscheid dringend korrigieren und dem Ausstiegsbeschluss von Bundes-und Nationalrat folgen.»

Die Zustimmung aller Partei-Vertreter in der Ständeratskommission (mit Ausnahme der sich enthaltenden SVP-Vertreter!), irritiert hingegen. Soweit von aussen beurteilbar wurde beim Entscheid der ständerätlichen Kommission die Abfallproblematik – denn die drängt aktuell am meisten – kaum beachtet. Wird doch mit jedem Tag Laufzeit der alten und allenfalls neuen AKW zusätzli strahlender Abfall produziert. Wohin damit? Problem Nr.1 ungelöst.

Sodann verhinderte ein Entscheid im Sinne der ständerätlichen Kommission ganz sicher die volle Konzentration auf den Umstieg hin zu Erneuerbaren – und zu einer 100prozentigen Versorgung der Schweiz mit eben diesen (siehe dazu Solarmedia vom ). Problem Nr. 2 ungelöst. Illustriert wurde das Problem mit dem ausdrücklichen Wunsch der StänderätInnen, künftig weiterhin in der Atomforschung von Staates wegen aktiv zu sein. Und weil vollends ungeklärt bleibt, was eine neue akzeptable Atomtechnologie denn heissen müsste - Verena Diener definierte diese mit beschränktem Strahlungspotential bei Unfall und Strahlungsabbau der Abfälle innert 50-70 Jahren – wird die Atomlobby schon bald mit der kleinsten technologischen Veränderung als grossen Schritt hausieren.

Problem Nr. 3:
Das Volk wird, man entschuldige den Ausdruck, erneut verarscht! Die atomkritische Stimmung war schon vor Fukushima virulent – so erzielten die Befürworter eines Ersatz-Neubaus in Mühleberg bei einer Konsultativ-Abstimmung im Februar nur einen hauchdünnen Sieg – trotz der bekanntermassen vergleichsweise atomunkritischen Haltung der Berner Bevölkerung. Und jedem/jeder war eigentlich klar, wie diese Abstimmung nach Fukushima ausgefallen wäre – schweizweit erst recht.

Parteipolitisch sorgt die höchst zweifelhafte Entscheidung zwar für Klärung:
Weder die Grünliberalen noch die vermeintlich grüne Rote Partei verfolgen eine klare Linie in der Atompolitik, lassen sich auf Händel ein und gebärden sich äusserst naiv: Denn was bürgerliche Versprechen wert sind, zeigten zuletzt deren Missachtung bei der Off-Roader-Initiative zum Verbot grosser Benzinschlucker wie bei der Kampfjet-Inititaive der Gruppe für eine Schweiz ohne Armee: Beide wurden unter dem Eindruck eines erzielten Kompromisses zurückgezogen. Und nach den gebrochenen Versprechen stehen die Initianten mit leeren Händen dar. Das darf, das wird in der Atomfrage nicht geschehen, notfalls auch ohne Parteien.

Ein weiteres Problem: Was der Atomwirtschaft Versprechen, Abmachungen, ja gar Verordnungen und Gesetze wert sind, zeigte der gleichentags erfolgte Entscheid der BKW, die das alte AKW Mühleberg betreibt. Sie will gänzlich neben allen politischen Sensibilität schon in vier Wochen wieder zur Normalität zurückkehren – will heissen Mühleberg trotz aller Sicherheitsmängel (Hochwasserschutz nicht erfüllt, Risse im Mantel weiterhin ungeklärt) wieder in Betreib nehmen.

Einzig tröstlich, was am Dienstag auch bekannt wurde: Selbst die Internationale Energieagentur (IEA) sieht den wichtigsten Part der Energieversorgung bis ins Jahr 2060 bei den Erneuerbaren Energien, mit starker Vormachtstellung der Solarenergie (siehe Solarmedia vom 31. August 2011). Aber in der Schweiz träumt man / frau zumindest unter PolitikerInnen schon wieder weit verbreitet atomar....

© Solarmedia

^^^

Energieagentur vollzieht Wende

Es gibt viele Vorhersagen zur wachsenden Bedeutung der Solarenergie im Speziellen und der Erneuerbaren im Allgemeinen. Doch was jetzt die Internationale Energieagentur (IEA) verlauten lässt, ist nach deren früheren Einschätzungen erstaunlich. Sagte sie doch stets eine anhaltende Vormachtstellung der fossilen Energieträger voraus – jetzt erfolgt ein radikaler Kurswechsel.

Gemäss der Prognose der Internationalen Energieagentur (IEA) wird Energie aus Photovoltaik- und Solarthermiekraftwerken bis zum Jahr 2060 demnach rund 60 Prozent des weltweiten Strombedarfs decken und damit zur wichtigsten Energiequelle. Die IEA bestätigte ihre neue Vorhersage vorab gegenüber der Fachzeitschrift PHOTON. Die zugrunde liegende Solarstudie wird allerdings erst im November 2011 erscheinen. Bisher war die Energieagentur davon ausgegangen, dass Solarstrom bis zum Jahr 2050 lediglich etwa 21 Prozent des globalen Energiehungers stillen kann.

Bloomberg meldet derweilen, dass die IEA auch für den restlichen Weltenergiebedarf den anderen Erneuerbaren die entscheidende Rolle zuerkennt: Windenergie, Wasserkraft und Biomasse kommen dafür in Frage. Cédric Philibert, Senioranalyst in der Abteilung Erneuerbare Energien der IEA (siehe Bild)sagte gegenüber der Wirtschaftsagentur: «Photovoltaik und Solarthermie (im Grossen wie im Kleinen) werden zur weltweit wichtigsten Energiequelle. Und das bei insgesamt deutlich erhöhter Stromproduktion.» Und Philibert weist auch auf die Bedeutung der Entwicklung für die Klimafrage hin: Er stellt eine 90prozentige Senkung des CO2-Ausstosses der Energiebranche nach der Wende in Aussicht. Er wird seine Erkenntnisse anfangs September an einer Energiekonferenz im deutschen Kassel detaillierter umreissen. Die umfassenden neuen Erkenntnisse der IEA, die einem echten Paradigmenwechsel gleichkommen, werden also gegen Ende des Jahres als eigenständige Solarstudie veröffentlicht. Mit der Vorhersage verbunden wirdn seitens der Organisation mit Sitz in Paris die Aufforderung, von den hervorragenden Renditeaussichten künftiger Projekte zur Nutzung Erneuerbarer Energien Gebrauch zu machen. Bloomberg selbst weist darauf hin, dass die 17 Einzelanlagen Bloomberg Large Solar Energy Index derzeit einen Marktwert von 27 Milliarden $ aufwiesen – gegenber dem rund 100mal grösseren Marktvolumen des MSCI World Energy Index’s mit 119 enthaltenen Unternehmen.

Quellen: PHOTON Europe GmbH / Bloomberg

© Solarmedia

^^^

Dienstag, 30. August 2011

2012 Jahr der Erneuerbaren

Die UNO Ende des vergangenen Jahres 2012 zum Internationalen Jahr der erneuerbaren Energie für alle erklärt.

Erdöl ist der mit Abstand wichtigste Energieträger der Welt. Industriell gefördert wird es erst seit 1859, also seit gut 150 Jahren. In dieser aus historischer Sicht relativ kurzen Zeit hat der billige und stete Zufluss von Energie unsere Welt fundamental verändert. In den industrialisierten Ländern der Welt wurde der Wohlstand enorm erhöht. Zudem bildete das Erdöl in vielen Fällen die Basis für die Produktion und den Transport einer Vielzahl von materiellen Gütern. In den nächsten 20 Jahren ist der Höhepunkt der Erdölfunde allerdings voraussichtlich erreicht. Es ist ungewiss, wie der Energiehunger der Welt danach gestillt werden soll. Zwei entgegengesetzte Herausforderungen stellen sich:
- Für den wirtschaftlich-sozialen Fortschritt und die Erreichung der Millenium Develppment Goals (MDG) ist eine angemessene Energieversorgung entscheidend. Weltweit leben rund zwei Milliarden Menschen ohne Elektrizität.
- Die Weltgemeinschaft muss ihren Kohlendioxid-Ausstoss wegen des Klimawandels drastisch reduzieren.

Erneuerbare Energien sind von entscheidender Bedeutung, um die Welt auf einen sichereren, zuverlässigeren und nachhaltigeren Energiepfad zu führen. Das Potenzial ist zweifellos immens, aber wie schnell ihr Anteil bei der Deckung des globalen Energiebedarfs wächst, hängt kritisch von der Stärke staatlicher Unterstützungsmassnahmen ab. Diese werden entscheidend dazu beitragen, die Wettbewerbsfähigkeit von erneuerbaren Energieträgern zu erhöhen und technologische Weiterentwicklung zu fördern. Das Bild zeigt Windanlagen in Brasilien - Foto: Martin Enkelmann. Die Möglichkeiten einer stärkeren Nutzung der erneuerbaren Energien sind - absolut betrachtet - in der Stromerzeugung am grössten. Im Szenario der neuen energiepolitischen Rahmenbedingungen verdreifacht sich die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien zwischen 2008 und 2035. Der Anteil der erneuerbaren Energien an der Weltstromerzeugung erhöht sich in diesem Zeitraum von 19% auf beinahe ein Drittel und schliesst damit zur Kohle auf. Dieser Anstieg geht in erster Linie auf Wind- und Wasserkraft zurück, wobei Wasserkraft in der Referenzperiode dominant bleibt.

Die Stromerzeugung durch Photovoltaik-Anlagen nimmt rasch zu, obgleich ihr Anteil an der Weltstromerzeugung 2035 nur ca. 2% erreicht. Der Anteil moderner, erneuerbarer Energien an der Wärmeerzeugung in der Industrie und im Gebäudesektor steigt von 10% auf 16%. Die Nutzung von Biokraftstoffen erhöht sich zwischen 2008 und 2035 um mehr als das Vierfache, und liefert am Ende der Referenzperiode 8% des im Strassenverkehr benötigten Kraftstoffs (gegenüber 3% heute).

Quelle: Schweizerische Unesco-Kommission

^^^

Samstag, 27. August 2011

Japan senkt Schulgrenzwerte

Das japanische Wissenschaftsministerium hat am Samstag angekündigt, die Radioaktivitätsgrenzwerte für Schulen auf den westlichen Grenzwert von 1 Millisievert pro Jahr zu senken. Unmittelbar nach dem Super-GAU in Fukushima waren sie angehoben worden.

„Die Anhebung der Grenzwerte auf die Jahresdosis eines deutschen Atomkraftwerks-Arbeiters – 20 Millisievert – war eine wahnsinnige Verzweiflungstat der japanischen Regierung, um nicht zugeben zu müssen, dass ein viel größeres Gebiet als die Evakuierungszone stark radioaktiv belastet ist“, berichtet Akiko Yoshida von japanische Partnerorganisation von GLOBAL 2000, Friends of the Earth Japan. „Wir haben zusammen mit Wissenschaftlern und Eltern aus der betroffenen Region seit Monaten für die Senkung der Grenzwerte und flächendeckende Radioaktivitätsmessungen kampagnisiert, diese Senkung ist ein großer Erfolg für uns. Es ist aber klar, dass der jetzt angesetzte Grenzwert nur durch Rechentricks einhaltbar ist -- die Kinder dürfen sich nur einen Teil des Tages in so stark belasteten Schulen aufhalten, und radioaktive Nahrungsmittel dürfen auch nicht ins Schul-Mittagessen gelangen.“

Durch die radioaktiven Freisetzungen aus den explodierten Reaktoren und das verdampfende hochradioaktive Kühlwasser wurde eine viel größere Region als die von der Regierung festgelegte 20 km-Zone um das havarierte AKW radioaktiv verstrahlt. In Schulen der 60 Kilometer entfernten Großstadt Fukushima ist der Boden so stark mit langlebigen Cäsium-Isotopen belastet, dass die Radioaktivität in der Luft immer noch bei bis zu 2,1 Mikrosievert pro Stunde liegt – oder 18 Millisievert pro Jahr. „Die Regierung hat im Juli ausführliche Messungen mit Dosimetern in den 55 Schulen der Region durchführen lassen, in denen selbst der viel zu hohe Grenzwert von 20 Millisievert überschritten worden wäre“, berichtet Dr. Reinhard Uhrig, Atomexperte von GLOBAL 2000. „Man hat dann einfach im Schulgebiet die Erde oberflächlich abgetragen und durch unbelastete Erde ersetzt, um die Strahlungsdosis zu senken. Diese Verbesserung ist jedoch nur punktuell - die Schulwege sind weiterhin verseucht. Besonders belastet sind die Straßenkanäle, an denen die Schulwege oft entlangführen. Dort hat sich radioaktiver Schlamm angesammelt.“

Die im Juli veröffentlichten Messungen ergeben auch, dass die jetzt vorgegebenen Grenzwerte nur eingehalten werden können, wenn die Schulen Freiluft-Aktivitäten wie Sport oder den Gebrauch von Pausenhöfen und Spielplätzen sehr stark einschränken oder ganz verbieten: 41 Schulen erlauben den Aufenthalt für SchülerInnen im Freien nur stundenweise, 13 gar nicht. Nur eine Schule konnte die Kinder wieder unbegrenzt ins Freie lassen.

Selbst innerhalb der Schulgebäude gibt es Unterschiede in der Strahlenbelastung durch die Nähe zu den Fenstern – je weiter man sich im Inneren des Klassenzimmers befindet, desto niedriger ist die Belastung. „Es zeigt sich, dass hier höchstens Schadensbegrenzung betrieben werden kann. Niemand kann ausschließen, dass Kinder in diesem radioaktiven Minenfeld mit hochradioaktiven Stellen in Berührung kommen. Wir erwarten innerhalb der kommenden Jahre eine statistisch signifikante Erhöhung der Krebserkrankungen bei japanischen Schulkindern“, erklärt Uhrig. „Die Regierung muss die Belastung des gesamten betroffenen Gebietes lückenlos kontrollieren und weitere besonders stark belastete Gebiete evakuieren lassen -- wie dies auch nach der Reaktorkatastrophe in Tschernobyl in der Ukraine und Weißrussland gemacht werden musste."

Quelle: Global 2000

^^^

Mittwoch, 24. August 2011

Beben in USA mit Atomfolgen

Die Erdstöße im Osten der USA haben Zweifel an der Sicherheit der amerikanischen Atommeiler geweckt. Mindestens ein Kraftwerk meldete erhebliche Probleme, die an den Beginn der Fukushima-Katastrophe erinnern. Amerikas AKW-Industrie steht vor einer unangenehmen Diskussion - wie ein Bericht von Spiegel Online zeigt.

Noch vor einem Jahr war es eine eher theoretische Überlegung: Im August 2010 veröffentlichte die US-Atomaufsicht ein Papier, in dem die Erdbebengefahr für Atomreaktoren im Osten und in der Mitte der Vereinigten Staaten neu eingeschätzt wurde. Darin kamen die Experten der Nuclear Regulatory Commission (NRC) zu dem Schluss, dass das seismische Risiko zumindest für einige Meiler deutlich höher liegt als bis dahin angenommen. Zu den betroffenen Reaktoren gehörten auch die des AKW North Anna im Bundesstaat Virginia (siehe Bild). Seit Dienstag wissen die Atomaufseher, dass die Frage der Erdbebensicherheit weit mehr praktische Relevanz hat, als ihnen lieb sein kann. Ein Beben der Stärke 5,8 hat den Osten der USA erschüttert - und gleich zwölf der dortigen Atomanlagen mussten ein "ungewöhnliches Ereignis" melden. Das entspricht der niedrigsten von vier Warnstufen der US-Atomaufsicht.

Die beiden Druckwasserreaktoren von North Anna waren stärker betroffen: Die externe Stromversorgung fiel aus, die Notstromaggregate sprangen an. Zumindest mit einem von fünf Notstromdieseln gab es Probleme. Dabei sind die Aggregate entscheidend, um nach dem Blackout die Kühlung der Reaktorkerne zu sichern. Experten gelang es schließlich, die Situation unter Kontrolle zu bringen. Am späten Dienstagabend konnte nach Angaben der Betreiberfirma Dominion Virginia Power auch die externe Stromversorgung wieder hergestellt werden. Es war ein Szenario, das an den Beginn des Fukushima-Desasters erinnerte - dort führte der Totalausfall der Stromversorgung zur Kernschmelze.

Bei der NRC wurde der Vorfall auf der Warnstufe zwei von vier eingeordnet. Nach dem ersten Schock werden sich die US-Behörden nun einer unangenehmen Diskussion stellen müssen, die sie nach Fukushima zum Teil noch vermeiden konnten: Wie sicher sind die Atomkraftwerke der USA? Diese Frage stellt sich drängender denn je. Und allein das Beispiel North Anna legt nahe, dass die Antworten für die Betreiber wenig schmeichelhaft ausfallen könnten

Die Nachrichten-Webseite "The Raw Story" etwa berichtet, dass die Erdbebensensoren in der Umgebung der Atomkraftwerke in den neunziger Jahren abmontiert wurden - aus Kostengründen. Und nach Angaben von Bob Alvarez vom Institute for Policy Studies in Washington waren die Meiler auf ein Beben bis zu einer Stärke von 5,9 bis 6,1 ausgelegt. Diese Werte wurden am Dienstag beinahe erreicht, auch wenn Betreiber Dominion von einer Auslegung des AKW bis zur Bebenstärke 6,2 berichtet.

Der ehemalige NRC-Direktor Victor Gilinsky attestiert seinen Nachfolgern bei der Frage der Erdbebensicherheit gar eine "unverantwortliche" Herangehensweise. Die Behörde erneuere die Lizenzen für AKW, ohne sich um neue Erkenntnisse zur Standfestigkeit auch nur zu kümmern, warnte Gilinsky. Edwin Lyman von der eher atomkritischen Union of Concerned Scientists forderte Aufsichtsbehörden und AKW-Betreiber auf, alle Meiler des Landes neu auf die Erdbebensicherheit testen zu lassen. Wenn Fukushima kein Weckruf gewesen sei, dann müsse das Erdbeben von Virginia einer sein.

Die USA werden sich der schwierigen Diskussion im eigenen Land stellen müssen. Im Fall von North Anna sei man den Auslegungsgrenzen des Reaktors "unangenehm nahe" gekommen, sagt Lyman von der Union of Concerned Scientists. Bei der NRC ist man indes nicht so kritisch. Selbst Meiler außerhalb von seismisch aktiven Zonen seien so ausgelegt, dass sie Beben widerstehen könnten, erklärte die Behörde in einer Presseerklärung nach den Erdstößen.

Die Aufseher würden sich bei der Genehmigung an den schwersten jemals aufgetretenen Naturkatastrophen des betreffenden Gebiets orientieren. Bleibt die Frage, wie weit man in die Vergangenheit zurückschaut - was gemäss Atominfomedia stark an die Frage der Hochwassersicherheit von Mühleberg erinnert - eine Diskussion, die man auch aus Deutschland bestens kennt. Das Beben, das die Gegend um die beiden Meiler von North Anna erschütterte, war immerhin so stark wie kein anderes seit 1897.

Bei Dominion Virginia Power glaubt man weiterhin an den Standort. Das Unternehmen hat beantragt, einen weiteren Meiler auf dem Kraftwerksgelände zu bauen. Die beiden anderen haben schon mehr als 30 Jahren auf dem Buckel. Und wenn es nach der Betreiberfirma geht, wird ganz in ihrer Nähe bald ein neuer Mitsubishi-Druckwasserreaktor gebaut werden.

Quelle: Spiegel Online mit Material von Reuters

^^^

Sonntag, 21. August 2011

Festnahmen bei Blockade

Im finnischen Olkiluoto haben am Samstag Atomkraftgegner versucht, den Betrieb des Atomkraftwerks durch Blockaden zu behindern. Einige hundert Menschen hatten Zufahrtsstraßen blockiert. Die Polizei nahm insgesamt 50 Menschen fest. Bereits im vergangenen Jahr hatte es eine ähnliche Aktion in Olkiluoto gegeben.


In Olkiluoto stehen bereits zwei Atomkraftwerksblöcke, ein dritter wird seid 2005 gebaut. Es handelt sich um den ersten Versuch, den europäischen Druckwasserreaktor EPR zu bauen. Eigentlich sollte der Reaktor bereits 2009 ans Netz gehen, doch die Bauarbeiten verzögern sich und die Kosten, die ursprünglich auf drei Milliarden angesetzt waren, sind inzwischen fast um das Doppelte gestiegen. Gebaut wird der Reaktor vom französischen Konzern Areva.

Trotz der Katastrophe von Fukushima hält Finnland weiter am Ausbau der Atomenergie fest. Neben dem Neubau in Olkiluoto sind mehrere weitere Atomkraftwerks-Projekte geplant, während im Norden des Landes internationale Konzerne Probebohrungen für den Uranabbau durchführen (siehe auch Atominfomedia vom 29. November 2010).

Quelle: klimaretter.info

^^^

Freitag, 19. August 2011

Fukushima: Haftung mit «???»

Eine neue juristische Studie gibt ersten umfassenden Überblick über Haftungsprobleme der Nuklearkatastrophe von Fukushima. Mit zu erwartenden Ersatzforderungen von bis zu 90 Milliarden Euro ist die Nuklearkrise von Fukushima der bisher größte Haftungsfall in der japanischen Geschichte.

Zu rechnen ist mit Entschädigungsansprüchen einer Vielzahl von Opfergruppen, angefangen von evakuierten Personen und Kraftwerkspersonal über Bauernverbände, Fischereikooperationen bis hin zu Industrie- und Tourismusunternehmen. Ungeachtet der grundsätzlich unbeschränkten Haftung des AKW-Betreibers TEPCO sind staatlich angeordnete Pauschalzahlungen in die Wege geleitet worden, die ein außergerichtliches Verfahren flankieren. Wirtschaftliche Bürden entstehen damit in erster Linie dem Fiskus, gefolgt von den ebenfalls in die Pflicht genommenen Finanzinstituten und möglicherweise auch anderen Stromanbietern, wodurch letztlich auch Verbraucher mit höheren Strompreisen belastet werden könnten. So lauten einige der Ergebnisse einer aktuellen im Japan-Referat des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Privatrecht erstellten Studie.

In seinem soeben in der Zeitschrift für Japanisches Recht / Journal of Japanese Law erschienen Aufsatz "Die Haftung für Nuklearschäden nach japanischem Atomrecht - Rechtsprobleme der Reaktorkatastrophe von Fukushima I" beleuchtet Julius Weitzdörfer, Wissenschaftlicher Assistent am Institut, die aktuellen rechtlichen, politischen und wirtschaftlichen Probleme, die sich für Justiz, Regierung und Wirtschaft Japans bei der Bewältigung der Folgen des Reaktorunfalls stellen.

Die Frage, ob angesichts der schwersten in Japan jemals gemessenen Erdbebenstärke die Haftung von TEPCO wegen höherer Gewalt nicht gänzlich ausgeschlossen werden kann, wurde kontrovers diskutiert und nach dem aktuellen Diskussionsstand japanischer Rechts- und Regierungskreise zunächst verneint. Auf dieser Basis bleibt zu klären, welche Kausalitätsanforderungen etwa für gesundheitliche Spätfolgen zur Anwendung kommen, oder wie unternehmerische Absatzeinbußen aufgrund bloßer Gerüchte über die Höhe der Strahlenbelastung zu behandeln sind. Zudem wird derzeit der Frage nachgegangen, ob der japanische Staat wegen mangelnder Atomaufsicht haftbar gemacht werden könnte.

Der von der japanischen Regierung beschrittene Weg, den Opfern auf der Grundlage zentraler Richtlinien und durch die Auszahlung vorläufiger Pauschalentschädigungen möglichst schnell und unbürokratisch zu helfen, stellt ein Paradebeispiel institutionalisierten, bürokratischen Konfliktmanagements dar, dessen praktische Vorteile sich nicht von der Hand weisen lassen. Demgegenüber besteht angesichts der Komplexität der juristischen Probleme und der Zahl der zu erwartenden Klagen im Fall einer individuellen Rechtsdurchsetzung von Schadensersatzansprüchen durch die Betroffenen mittels anwaltlicher Hilfe und auf Grundlage gerichtlicher Verfahren die Gefahr einer Überlastung der japanischen Justiz. Gleichwohl wirft die aktuell verfolgte Bewältigungsstrategie rechtsstaatliche Fragen auf.

Der Volltext des Artikels von Julius Weitzdörfer steht hier als Download zur Verfügung

Quelle: Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V.

^^^

Montag, 15. August 2011

Eine unendliche Geschichte

Die Kernkraftwerkseinheit Watts-Bar-2 im amerikanischen Bundesstaat Tennessee wird erst im Jahr 2013 den Betrieb aufnehmen. Gemäss der Bauherrin, der Tennessee Valley Authority (TVA), ist die Verschiebung um ein Jahr auf Verzögerungen bei Bau und Bewilligungsverfahren zurückzuführen.

Die Nuclear Regulatory Commission (NRC) teilte mit, dass die Sicherheits- und Umweltüberprüfung von Watts-Bar-2 (siehe Bild) im Hinblick auf die Erteilung einer Betriebsgenehmigung etliche Monate länger dauern wird. Der stockende Baufortschritt zusammen mit der Verzögerung bei der NRC lassen die TVA nun das Datum der Inbetriebnahme um ein Jahr verschieben. Die TVA erwartet, wenn überhaupt, nur einen kleinen Einfluss auf die Strompreise ihrer Kunden. Der Bau von Watts-Bar-2 (1165 MW, PWR) hatte bereits 1972 begonnen. Die TVA unterbrach die Arbeiten indessen 1985 wegen absehbarer Überkapazitäten und Baumängeln. Aufgrund der Stromnachfrageentwicklung stimmte sie im Sommer 2007 der Fertigstellung zu. Ende Juni 2011 lieferte die Westinghouse bereits den Brennstoff für die neue Einheit.

Quelle: Nuklearforum

^^^

Fukushima-Reaktoren in Europa

Baugleiche AKWs laufen weiter: GLOBAL 2000 zeigt eine Störfall-Karte mit Hochrisikoreaktoren in Europa und bereits geschehenen Zwischenfällen. Unter den Hochrisiko-AKW figuriert mit Mühleberg auch eine Anlage aus der Schweiz.

Fünf Monate nach dem schweren Erdbeben und Tsunami entweichen immer noch radioaktive Stoffe aus den vier Reaktor-Ruinen im japanischen Fukushima. "Die stärkste Freisetzung erfolgte in den ersten sechs Wochen durch die Explosionen und das unkontrollierte Auslaufen des Kühlwassers ins Meer und in den Untergrund. Aber immer noch verdampft radioaktives Kühlwasser und die Dekontaminierungsanlage funktioniert nur teilweise. In dieser Anlage sollen aus den über 100 Millionen Litern hochradioaktivem Wasser die Radionuklide herausgefiltert werden, die dann als Rückstand für mindestens 300 Jahre abgeschirmt gelagert werden müssen", fasst Reinhard Uhrig, Atomexperte von GLOBAL 2000, die Lage in Japan zusammen.

Doch Japan scheint nicht abschreckend genug zu sein:
Immer noch laufen die baugleichen Reaktoren weltweit, davon auch mehrere in Europa, wie die aktualisierte Fassung der GLOBAL 2000 Störfall-Karte zeigt. Eine Studie der amerikanischen Regulierungsbehörde Nuclear Regulatory Commission kam schon 1985 zum Schluss, dass diese Containment-Type bereits wenige Stunden nach einer Kernschmelze versagen würde und die hochradioaktiven Stoffe in die Umgebung des AKW austreten würden - genau das hat sich wenige Stunden nach dem Erdbeben in Japan ereignet.

"Das Kraftwerk in Mühleberg in der Schweiz beispielsweise liegt in einem Flusstal nahe Bern (siehe Luftbild): Aufgrund eines Designfehlers können bei Überflutung alle Pumpen dieses Kraftwerks ausfallen. Eine Kernschmelze in Fukushima wäre dann kaum noch vermeidbar." Auch zu alte Reaktoren stehen in Europa - die Laufzeit des Reaktors in Santa María de Garona in Spanien wurde vorletzes Jahr wieder verlängert.




Wie die Reaktorkatastrophen in Japan gezeigt haben, sind Atomkraftwerke für ihren Regelbetrieb und für die Abschaltphase auf ein Funktionieren der Kühlsysteme angewiesen. Immer wieder kommt es jedoch zum teilweisen oder vollständigen Ausfall der Kühlanlagen, wie die GLOBAL 2000 Störfall-Karte dokumentiert. "Wir aktualisieren die Karte laufend, immer wieder kommt es zu Zwischenfällen durch verstopfte Ansaugstutzen durch Laub oder wie zuletzt Quallen, oder durch den Ausfall der regulären Kühlpumpen durch einen schlichten Kurzschluss wie 2006 in Forsmark in Schweden, wo es den Arbeitern sieben Minuten vor Beginn der Kernschmelze gelang, die Notstromgeneratoren zu starten und damit einen GAU abzuwenden", so Uhrig. "Tagtäglich spielen wir russisches Roulette mit der wahnsinnigen Stromerzeugungsart Atomkraft - wie die Störfall-Karte dokumentiert kommt es im Schnitt zu zwei Zwischenfällen PRO TAG allein in französischen Atomkraftwerken."

Die einzig verantwortliche Konsequenz ist die sofortige Abschaltung aller Hochrisiko-Reaktoren, die in der "Abschalten! Jetzt!"-Petition definiert und in der Störfall-Karte aufgezeigt werden, sowie ein europaweiter Atomausstieg bis 2020. "700.000 UnterstützerInnen der Petition 'Abschalten! Jetzt!' fordern mit uns, jetzt die Notbremse zu ziehen, wie dies die deutsche Regierung immerhin gemacht hat: Die Höchstrisikoreaktoren sind dort sofort nach den Reaktorunglücken in Fukushima stillgelegt worden", berichtet Uhrig. "Jetzt müssen wir dafür sorgen, dass dies auch in den anderen europäischen Ländern geschieht - am 6. September übergeben wir die Petitionen an die Vorsitzende des Petitionsausschusses des Europaparlaments - jede zusätzliche Unterstützerin und jeder Unterstützer mehr zählt."

Quelle: GLOBAL 2000 2011

^^^

Montag, 8. August 2011

Zwischenfall in deutschem AKW

Nach einem Zwischenfall ist das AKW Brokdorf des Betreibers Eon am Sonntag vom Netz genommen worden. Nach Angaben des Kieler Justizministeriums schalteten sich die Transformatoren, die den Strom ins Netz einspeisen, aus ungeklärter Ursache ab.

Experten sollen nun die Ursache des Zwischenfalls herausfinden. Auch die Schadenshöhe ist noch unklar. Das AKW war erst am 20. Juli nach einer mehrwöchigen Revision wieder ans Netz gegangen. Gemäss einer Mitteilung der Nachrichtenagentur DPA hat der defekte Transformator des seit Sonntagmittag vom Netz genommenen AKW nach Betreiberangaben nicht gebrannt. Vielmehr habe eine Sicherung schädliche Gase wahrgenommen und automatisch den Transformator ausgeschaltet, erläuterte eine Sprecherin des Betreibers Eon am Montag. Alle Abläufe nach dem Transformatoren-Defekt hätten systemgemäß funktioniert. Dies sei daher nicht mit dem Transformatorenbrand im Kernkraftwerk Krümmel im Jahre 2007 zu vergleichen. Ergebnisse über das Ausmaß des Schadens und die Ursache des Transformatorendefekts in Brokdorf werden am Mittwoch erwartet. Die Atomaufsicht in Kiel hat Gutachter beauftragt, den Schadensfall zu überprüfen. Wann Brokdorf ans Netz geht, ist offen.

Das AKW Brokdorf befindet sich nahe der gleichnamigen Gemeinde im deutschen Bundesland Schleswig-Holstein. Es wurde im Oktober 1986 durch die damaligen Eigentümer PreussenElektra und HEW in Betrieb genommen. Seit 2010 gehört das Kernkraftwerk den Unternehmen E.ON (80 %) und Vattenfall (20 %). Während der Bauphase in den 1970er und 80er Jahren gab es heftige Proteste von Atomkraftgegnern (Foto: Eon).




Die als KBR bezeichnete Kernkraftwerksanlage besitzt einen Druckwasserreaktor mit Urandioxid-Brennelementen, die in Anreicherungsgraden von 1,9, 2,5 und 3,5 Prozent eingesetzt werden. Auch Mischoxid-Brennelemente (MOX-Brennelemente), die Plutonium aus der Wiederaufarbeitung enthalten, werden verwendet. Im Reaktor des Kernkraftwerks befinden sich 193 Brennelemente mit einem Schwermetallgewicht von insgesamt 103 Tonnen. Das Kernkraftwerk Brokdorf hat eine thermische Leistung von 3.900 Megawatt und eine elektrische Bruttoleistung von 1.480 MW. Es gehört zur 3. Druckwasserreaktor-Generation in Deutschland, den Vor-Konvoi-Anlagen. Mit einer Bruttostromerzeugung von knapp unter zwölf Milliarden Kilowattstunden war es 2005 weltweit führend. Die endgültige Abschaltung des Kernkraftwerks Brokdorf ist bis spätestens 2021 vorgesehen.

Quellen: dpa / Wikipedia / klimaretterinfo.org

© Atominfomedia

^^^

Mittwoch, 3. August 2011

Deutschland besiegelt Ausstieg

Der beschleunigte Ausstieg aus der Atomenergie in Deutschland hat die letzte Hürde genommen. Bundespräsident Christian Wulff fertigte Ende Juli «nach sorgfältiger Prüfung» der Verfassungsmässigkeit das 13. Gesetz zur Änderung des Atomgesetzes aus, teilte das Bundespräsidialamt in Berlin mit. Auch die sechs Begleitgesetze für die Energiewende unterzeichnete Wulff.

Nach dem Reaktorunfall im japanischen Fukushima-Daiichi hatte die Regierung beschlossen, schneller als geplant – nämlich bis 2022 – aus der Atomenergie auszusteigen und die erst im vergangenen Herbst beschlossene Laufzeitverlängerung für die deutschen Kernkraftwerke zurückgenommen. Die entsprechenden Gesetzesentwürfe hatte der Deutsche Bundestag Ende Juni und der Bundesrat Anfang Juli 2011 gebilligt.

Die AKW Gundremmingen-B (siehe Bild - 2017), Philippsburg-2 (2019), Grohnde, Gundremmingen-C (siehe Bild) und Brokdorf (2021) gehen als letzte Atommeiler Deutschlands in sechs bis zehn Jahren vom Netz.







Damit gehen zunächst die sieben Kernkraftwerkseinheiten vom Netz, die bereits im Zuge des Moratoriums abgeschaltet worden waren: Biblis-A und -B, Brunsbüttel, Isar-1, Neckarwestheim-1, Philippsburg-1 und Unterweser. Hinzu kommt als achte Einheit das Kernkraftwerk Krümmel, das zum Zeitpunkt des Moratoriums bereits abgeschaltet war. Bis zum entsprechenden Jahresende folgen Grafenrheinfeld (2015), Gundremmingen-B (2017), Philippsburg-2 (2019), Grohnde, Gundremmingen-C und Brokdorf (2021) sowie schliesslich Isar-2, Emsland und Neckarwestheim-2 (2022). Der Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung soll bis 2020 auf mindestens 35% steigen, bis 2030 dann auf 50%. Zugleich soll der Stromverbrauch bis 2020 um 10% sinken.

Quelle: Deutsches Bundespräsidialamt, Medienmitteilung, 1. August 2011

^^^

Montag, 1. August 2011

Plötzlich Höchststrahlung

Am japanischen Katastrophenreaktor Fukushima tritt weiterhin extrem starke Radioaktivität auf. An einer Stelle im japanischen Katastrophen-AKW hat die Betreibergesellschaft Tepco jetzt laut Agenturberichten den höchsten Strahlungswert seit Beginn des Unglücks gemessen.

Im März nahm die Katastrophe im AKW Fukushima ihren Lauf, aber noch nie hat die Betreibergesellschaft Tepco auf dem Gelände des Kernkraftwerks stärkere Strahlung gemessen: Mehr als zehn Sievert pro Stunde betrug die Strahlung am Boden eines Abzugsrohrs zwischen den Reaktoren 1 und 2, wie die Agentur Jiji Press am Montag meldete. Der bisherige Höchstwert war am 3. Juni im Inneren des zerstörten Reaktors 1 gemessen worden, er betrug damals zwischen drei und vier Sievert pro Stunde. Die Ursache für die neue Rekordstrahlung wurde laut einem Tepco-Sprecher am Montag noch geprüft.

In Sievert (Sv) wird die biologische Wirkung radioaktiver Strahlung auf Menschen, Tiere oder Pflanzen angegeben. Entscheidend ist die jeweilige Zeiteinheit, auf die die Angaben bezogen werden. Die mittlere Strahlungsdosis in Deutschland, verursacht durch die natürliche Radioaktivität in der Umgebung, beträgt rund 2,4 Millisievert im Jahr und gilt als unbedenklich. Bei 1000 Millisievert (gleich 1 Sievert) pro Jahr steigt das Risiko, an Krebs zu erkranken, um zehn Prozent. Angesichts der Atomkatastrophe hob die japanische Regierung die zugelassene Höchstgrenze für Arbeiter in einem Kernkraftwerk von 100 auf 250 Millisievert pro Jahr an.

Wesentlich gefährlicher wird die Strahlungsdosis, wenn sie in kurzer Zeit aufgenommen wird.
Bei einigen Menschen lösen bereits 100 Millisievert körperliche Folgen wie Übelkeit und Erbrechen aus. Als sicher tödliche Dosis gelten sieben Sievert, wenn sie in kurzer Zeit aufgenommen werden. Die jetzt gemessenen zehn Sievert pro Stunde sind deshalb ein extrem hoher Wert - der allerdings nur von Bedeutung wäre, wenn Menschen der Strahlungsquelle ausgesetzt wurden. Ob das geschehen ist, blieb vorderhand offen.

Diverse Agenturen dpa/AFP/Spiegel

^^^

Auch US-Raktoren gefährlich

Demnächst wird die "US-Nuclear Regulatory Commission" die Endergebnisse ihrer 90-tägigen Sicherheitsüberprüfung bekannt geben- das Ergebnis scheint schon jetzt klar: alles im sicheren Bereich. Kritische Informationen, die diese Behauptungen als Mythos enttarnen könnten, werden weglassen, so US-amerikanische Atomgegner.

Extreme Wetterbedingungen werden durch den Klimawandel häufiger, auch das beeinflusst die Sicherheit von Atomreaktoren. Hochwasser hat beispielsweise die Energieversorgung des AKW Fort Calhoun in Nebraska unterbrochen. So brach Ende Juni die Staumauer, die das Wasser davon abhalten sollte, das Reaktorgelände zu erreichen (siehe Bild - Quelle: http://photos.syracuse.com). Das AKW läuft derzeit angeblich mit Strom aus den Notstromgeneratoren, um das Kühlsystem weiterhin aufrecht zu erhalten. Aber Hochwasser allein ist es nicht.

Extreme Hitze und Dürre erzwingen auch ein Abstellen von Reaktoren. AKWs brauchen mehr Wasser, als jede andere Energieform. In den vergangenen Sommern machten Hitzewellen im Südosten der USA durch den Wassermangel ein Herunterfahren von AKWs in Tennessee und Florida notwendig. Aber bei den derzeitigen Überprüfungen werden Wetterereignisse oder einer Naturkatastrophen, die zu einem Stromausfall und zu einem Versagen der Notstromgeneratoren führen könnten, nicht berücksichtigt.

Die Generatoren werden über ihre ursprünglich geplante Kapazität hinaus beansprucht, ein damit resultierender Qualitätsverlust unterminiert ihre Sicherheit. Die US-AKW wurden für 40 Jahre geplant und genehmigt. Aber 66 der 104 laufenden Atomreaktoren bekamen eine Betriebsverlängerung und können nun 20 Jahre länger am Netz bleiben. Die NRC-Behörde hat bisher eine Verlängerung der Genehmigungen nie abgelehnt – nicht einmal für die Anlage Vermont Yankee, wo es Probleme gab, wie beispielsweise eine Verseuchung von Grundwasser durch ausfließendes Tritium. Der Senat des Bundesstaates hat gegen eine Verlängerung der Betriebslizenz gestimmt. Korrosion in den unterirdischen verlegten Rohrleitungen sind für Lecks verantwortlich, von denen radioaktivem Tritium auslaufen kann. Nicht nur in Vermont Yankee. Wird hier die Illusion aufrecht erhalten, dass die älter werdenden Anlagen immer sicher und problemlos laufen?

Die Nachrichtenagentur „Associated Press“ berichtet von einer Untersuchung die ergeben hat, dass NCR-Beamte immer wieder, und zwar auf Drängen der Industrie – entschieden haben, dass die ursprünglichen Regulatorien zu streng seien. Es wird argumentiert, dass die Sicherheitsgrenzwerte deswegen aufgeweicht werden sollten. Es können und müssen sofort Schritte gemacht werden, um die Überprüfung der US-Atomreaktoren nicht vollkommen zu verharmlosen. "Die Zeit scheint reif, um sich von der Atomkraft zu verabschieden, hin zu den erneuerbaren, sichereren und effizienteren Energieformen, hin zu Sonne, Wind, Wasser, Biomasse." meinte einer unserer US-Ansprechpartner.

Quelle: oekonews.at | holler / Sonnenseite

© Public Citizen´s Climate&Energy Program / mehrere US-Anti-Atom-Initiativen

^^^