Jetzt gerät mit Beznau als dienstältestem Atomkraftwerk der Welt der Schweizer Meiler unter internationalen Druck. Deutsche Sicherheitsexperten stellen gleichzeitig den beiden Atomkraftwerken
im französichen Fessenheim und Beznau ein miserables Zeugnis aus. Die heute vorgelegte
Mängelliste ist lang. Betreiberin Axpo weist gemäss Agenturberichten die Kritik zurück.
Das Umweltministerium des deutschen Bundeslandes
Baden-Württemberg hat Sicherheitsmängel beim Atomkraftwerk Beznau im
Kanton Aargau kritisiert. Das Ministerium stützt sich bei der Kritik auf
ein Gutachten. Der grüne Umweltminister Franz Untersteller zeigte sich
«alarmiert». Die beiden Beznauer Reaktoren (siehe Bild) hätten bei Erdbeben und
Überflutung sowie im Brennelemente-Lagerbecken, bei der elektrischen
Energieversorgung und der Kühlwasserversorgung «wesentliche
sicherheitstechnische Schwachstellen». Das teilte das
Umweltministerium am Donnerstag in Stuttgart mit. Das Ministerium hatte
ein Sicherheitsgutachten beim deutschen Öko-Institut und beim
Physikerbüro Bremen in Auftrag gegeben.
Das Gutachten listet auch
zahlreiche Mängel beim französischen AKW Fessenheim im Elsass auf. Es
handle sich um eine «sicherheitstechnisch unzureichende Anlage», heisst
es. Frankreichs Präsident François Hollande hatte kürzlich angekündigt,
das AKW solle bis Ende 2016 stillgelegt werden. In
den meisten relevanten Bereichen liege das AKW Beznau hinter dem
Sicherheitsstandard deutscher Anlagen zurück, wird der grüne
Umweltminister Untersteller in einer Medienmitteilung zitiert.
Als
Konsequenz fordert der Umweltminister sowohl die deutsche
Bundesregierung als auch die Europäische Kommission auf, sich verstärkt
für europäische Standards bei der Anlagensicherheit einzusetzen.
Punktuelle Untersuchungen wie im EU-Stresstest seien nicht ausreichend. Für
die Untersuchung im Auftrag des Umweltministeriums stützten sich die
beiden Büros vor allem auf die Unterlagen, die Betreiber und
Aufsichtsbehörden im Rahmen des EU-Stresstests erstellt und
veröffentlicht haben. Daneben nutzten sie weitere öffentlich zugängliche
Informationen.
Mitte Jahr hatte bereits das Umweltministerium von
Österreich ein Sicherheitsgutachten zum AKW Mühleberg im Kanton Bern
vorgelegt und mehr Informationen verlangt. Nach einer ersten Prüfung des
Berichtes mit 22 Empfehlungen kam die Schweizer Atomaufsicht Ensi diese
Woche zum Schluss, es gebe keinen Handlungsbedarf.
Der
Energiekonzern Axpo, Betreiber des AKW Beznau, hat die Kritik aus
Deutschland zurückgewiesen. Das Gutachten des Öko-Instituts verwende zu
einem grossen Teil deutsche Bewertungskriterien, welche nicht Teil des
EU-Stresstests gewesen seien, hält die Axpo in einer Stellungnahme fest. Auch
berücksichtige es zu wenig alternative Kühlmöglichkeiten des AKW
Beznau. Dieses habe den EU-Stresstest hervorragend bestanden: Beznau
habe alle fünf abgefragten «Best Practices» erfüllt.
Im Stresstest
seien elf kritische Punkte überprüft worden. Das AKW habe alle elf
Punkte ausgezeichnet bestanden. Das hervorragende Abschneiden des AKW in
allen Tests beweise, «dass sich die konsequente Sicherheitsphilosophie
und die permanenten Investitionen in die Sicherheit ausbezahlt haben»,
hält der Energiekonzern fest.
Quelle: Agenturen / Bild: Guntram Rehsche
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Donnerstag, 18. Oktober 2012
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