TEPCO definiert den Zustand als die Senkung der Temperatur am Boden des Reaktordruckbehälters auf unter 100 °C, sodass kein weiteres Kühlwasser mehr verkocht. Ebenfalls soll die radioaktive Freisetzung durch das AKW „unter Kontrolle“ sein und das Risiko für die Bevölkerung „signifikant reduziert“ sein. „Hier von Kaltabschaltung zu sprechen grenzt an eine bewusste Lüge. All dies ist Teil des Sicherheits-Mythos von TEPCO, die bereits kurz nach Beginn der Reaktorkatastrophen eine ‚Roadmap towards Restoration‘ veröffentlichten, in denen genau dieser Zeitablauf vorgezeichnet wurde: Kaltabschaltung bis Ende 2011“, klagt Dr. Reinhard Uhrig, Atomexperte von GLOBAL 2000, die Irreführung der Bevölkerung an.
Kaltabschaltung bezeichnet bei Atomkraftwerken den Zustand des ausgeschalteten, heruntergefahrenen Reaktors, dessen Brennelemente durch die weitere Zufuhr von Kühlwasser über Monate so lange gekühlt wurden, dass die Nachzerfallswärme von anfangs fünf Prozent der Reaktorleistung abgeführt wurde und die Brennelemente auch ohne weitere Kühlung das Wasser nicht über 100 °C erhitzen würden.
„In Fukushima gibt es keine Brennelemente mehr: Sie sind vollständig geschmolzen (meltdown), haben sich durch den Boden der Reaktordruckbehälter durchgebrannt und sind als Uran-Plutonium-Klumpen auf den Boden der Containments gefallen, wo sie sich bereits in den Betonmantel hineingebrannt haben – im Fall von Reaktor 1 bis auf 30 cm an die äußere Stahlhülle heran“, berichtet Uhrig.
„Die Temperatur im Inneren der Brennstoff-Klumpen beträgt schätzungsweise immer noch über 3.000 °C – nur durch die massive Zufuhr von Wasser, 22.000 Liter pro Stunde, können diese hochgefährlichen Stoffe daran gehindert werden, wieder eine Kernschmelze zu erreichen.“ Der Betreiber rechnet beim Ausfall der provisorischen Kühlung innerhalb von 19 bis 20 Stunden mit erneuten Kernschmelzen.
Neben den großen Wassermengen, die zur Kühlung der Reaktoren benötigt werden und die sich als 89 Millionen Liter hochradioaktive Brühe im Keller der Reaktoren sammeln und von dort ins Grundwasser laufen, sind hohe Wasserstoffkonzentrationen in den Reaktordruckbehältern das zweite akute Problem in Fukushima: In Rohrleitungen wurden bis zu 60% Wasserstoff gemessen, ab 4% ist ein Wasserstoff-Sauerstoff-Gemisch hochexplosiv, wie sich bei den Explosionen im März gezeigt hat, die die Reaktorhüllen zerstörten.
Der Betreiber experimentiert jetzt mit der Zuleitung von Kühlwasser, die reduziert wird, um die Temperaturen in den Reaktoren wieder zu steigern – dadurch soll die Wasserstofffreisetzung wieder unter Kontrolle gebracht werden. „Die japanische Regierung ist in erster Linie Diener der Betreiberfirma TEPCO und der Atomlobby, indem sie willfährig den Sicherheits-Mythos der Kaltabschaltung weiterverbreitet: In Fukushima experimentieren die Betreiber mit der Sicherheit der Menschheit – weitere Verstrahlung passiert laufend, und von einem sicheren Zustand sind die Reaktor-Ruinen weit entfernt“, so Uhrig abschließend.
Quelle: GLOBAL2000.at 2011
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