Bewerber sind Mangelware, Studenten und Schüler haben kaum noch Interesse: Nach Fukushima und dem geplanten Atomausstieg der Bundesregierung gehen der Nuklearwirtschaft die Fachkräfte aus. Dabei gibt es in den nächsten 30 Jahren eine Menge zu tun - vor allem in der Stilllegung.
Der so genannte "Kernenergie Campus" ist eigentlich seit Langem ein fester Bestandteil des jährlichen Treffens der Atombranche in Stuttgart. Da können sich Oberstufenschüler an Infoständen und in einer interaktiven Ausstellung aus erster Hand über Ausbildungswege und Berufsbilder in den Bereichen Kerntechnik und Strahlenschutz informieren. Doch in diesem Jahr wurde der "Campus" kurzfristig abgesagt: Zu wenige Schüler hatten ihr Interesse angemeldet. Der Nuklearwirtschaft gehen nach Fukushima und Atomausstieg allmählich die Fachkräfte aus.
"Im Zuge der Energiewende sehen viele junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in der Kerntechnik in Deutschland ein Auslaufmodell", sagt Ralf Güldner, Präsident des Deutschen Atomforums, zum Auftakt der Jahrestagung Kerntechnik in Stuttgart. "Auf die Frage, wo sie in zehn Jahren stehen, fällt da nur wenigen die Kerntechnikbranche ein."
Und viele Unternehmen können diesen Eindruck bestätigen - allen voran AREVA, der größte europäische AKW-Hersteller: "Wir haben einen Rückgang an Bewerbungen verzeichnen können", erklärt Unternehmenssprecherin Cordula Ressing. "Allerdings haben wir in den Jahren 2009 und 2010 sehr stark eingestellt, so dass wir 2011 dann auch einen geringeren Bedarf hatten."
Von ähnlichen Problemen berichtet Norbert Haspel, Deutschland-Sprecher des AKW-Herstellers Westinghouse: "Wir sehen Probleme, direkt fachspezifisch Leute mit Reaktorbackground zu bekommen. Aber wir stellen auch Verfahrenstechniker und Maschinenbauer ein, auch Physiker. Und wir qualifizieren entsprechend in der Firma auf die jeweilige Aufgabenstellung."
Ob dieser Umweg über die Nachqualifizierung ausreicht, um den drohenden Fachkräftemangel in der Nuklearindustrie zu verhindern, ist fraglich. Denn umgekehrt gibt es wohl auch nicht wenige Studenten im Bereich Kerntechnik, von denen keineswegs sicher ist, ob sie je in dieser Branche arbeiten werden.
"Wir haben in diesem Jahr 150 Doktoranden, die in kerntechnischen Themen ihre Arbeiten schreiben", sagt Astrid Petersen, Vorsitzende der Kerntechnischen Gesellschaft. "Aber es zeichnet sich durchaus ab, dass nicht klar ist, ob die hinterher auch in der Kerntechnik zur Verfügung stehen."
Folgen könnten dramatisch sein
Atomkraftwerk Arbeit gibt es genug: Die Atomindustrie spricht vom "Stilllegungsmarkt".
Die Folgen könnten dramatisch sein. Denn trotz des deutschen Atomausstiegs und der weltweit wachsenden Zweifel an der Kernenergie werden Nuklearexperten noch lange gebraucht - ob für den Betrieb bestehender Meiler, die Lagerung von Atommüll oder den Abriss stillgelegter AKW.
"In Deutschland gibt es mit dem Stilllegungsmarkt sicherlich in den nächsten 20-30 Jahren auch noch genug zu tun für junge Menschen, die in diese Branche einsteigen", sagt Beate Scheffler, Sprecherin der auf Stilllegung von AKW spezialisierten Firma Nukem. Die Zahlen geben ihr recht. Auf jeden neuen Kerntechnik-Absolventen kommen derzeit im Schnitt drei Stellenangebote aus der Industrie.
Da aber in der nächsten Zeit rund ein Drittel der Fachkräfte in Rente gehen, dürfte es eng werden. Der Aachener Physiker Bruno Thomauske warnte deshalb schon im vergangenen Jahr vor "einer bedenklichen Situation für die nukleare Sicherheitslage in Deutschland".
Quelle: Westdeutscher Rundfunk WDR
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