Mittwoch, 18. Februar 2015

Risse in belgischem AKW - und in der Schweiz?

In zwei belgischen AKW sind bei Untersuchungen tausende weitere Risse im Reaktordruckbehälter gefunden worden. Aufgrund dieser alarmierenden Feststellung empfiehlt der Leiter der belgischen Atomaufsichtsbehörde eine genaue Untersuchung aller Atomreaktoren weltweit. Greenpeace Schweiz fordert die hiesige Aufsichtsbehörde ENSI auf, sofort und konsequent zu handeln. Ein Versagen des Druckbehälters hätte eine Kernschmelze zur Folge.

Wie sicher sind die Schweizer AKW? Diese Frage stellt sich nach den neusten Befunden in Belgien dringender denn je. Denn bisher ging man davon aus, dass die in den belgischen Reaktoren Doel 3 und Tihange 2 schon 2012 festgestellten Risse auf einen Mangel in der Herstellung zurückzuführen sind und deshalb kein akuter Handlungsbedarf besteht. Nun zeigt aber eine vertiefte Überprüfung, dass die beiden AKW tausende weitere Risse im Reaktordruckbehälter aufweisen, dem Herzstück der Anlage. Und zwei führende belgische Wissenschaftler sind zum Schluss gekommen, dass die Risse nicht allein auf einen Herstellungsmangel zurückzuführen sind, sondern vom Betrieb massgeblich beeinflusst wurden. Es muss deshalb befürchtet werden, dass die Reaktordruckbehälter der Schweizer AKW in einem ähnlich schlechten Zustand sein könnten – zumal diese mehrheitlich schon länger in Betrieb sind als die betroffenen zwei belgischen Reaktoren.

Tragweite des Problems wurde verkannt
Die Untersuchungen der belgischen AKW zeigen, dass die Reaktordruckbehälter offenbar viel anfälliger sind auf Korrosion als bisher angenommen. Der Leiter der belgischen Atomaufsichtsbehörde (FANC) Jan Bens bezeichnete dies als mögliches «globales Problem der Atomkraftwerke» und empfiehlt eine genaue Untersuchung aller Atomreaktoren weltweit. «Es ist dringend notwendig, die Risse im Metall ernster zu nehmen als bisher und bei allen Reaktoren umfangreiche Untersuchungen durchzuführen», sagt Florian Kasser, Atomexperte bei Greenpeace Schweiz. «Die Tragweite des Problems wurde offensichtlich verkannt – auch in der Schweiz. Alle Reaktoren müssen nun rasch und komplett überprüft werden.»

Es braucht mehr als nur Stichproben
2013 hatte das ENSI aufgrund der in Belgien entdeckten Risse Überprüfungsmassnahmen angeordnet. Doch diese erweisen sich nun als völlig ungenügend – insbesondere bei den Reaktoren in Beznau und Mühleberg, die schon seit über 40 Jahren in Betrieb sind. In Mühleberg wurde gerade einmal 5 Prozent des Reaktordruckbehälters untersucht, in Beznau ist eine teilweise Überprüfung für die nächsten Jahre geplant; ebenso in Gösgen. «Solche Stichproben genügen nicht», sagt Atomexperte Kasser. «Die Reaktordruckbehälter müssen nun genau unter die Lupe genommen werden.» Überprüft werden muss auch das AKW Leibstadt. Dort hatte das ENSI bisher keine Massnahmen angeordnet aufgrund der Annahme, dass Produktionsmängel und nicht der Betrieb zu Rissen führt. Wenn bei der Überprüfung der Schweizer AKW Risse in ähnlichem Ausmass zu Tage kommen wie in Belgien, müssen die betroffenen Reaktoren sofort abgestellt werden, bis Ursache und Gefährlichkeit der Risse restlos geklärt sind.

Versagen des Druckbehälters hätte katastrophale Folgen
Der Druckbehälter ist das Herzstück eines Atomreaktors. Er beinhaltet unter anderem die hochradioaktiven Brennelemente, und hier findet die nukleare Kettenreaktion statt. Ein plötzliches Versagen des Druckbehälters ist in der Auslegung der Atomreaktoren nicht vorgesehen und könnte zu katastrophalen Freisetzungen radioaktiver Strahlung führen. Gegenmassnahmen sind nicht vorgesehen.

Quelle: Greenpeace

Sonntag, 15. Februar 2015

Energiewende - deutsch oder britisch?

Die deutsche Energiewende basiert bis jetzt auf Erneuerbarer Energie flankiert von Kohle sowie ohne Atom und die britische soll eine Kombination von Energieeffizienz, erneuerbarer Energie plus Atomkraft sein. Wirtschaftliche Überlegungen werden letztlich zu einem Triumpf der Erneuerbaren führen. Ein Kommentar des deutschen Energiepublizisten Franz Alt. 


In Großbritannien haben sich soeben Regierung und Opposition gemeinsam auf den raschen Ausstieg aus der Kohle geeinigt. Assistiert von den großen Umweltverbänden wurde beschlossen, den  „Umbau hin zu einer wettbewerbsfähigen, energieeffizienten und kohlestoffarmen Ökonomie voranzutreiben und die Nutzung unverminderter Kohle für die Stromerzeugung zu beenden“. Unverminderte Kohleerzeugung heißt, dass Kraftwerke, die das CO2 unterirdisch abspalten noch eine Chance haben, gemeint ist die CCS-Technologie, die allerdings weltweit noch nirgendwo marktreif ist.

Damit hat erstmals in der EU ein Kohleland beschlossen, aus der klassischen fossilen Stromerzeugung auszusteigen. Al Gore lobte den Beschluss als revolutionär. Der Haken an der Sache: Das neue Motto heißt jetzt Atom statt Kohle. Das revolutionäre Papier liegt der Süddeutschen Zeitung vor. Es soll an diesem Wochenende in England publiziert werden.

England plant also eine Energiewende ähnlich wie Deutschland und doch ganz anders. Während hierzulande die Erneuerbaren bis 2022 komplett die Atomenergie ersetzen sollen, aber langfristig von Kohle flankiert werden, wird in England hauptsächlich auf die klassische Atomkraft und zusätzlich auf neue Atomkraftwerke gesetzt. Welche Energiewende wird sich also durchsetzen – die deutsche, an der sich auch Japan und China orientieren oder die britische, die auch Obama in den USA meint?

Ende 2015 werden beim Klimagipfel in Paris die beiden alternativen Energiewenden aufeinander prallen. Da es dabei primär um die Bekämpfung der CO2-Emissionen geht, wird die englische Version gegenüber dem deutschen Atomausstieg scheinbare Vorteile haben.

Das könnte freilich schließlich zu einer Renaissance der Atomkraft in Europa führen. Und dafür hat ausgerechnet der frühere deutsche Energiekommissar in Brüssel, Günther Oettinger, noch in den letzten Stunden seiner alten Amtszeit die Weichen gestellt. Er hat England in einer Ausnahmegenehmigung erlaubt, die Atomenergie so hoch zu subventionieren, dass ein neues AKW gebaut werden kann – weitere sollen danach folgen.

Aber zu welchem Preis? 35 Jahre lang sollen für britischen Atomstrom weit höhere Subventionen bezahlt werden als in Deutschland 20 Jahre lang für erneuerbare Energien. Daraufhin hat die österreichische Regierung angekündigt, gegen den nuklearen britischen Sondertarif bei der EU zu klagen, weil dies zu einer Verzerrung des Stromtarifs auf dem europäischen Strommarkt führen werde. London hat daraufhin Wien wissen lassen, dass es „in Zukunft jede Gelegenheit wahr nehmen werde, Österreich zu schaden.“ Das wird noch spannend.

Eine Prognose sei gewagt: Schon mittelfristig wird sich  d i e  Energiewende durchsetzen, die am preiswertesten sein wird: Im Jahr 2.000 hat die Produktion einer Kilowattstunde Solarstrom in Deutschland noch 70 Cent gekostet, heute noch 10 Cent und in etwa zehn Jahren noch etwa fünf Cent, weil die Sonne keine Rechnung schickt. Ähnliches gilt für die Windenergie. Atomstrom in England kostet aber beim neuen, jetzt genehmigten AKW Hinkley Point C etwa 35 Cent pro KWh. Allein dieser Meiler braucht 23 Milliarden Euro Subventionen. Der entscheidende Vorteil jeder Energiewende wird nicht nur ein ökologischer sein, sondern letztlich ein ökonomischer sein. It´s the economy, stupid!

Hermann Scheer schon vor 19 Jahren: „Sonnenkraft ist das einzige Zusatzeinkommen der Erde und damit die Basis für unsere Zukunft“.

Quelle: sonnenseite.com

Donnerstag, 5. Februar 2015

Keine neuen AKW in Schweden

Der schwedische Energiekonzern Vattenfall stoppt seine Pläne für den Bau neuer AKW. Offenbar haben die Verantwortlichen endlich eingesehen, dass die Zukunft in den erneuerbaren Energien liegt. Und auch für die baldige Abschaltung der alten bestehenden Reaktoren stehen die Karten nicht schlecht.

Greenpeace-Aktion beim AKW Ringhals in Schweden (2013) 










«Jetzt beginnt unsere Energie-Revolution», freut sich Rolf Lindhal, Atom-Campaigner von Greenpeace Schweden. Am Freitag hat der schwedische Staatskonzern Vattenfall Medienberichte bestätigt, er habe alle Pläne zum Bau neuer AKW im Land aufgegeben. Damit rückt in dem skandinavischen Land das Ende der Atom-Ära ein Stück näher.

Ausstieg war einst beschlossenNoch vor fünf Jahren hatte das ganz anders ausgesehen. Damals machte die konservativ-liberale Regierung den Weg frei für AKW-Neubauten als Ersatz für die in die Jahre gekommenen schwedischen Reaktoren. Es war quasi der Ausstieg aus dem Atomausstieg, der einst nach der teilweisen Kernschmelze im US-AKW Three Mile Island beschlossen worden war. Kaum war der Weg dafür frei, begann Vattenfall mit der Planung eines neuen Reaktors am Standort Ringhals. 2012 wurde bei der schwedischen Atomaufsichtsbehörde ein entsprechendes Genehmigungsverfahren eingeleitet – dieses Verfahren wird nun nicht mehr weiterverfolgt.

Über die Gründe für das Umdenken bei Vattenfall ist wenig bekannt. Möglicherweise wollte der Energiekonzern aber einem Entscheid der neuen, rot-grünen Regierung zuvorkommen, die im Herbst letzten Jahres angekündigt hatte, alle AKW-Neubaupläne stoppen zu wollen. Gegenüber verschiedenen Medien äussert eine Sprecherin der schwedischen Grünen Partei die Vermutung, die Vattenfall-Verantwortlichen hätten eingesehen, dass für das Projekt nicht nur die wirtschaftlichen Voraussetzungen fehlten, sondern auch die Unterstützung in der Öffentlichkeit.

Massive Nachrüstungen verlangtNoch sind aber in Schweden zehn Atomreaktoren am Netz. Droht nun die gleiche paradoxe Situation wie in der Schweiz, dass die alten AKW bis zum Geht-nicht-mehr weitergelaufen lassen werden? Wohl kaum, denn die schwedische Atomaufsichtsbehörde verlangt für den Weiterbetrieb umfassende Nachrüstungen, die Vattenfall hunderte Millionen Euro kosten würden – damit dürfte sich der Weiterbetrieb der ältesten Reaktoren kaum mehr auszahlen. Es zeichnet sich ab, dass in Schweden die Atom-Ära bald vorüber ist.

Quelle: Greenpeace Schweiz