Donnerstag, 10. November 2016

Argumente für Ausstieg (9). Klimaschutz ohne Atomstrom

Simulationen des DIW Berlin: Erneuerbare Energien können bis 2050 Atomstrom vollständig ersetzen, ohne die Klimaschutzziele oder die Versorgungssicherheit zu gefährden – Atomkraft ist nicht wettbewerbsfähig und wäre auch künftig die teuerste Variante der Stromproduktion

Europa ist auf die Stromproduktion durch Atomkraftwerke nicht angewiesen: Die Klimaschutzziele lassen sich bis 2050 gänzlich ohne Atomstrom realisieren – bei einer gleichzeitig sicheren Energieversorgung. Hinzu kommt, dass Atomkraft auch künftig die mit Abstand teuerste Variante wäre, Strom zu erzeugen. Das ergeben aktuelle Simulationen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin), die auf früheren Szenarioberechnungen aufbauen und um aktuelle Daten und Rahmenbedingungen ergänzt wurden. „Die Atomkraft ist eine Technologie der Vergangenheit, die ohne Subventionen nicht wettbewerbsfähig war und es auch niemals sein wird – selbst dann nicht, wenn man die Umweltrisiken und die Entsorgung des Atommülls außen vor lässt“, sagt die Energieökonomin Claudia Kemfert, Leiterin der Abteilung Energie, Verkehr, Umwelt am DIW Berlin. Gemäss Studie kostet die Stromproduktion durch Atomkraft selbst bei einem hohen CO2-Preis von 100 Euro pro Tonne mit zwölf Cent pro Kilowattstunde deutlich mehr als die Stromerzeugung in Kohle-/ Gaskraftwerken oder durch erneuerbare Energien.

Während Deutschland und einige andere westeuropäische Länder wie Italien, Österreich oder Belgien (Anmerkung Solarmedia: bedingt auch die Schweiz) den Atomausstieg beschlossen oder sogar bereits vollzogen haben, planen osteuropäische Länder wie Litauen oder Polen mehr oder weniger konkret einen Ausbau der Atomkraft. Obwohl es oftmals Widerstände in der Bevölkerung gibt und die Finanzierung ungewiss ist, weist auch die Europäische Kommission in ihrem aktuellen Referenzszenario aus dem Jahr 2016 einen hohen Anteil von Atomenergie am europäischen Strommix der Zukunft aus. Für den Zeitraum von 2030 bis 2050 sieht das Szenario den Neubau von Atomkraftwerken mit einer Erzeugungskapazität von über 50 Gigawatt vor – ein Gigawatt entspricht dabei in etwa einem Atomkraftwerk.

Die EnergieökonomInnen des DIW Berlin haben die Plausibilität des Referenzszenarios anhand eines eigenen Strommarktmodells geprüft. Dieses ermittelt unter der Annahme einer weitgehenden Reduktion des CO2-Ausstoßes, wie sich der Kraftwerkspark in Zukunft am kostengünstigsten zusammensetzt. Das Ergebnis: Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien verdrängt fast vollständig die Produktion durch fossile Energieträger. Nach dem Jahr 2030 würde der Großteil des Stroms aus Windkraftanlagen erzeugt, gefolgt von Photovoltaik. Die Simulationsrechnungen zeigen, dass Atomkraft spätestens im Jahr 2050 nicht mehr notwendig ist, um die Energieversorgung sicher zu stellen. In separaten Berechnungen haben die StudienautorInnen zudem herausgefunden, dass selbst Frankreich – wo die Stromproduktion in Atomkraftwerken im Jahr 2015 gut drei Viertel der gesamten Stromproduktion ausmachte – bis 2050 gänzlich ohne Atomkraft auskommen könnte, ohne seine Klimaschutzziele und die Versorgungssicherheit zu gefährden. Dasselbe gilt für das Vereinigte Königreich, das derzeit ein Neubauprogramm verfolgt und die Atomkraftwerkskapazität bis 2036 deutlich erhöhen möchte.

„Unsere Modellrechnungen bestätigen erneut, dass die Atomkraft in Europa nicht gebraucht wird“, sagt Christian von Hirschhausen, Forschungsdirektor für internationale Infrastrukturpolitik und Industrieökonomie am DIW Berlin und Professor an der TU Berlin. „Mit der Entscheidung, der Atomkraft in Zukunftsszenarien eine große Rolle zuzuschreiben, ist die Europäische Kommission meiner festen Überzeugung nach auf dem Holzweg. Sie sollte gemeinsam mit den Mitgliedsländern vielmehr versuchen, die Abschaltung der Kraftwerke, den Rückbau und die Entsorgung des Atommülls geordnet und sicher über die Bühne zu bringen.“

Quelle: DIW

Mittwoch, 9. November 2016

Argumente für den Ausstieg (8): Für die Abwärme gibt es Ersatz

Mit einer Ausserbetriebnahme der beiden Reaktorblöcke von Beznau fällt die Energiequelle für den Wärmeverbund REFUNA für rund 2600 Kunden im unteren Aaretal weg. Untersuchungen im Auftrag von Swissolar und Holzenergie zeigen, dass dieser Wärmeverbund vollständig mit Wärme aus Holz und Sonne ersetzt werden könnte.

Holzschnitzel-Lagerhalle - für speicherbare Wärme
Auf Anregung von SP-Energiepolitiker Max Chopard-Acklin untersuchten Swissolar und Holz­energie Schweiz das Potenzial einer alternativen Wärmeversorgung nach der Stilllegung des Atomkraftwerkes Beznau. „Die Stilllegung des AKW Beznau kommt so oder so und die Untersuchungen zeigen, dass auch bei einer zeitnahen Stilllegung die Wärmeversorgung sichergestellt werden kann – und zwar mit erneuerbarer Energie.“ Bis zu 20% des Wärmebedarfs könnte mit Sonnenkollektoren erzeugt werden, welche die Solarstrahlung mit einem hohen Wirkungsgrad von 50-70% in Wärme umwandeln. Für einen Anteil von 20% bräuchte es 74‘000 Quadratmeter Kollektorfläche. Ein Teil dieser Kollektoren könnte auf frei werdenden Flächen auf der Insel Beznau montiert werden, wobei eine Doppelnutzung als Weidefläche möglich wäre. Vorbild sind Solar-Wärmeverbünde in Dänemark – die grösste Anlage steht dort in Vojens mit 70‘000 Quadratmeter Kollektoren. Kombiniert mit einem Speicher kann die Solarwärme den Wärmebedarf während den Sommermonaten vollständig decken. Ergänzend dazu könnte auch Wärme aus Kehrichtverbrennungsanlagen (KVA) genutzt werden. 

Der verbleibende Wärmebedarf kann durch eine Holzheizzentrale gedeckt werden. Der dafür benötigte jährliche Bedarf von 320‘000 Kubikmetern naturbelassenen Holzschnitzeln kann vollständig aus einem Umkreis von 50 km bezogen werden. Die Kombination mit Solarenergie reduziert den Holzbedarf und damit die notwendigen Transporte. Aufgrund der Untersuchungen wird mit Kosten für die Wärmelieferung von rund 8 Rp./kWh gerechnet. Dies ist zwar etwas teurer als bisher, aber eine attraktive und konkurrenzfähige Lösung für jene Hausbesitzer, die auch zukünftig auf eine sichere Wärmeversorgung durch die REFUNA zählen. Die Steigerung des Anteils erneuerbarer Energien an der Wärmeversorgung der REFUNA von heute 0 auf 100 Prozent nach Abschaltung der AKW dürfte zudem von den meisten Kunden positiv aufgenommen werden. 

Quelle: Swissolar

Sonntag, 6. November 2016

Argumente für Ausstieg (7): Annahme schafft Arbeitsplätze

Eine neue Studie der ZHAW Wädenswil vergleicht die Beschäftigungseffekte der Atomausstiegsinitiative mit jenen der Energiestrategie 2050 und dem energiepolitischen Status quo. Resultat: Die Atomausstiegsinitiative schneidet am besten ab. Eine Annahme am 27. November 2016 generiert innert kürzester Zeit 5'000 bis 6'000 neue Arbeitsplätze. 
 

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In der öffentlichen Debatte um die Initiative für den geordneten Atomausstieg haben vor allem die Argumente der Atomlobby Gehör gefunden. Die volkswirtschaftlichen Chancen eines Ausstiegs wurden kaum erwähnt. Eine neue Studie der ZHAW Wädenswil im Auftrag der Schweizerischen Energie-Stiftung SES zeigt, dass mit einem geordneten Atomausstieg tausende neue Arbeitsplätze geschaffen werden können.

5'000 bis 6'000 neue Stellen
Diese Arbeitsplätze entstehen durch den Ersatz der AKW mit erneuerbaren Energien. Es zeigt sich, dass bereits der in der Energiestrategie 2050 angepeilte Ausbau ein klar positives Saldo von knapp 2000 neuen Stellen ergibt. Ein vollständiger Ersatz der AKW bis 2029 – wie es die Initiative vorsieht – würde 5'000 bis 6'000 neue Stellen bringen, je nachdem ob die allgemeine Teuerung, der Preiszerfall bei den Komponenten oder etwa der Einsatz von Speicherbatterien mitberücksichtigt werden oder nicht. «Dies entspricht etwa eineinhalb Mal der Anzahl Arbeitsplätze, welche die Axpo heute hat», sagt Studienleiter Prof. Jürg Rohrer. Die Substitution des AKW-Stroms durch erneuerbare Energien bis im Jahr 2030 ist machbar, halten die Autoren fest.

Photovoltaik wird zum Jobmotor
Der grösste Beschäftigungseffekt stammt vom Ausbau der Photovoltaik. Diese ist die erneuerbare Technologie, die am raschesten umgesetzt werden kann. Beim vollständigen Ersatz des Atomstroms werden gemäss Studie nur rund zwei Drittel des bestehenden Potentials an geeigneten Dachflächen in der Schweiz ausgenutzt.

Geordneter Atomausstieg ist eine grosse Chance
Die Cleantech-Branche, KMU und Unternehmen, die von dieser Entwicklung profitieren können, haben längst begriffen, dass die Annahme der Initiative für einen geordneten Atomausstieg eine grosse Chance für sie darstellt. «Der Atomausstieg bringt die nötige Planungssicherheit für den Ausbau der erneuerbaren Energien» stellt SES-Projektleiter Felix Nipkow fest.

Konservative Annahmen
Studienautor Prof. Jürg Rohrer betont, dass für die Berechnungen von konservativen Annahmen ausgegangen wurde. «Die in der Atombranche für die Stilllegung der Atomkraftwerke und die Entsorgung des Atommülls neu zu schaffenden Arbeitsplätze wurden in der Studie nicht berücksichtigt.»


Quelle: Schweizerische Energie-Stiftung

Mittwoch, 2. November 2016

Argumente für Ausstieg (6): Fragwürdige Behauptungen

Die Vereinigung NWA hat Aussagen des Bundesrats im Abstimmungsbüchlein zur Atomausstiegs-Initiative kritisch durchleuchtet. Ein Faktencheck zu den Behauptungen im Abstimmungsbüchlein des Bundesrats - in sieben Schritten:







Behauptung 1: «In der Schweiz gibt es fünf Kernkraftwerke (KKW). (…) Sie produzieren rund 40 Prozent des Schweizer Stroms.» (Seite 5)
Fakt ist: Es gibt vier AKW die Strom produzieren können. Beznau 1 ist vom Netz und wird nie mehr ans Netz gehen. Die Illusion, dass Beznau 1 je wieder ans Netz gehen könnte, wird von der Axpo noch bis am 27. November 2016 aufrecht erhalten. Danach wird die Katze aus dem Sack gelassen.
Aktuell produzieren sogar nur drei AKW, seit auch das AKW Leibstadt still steht, und die bringen nur 52% der Schweizer AKW-Leistung.
Die Schweizer AKW haben 2015 nur 33,5% zur Landesproduktion beigetragen, 2016 werden es weniger als 30% sein. Es fehlt ganzjährig der Reaktor Beznau 1, und vom 2. August 2016 bis in den Frühling 2017 fehlt Leibstadt.
Interessanterweise funktioniert alles, obwohl 48% der Schweizer AKW-Leistung fehlen. Bei einem Ja zum geordneten Atomausstieg müssten Ende 2017 lediglich 33% der Schweizer AKW-Leistung stillgelegt werden, also viel weniger als heute schon fehlt, wo zwei AKW aus Altersschwäche ausgefallen sind.

Behauptung 2: «Falls nötig, kann das ENSI die sofortige Abschaltung anordnen.» (Seite 6)
Schön wärs, wenn das ENSI das könnte. Das ENSI hätte gewollt, dass es das in Zukunft könnte, und hat daher die Einführung eines Langfristbetriebskonzepts im Kernenergiegesetz gefordert. Was das bürgerliche Parlament abgelehnt hat.
Damit kann das ENSI wie bisher ein AKW nicht vorsorglich stilllegen, sondern muss warten bis es kaputt geht. Muss zuschauen, wie die Risse im Kernmantel immer grösser werden, und wenn die Risse die Ausserbetriebnahmegrenze überschreiten, dann... misst der Betreiber die Risse nicht mehr, und das ENSI nickt. So geschehen in Mühleberg. Auf die im August 2015 vom ENSI verlangten und im Dezember 2015 vom ENSI verfügten genauen Ultraschallmessungen und ausserordentlichen Messungen der Risse im Kernmantel hat das ENSI im August 2016 spontan verzichtet.
Dasselbe soll nun auch in Beznau so laufen. Die Axpo-Anwälte erachten die Ausserbetriebnahmeverordnung des Bundes als «unheilbar nichtig» und haben beschlossen, dass sich die Axpo nicht daran halten müsse. Damit fehlt dem ENSI jegliche Grundlage, Beznau 1 vom Netz zu nehmen – egal wie gefährlich es ist. Doris Leuthards Konzept des «weiterbetreiben solange sicher» hat sich damit in Luft aufgelöst.

Behauptung 3: «Bei Annahme der Initiative greift der neue Verfassungsartikel sofort: Drei der fünf KKW müssten 2017 abgeschaltet werden.» (Seite 7)
Dieser Punkt ist eindeutig falsch. So wenig, wie sich die Alpeninitiative, die Mutterschaftsinitiative und die Einwanderungsinitiative nach der Abstimmung von selbst erfüllt haben, so wenig greift die Ausstiegsintitiative «sofort» automatisch.
Das Departement von Doris Leuthard, das UVEK, muss den betroffenen AKW Betreibern eine Sachverfügung schicken. Die Betreiber können diese Verfügung anfechten, zuerst ans UVEK, dann ans Bundesverwaltungsgericht, dann ans Bundesgericht.
Kommt hinzu, dass nur zwei kleine alte AKW stillgelegt werden müssten. Beznau 1 ist ja bereits vom Netz.

Behauptung 4: «Die Schweiz müsste deshalb bedeutend mehr Strom aus dem Ausland importieren – hauptsächlich aus Deutschland und Frankreich. Dieser stammt unter anderem aus Kohle- und Kernkraftwerken.» (Seite 7)
Die Schweiz hat 2015 netto 1 TWh Strom exportiert, obwohl ihre AKWs wegen Altersschwäche 4,3 TWh weniger als erwartet produziert haben. Hätte es 2015 die ausserordentlichen Ausfälle von Beznau 1 und 2 sowie Leibstadt nicht gegeben, wäre 4,3 TWh Atomstrom mehr produziert worden. Bei Normalbetrieb hätten wir 2015 einen Export von 5,3 TWh gehabt.
Wenn man bei einem Export von 5,3 TWh die drei kleinen alten AKW mit 8,5 TWh abschaltet, dann fehlen 3,2 TWh. Da aber 2016 bereits wieder 1 TWh erneuerbare Produktionsanlagen ans Netz gegangen sind, fehlen noch ganze 2,1 TWh. 2017 wird wieder 1 TWh erneuerbare Produktion ans Netz gehen, dann fehlen Ende 2017 noch 1,2 TWh.
Darum: Ja, wir müssten ab 2018 1,2 TWh mehr Strom importieren als vor der Stilllegung der drei kleinen alten AKW. Das ist ein Fünfunddreissigstel der 42 TWh, die wir sowieso jedes Jahr importieren. Das verschwindet im Grundrauschen der 42 TWh Import und 43 TWh Export, die wir sowieso haben. Ab 2019 haben wir dann eh keinen zusätzlichen Import mehr, weil wieder 1 TWh inländische erneuerbare Stromproduktion hinzugekommen ist.
Darum: Nein, wir müssten nicht bedeutend mehr Strom importieren.
Und: Nein, es wäre nicht in erster Linie Kohlestrom, sondern genau wie heute in erster Linie erneuerbarer Strom aus Deutschland und Österreich, in zweiter Linie Atomstrom aus Frankreich, und in dritter Linie Kohlestrom aus Deutschland.

Behauptung 5: «Es ist nicht möglich, bereits 2017 genug einheimische erneuerbare Energie zu produzieren. (…) Die Initiative würde die Abhängigkeit vom Ausland erhöhen: Eine übereilte Abschaltung führt dazu, dass bedeutend mehr Strom aus dem Ausland importiert werden muss. Schweizer KKW-Strom würde mehrheitlich durch ausländischen KKW- Strom und Strom aus umweltbelastenden Kohlekraftwerken ersetzt.» (Seite 12)
Selbst der treueste Atomanhänger hat gemerkt, dass mit der Stromlücke niemand mehr erschreckt werden kann. Also haben die PR-Strategen schnell die Netzlücke erfunden. Offensichtlich zu schnell.
An der Medienkonferenz am 11. Oktober 2016 sagte Yves Zumwald, CEO der Swissgrid: Beznau 2 könne erst abgeschaltet werden, wenn dort ein neuer 380/220 kV-Trafo gebaut werde.
In Wahrheit reicht der schon am 3. Dezember 2015 in Betrieb gegangene 380/220 kV Trafo in Laufenburg. Zudem wird in Beznau im März 2017 noch ein 380/220 kV Trafo ans Netz gehen. Hier gibt also keinen Engpass.
«Ja, aber in Mühleberg fehle sowohl eine 380 kV Leitung Bassecourt–Mühleberg, als auch ein 380/220 kV Trafo. Und beides könne man ganz einfach nicht bis Ende 2017 realisieren», meinte Zumwald. Diese Aussage wird zum Bumerang für Herrn Zumwald:
  • Erstens schreibt die Swissgrid in ihrer strategischen Netzplanung vom April 2015, dass man Mühleberg 2019 abschalten könne, und dazu keine neue 380 kV Leitung und keinen neuen 380/220 kV Trafo brauche.
  • Zweitens besteht seit 1978 eine 380 kV Leitung Bassecourt–Mühleberg, die einfach mit 220 kV betrieben wird, weil es die 380 kV gar nicht braucht. Wenn man die 380 kV bräuchte, könnte man in Bassecourt einfach den Schalter umlegen.
  • Drittens hat die BKW mit viel Pomp am 23. Mai 2016 ihre neue 380/220 kV Trafostation Mühleberg eingeweiht, damit man bereit ist, falls im Jahr 2025 dann mal ein 380 kV Anschluss kommen würde.
Damit läuft Zumwalds Argumentation ins Leere.

Behauptung 6: «Durch massiv mehr Stromimporte droht zudem eine Überlastung der Schweizer Netzinfrastruktur. Um dies zu vermeiden, müsste die Netzinfrastruktur rasch genug ausgebaut werden können. Die notwendige Verstärkung der Netzinfrastruktur braucht aber Jahre und ist aufwendig und teuer. Die Initiative gefährdet deshalb unsere Versorgungssicherheit.» (Seite 13)
In der strategischen Netzplanung der Swissgrid vom 2. April 2015 wird gezeigt, dass Null Atomstrom im Jahr 2025 zu bewältigen wäre. Swissgrid zeigt darin auch die dringlichsten Netzausbauten auf, die bis 2025 so oder so zu realisieren wären.

Behauptung 7: «Mit einer Begrenzung der Laufzeiten werden die Spielregeln grundlegend geändert. Die Betreiber könnten Investitionen nicht amortisieren, die sie im Vertrauen auf das geltende Recht und gestützt auf die unbefristete Betriebsbewilligung getätigt haben. Es wurden darum bereits Entschädigungsklagen in Milliardenhöhe angekündigt. Sind diese erfolgreich, so müssten der Bund und damit letztlich alle Steuerpflichtigen diese Entschädigungen bezahlen.» (Seite 13)
So schlimm ist es gar nicht: Die BKW und die Alpiq «prüfen», ob sie Entschädigungs­forderungen stellen möchten, und zwar im tiefen dreistelligen Millionenbereich. Nur der CEO Axpo Andrew Walo sagt schon heute, er wolle 4,1 Milliarden Franken. Dann wäre auch noch zu klären, wer wem Entschädigung zahlen müsste. Die Eigentümer der AKW sind die Städte und Kantone, also wir Steuerzahler. Folglich müssten wir uns eine Entschädigung zahlen, sozusagen von der linken Tasche in die rechte Tasche.
Der Skandal ist, dass in den Stilllegungs- und Entsorgungsfonds nach konservativer Rechnung von 2011 10 Milliarden Franken fehlen. Wenn man die aktuellen Zahlen zu den Kosten aus Deutschland als Referenz nimmt, fehlen 40 Milliarden Franken.
Zu gerne hätten wir aktuelle Zahlen zu den Stilllegungs- und Entsorgungskosten in der Schweiz. Diese werden mit der Kostenstudie 2016 erst im Dezember veröffentlicht, eine Woche nach der Abstimmung zum geordneten Atomausstieg.
Im Rechtsgutachten der SP Schweiz von letztem Jahr haben die Rechtsprofessoren bestätigt, dass es ohne Schaden keinen Schadenersatz geben kann.
Die AKW haben einen negativen Wert, Leibstadt hatte bereits 1999 einen Wert von minus 2,4 Milliarden Franken. Anteile an Schweizer AKW sind auch zu stark negativen Preisen nicht verkäuflich. Auch der Betrieb der AKW ist defizitär. Laut der Bilanz beträgt das jährliche Defizit der Schweizer AKWs 757 mio Franken pro Jahr. Weder die Vollkosten, noch die variablen Kosten werden gedeckt bei Strommarktpreisen von 3 Rp/kWh. Wert negativ, Betrieb defizitär, ergo bei Abschalten kein Schaden, kein Schadenersatz.