Dieter
 Majer, ehemaliger Leiter der deutschen Atomaufsicht, weist die Kritik 
des ENSI an seiner Studie „Risiko Altreaktoren Schweiz“ entschieden 
zurück: Die Stellungnahme des ENSI widerlege die Studie nicht. Die 
Schweizerische Energie-Stiftung SES und Greenpeace Schweiz, die diese 
Studie in Auftrag gegeben haben, fordern nun einen kritischen Dialog mit
 den Aufsichtsbehörden.
Am
 13. Februar 2014 haben die Schweizerische Energie-Stiftung SES und 
Greenpeace Schweiz die Studie "Risiko Altreaktoren Schweiz" von Dieter 
Majer veröffentlicht. Am 23. Juni 2014 hat das Eidgenössische 
Nuklearsicherheitsinspektorat ENSI mit einer Stellungnahme (Aktennotiz 
ENSI-AN-8874) auf die Studie reagiert: Die darin geäusserten Zweifel an 
der AKW-Sicherheit seien „technisch nicht haltbar“, schreibt das ENSI.
SES
 und Greenpeace haben diese Stellungnahme dem Autor vorgelegt. Nach 
gründlichem Studium kommt der ehemalige Leiter der Abteilung „Sicherheit
 kerntechnischer Einrichtungen“ des deutschen Bundesumweltministeriums 
zum Schluss, dass die wesentlichen Aussagen der Studie durch die 
Aktennotiz des ENSI nicht widerlegt werden. Aus der ausführlichen Stellungnahme von Dieter Majer möchten die beiden Organisationen folgende Punkte zusammenfassend herausheben: 
• In
 vier Fällen verweist das ENSI auf die Schweizerische Gesetzgebung. 
Gemäss Majer entspricht diese zum Teil allerdings nicht dem aktuellen 
Stand von Wissenschaft und Technik. Die in der Studie erwähnten 
Anforderungen würden hingegen den internationalen Stand von Wissenschaft
 und Technik darstellen (betrifft 4.3, 4.4, 4.7, 4.11 der Aktennotiz).
• In
 zwei Fällen hat der Autor während der Erarbeitung der Studie versucht, 
sich beim ENSI über den genauen Sachverhalt zu informieren. Jedoch war 
das ENSI nicht bereit, Auskunft zu erteilen. Folglich sah sich der Autor
 gezwungen, Annahmen zu treffen. Dies ist in der Studie auch 
ausdrücklich so dargelegt (betrifft 4.1 und 4.5).
• In
 zwei Fällen kritisiert das ENSI, dass die Aussagen auf einem 
„unsinnigen“ Stand von Wissenschaft und Technik beruhen. Eine 
Feststellung, die der Autor nicht nachvollziehen kann. Der Vorwurf 
„unsinnig“ sei unsachlich und werde deshalb nicht weiter kommentiert 
(betrifft 4.8 und 4.12).
• In
 zehn Fällen widerlegt die Stellungnahme die Faktendarstellung des 
Autors inhaltlich nicht (betrifft 2.1, 2.2, 2.3, 3.3, 4.1, 4.3, 4.5, 
4.8, 4.10 und 4.11).
• In sieben Fällen bestätigt die ENSI-Stellungnahme die Studie (3.1, 4.2, 4.4, 4.6, 4.9, 5.1 und 5.2). 
Ausserdem
 lässt das ENSI von insgesamt 30 angesprochenen Einzelpunkten in der 
Studie 18 Punkte unkommentiert. Es ist daher davon auszugehen, dass das 
ENSI diese Aussagen gutheisst.
Der Autor Dieter Majer hält in seiner Empfehlung fest, dass die in der Studie problematisierten Themen, unter anderem Alterung, Nachrüstung sowie Abweichungen der Schweizer Atomkraftwerke vom internationalen Standard in einem kritischen Dialog behandelt werden sollen. Das Fazit seiner Studie: Die beiden Atomkraftwerke Mühleberg und Beznau sollten aus Sicherheitsgründen vom Netz genommen werden.
Die
 Schweizerische Energie-Stiftung und Greenpeace stellen fest, dass das 
ENSI in seiner Stellungnahme zwar die Studie kritisiert, diese aber 
nicht widerlegt. Majer kommt zum Schluss: „Im Kern hat das ENSI die 
AKW-Risiken bestätigt“. Die beiden Organisationen werden deshalb den 
kritischen Dialog mit dem ENSI-Rat suchen. Denn diese eine Tatsache 
bleibt sicher unwiderlegt: Unsere uralten AKW weisen ernst zu nehmende 
Sicherheitsmängel auf. 
